BGH,
Beschl. v. 10.10.2000 - 4 StR 381/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 381/00
vom
10. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Oktober
2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Saarbrücken vom 8. Mai 2000 im Maßregelausspruch
über die Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung
einer Fahrerlaubnis aufgehoben; der Ausspruch entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer Kosten und
Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in
Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in
den Straßenverkehr zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es bestimmt, daß die
Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von vier Jahren keine
Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen das Urteil wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur zum
Maßregelausspruch Erfolg.
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht
ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs.
2 Satz 2 StPO).
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den
Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2
StPO). Die Anordnung der isolierten Sperrfrist nach
§§ 69 Abs. 1, 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB kann hingegen
nicht bestehen bleiben.
a) Nach den Feststellungen stieß der Angeklagte mit bedingtem
Tötungsvorsatz einen zuvor bereitgelegten 33 kg schweren
Schieferstein von einer ca. 6 m hohen, über einem Tunnel
gelegenen Brüstung auf einen aus dem Tunnel herausfahrenden
PKW. Der Stein schlug im vorderen linken Dachbereich des Fahrzeugs auf;
beide Fahrzeuginsassen blieben unverletzt. Weder für den Weg
zum Tatort noch zurück hatte der Angeklagte ein Kraftfahrzeug
benutzt.
b) Das Landgericht hat die Anordnung der Maßregel damit
begründet, der Angeklagte habe "eine schwerwiegende Straftat
im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen" (UA 22).
Diese Erwägung trägt den Maßregelausspruch
nicht. Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis und
damit auch für die Anordnung einer (isolierten) Sperrfrist
nach § 69 a Abs. 1 StGB ist, daß der Täter
die Tat "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines
Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines
Kraftfahrzeugführers begangen hat" (§ 69 Abs. 1 Satz
1 StGB). Einen solchen Zusammenhang der dem Angeklagten angelasteten
Tat mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs besteht hier jedoch
nicht. Weder der Angeklagte selbst noch ein Tatbeteiligter (vgl. BGHSt
10, 333, 336) haben bei, vor oder nach Begehung der Tat ein
Kraftfahrzeug geführt. Die Tat wurde auch nicht unter
Verletzung einer spezifisch einem Kraftfahrer im
Straßenverkehr obliegenden Pflicht begangen. Sie war zwar
gegen einen (anderen) Kraftfahrzeugführer gerichtet; dies kann
jedoch für sich genommen auch dann nicht die Anordnung von
Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB
rechtfertigen, wenn die Tat angesichts ihrer Schwere auf eine
charakterliche Unzuverlässigkeit des Täters hinweist
(vgl. auch OLG Celle NZV 1998, 170).
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |