BGH,
Beschl. v. 10.10.2000 - 5 StR 336/00
5 StR 336/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 10. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2000
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Chemnitz vom 2. Februar 2000 werden
a) die Verfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts nach
§ 154a Abs. 1 und 2 StPO in der Weise beschränkt,
daß der Teilvorwurf entfällt, der Angeklagte habe
als Mitglied einer Bande gehandelt,
b) das genannte Urteil im Ausspruch aller Strafen mit den
zugehörigen Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte ist damit schuldig der unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in
Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in zwei Fällen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in
Tateinheit mit bandenmäßigem unerlaubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren
verurteilt und den Pkw des Angeklagten eingezogen. Gegen dieses Urteil
wendet sich der Angeklagte mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel
hat insoweit Erfolg, als der Senat, der Anregung des
Generalbundesanwalts folgend, das bandenmäßige
Handeln des Angeklagten von der Strafverfolgung ausnimmt und in der
Folge den gesamten Strafausspruch aufhebt. Soweit die Revision
darüber hinausgeht, ist sie unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt:
"I. Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten als Mitglied
einer Bande auf den Zusammenschluß zwischen ihm und dem
Zeugen R gestützt und damit ersichtlich auf die bisherige
ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgehoben (UA
S. 14). Der als "O " identifizierte Lieferant des Angeklagten und
seines Mittäters hat nach den Feststellungen des angefochtenen
Urteils lediglich beim Verkauf der Betäubungsmittel
mitgewirkt; sein Interesse und sein Wille beschränken sich auf
diese Veräußerung, so daß er als -
weiteres - Bandenmitglied ebensowenig in Betracht kommt wie als
Mittäter der Einfuhr (vgl. dazu Weber, BtMG § 29
Rdnr. 343; Franke/Wienroeder, BtMG § 29 Rdnr. 85).
Die Anregung, die Strafverfolgung gemäß §
154a Abs. 2 StPO zu beschränken, soweit der Angeklagte jeweils
als Mitglied einer Bande i. S. von § 30a Abs. 1 BtMG
verurteilt wurde, und die schon jetzt insoweit erteilte Zustimmung
beruht auf dem vom 4. Strafsenat mit Beschluß vom 14.
März 2000 (- 4 StR 284/99 -) in Gang gesetzten
Anfrageverfahren i. S. von § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG zu der
Frage, ob der Begriff der Bande voraussetzt, daß sich - in
Abweichung von der bisherigen ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs - mehr als zwei Personen mit dem ernsthaften Willen
zusammengeschlossen haben, künftig für eine gewisse
Dauer mehrere selbständige im Einzelnen noch ungewisse
Straftaten zu begehen. Der 5. Strafsenat hat in seinem
Antwortbeschluß vom 4. April 2000
(- 5 ARs 20/00 -) bereits ausgesprochen, der beabsichtigten
Entscheidung des 4. Strafsenats nicht entgegentreten zu wollen. Der 1.
Strafsenat hat in seinem entsprechenden Beschluß vom 27. Juni
2000 (- 1 ARs 6/00 -) ausgesprochen, er halte an seiner bisherigen
Rechtsprechung fest, die der vom 4. Strafsenat beabsichtigten
Entscheidung entgegenstehe.
Zur Entscheidung der Rechtsfrage ist nunmehr gemäß
§ 132 Abs. 2 GVG der Große Senat für
Strafsachen des Bundesgerichtshofs berufen. Dessen Entscheidung kann
indessen im vorliegenden Fall schon wegen des für Haftsachen
in besonderer Weise geltenden Beschleunigungsgebotes nicht abgewartet
werden.
II. ... Die Beschränkung der Strafverfolgung
gemäß § 154a Abs. 2 StPO hat eine
Änderung des Schuldspruchs zur Folge.
Auch der Rechtsfolgenausspruch kann - mit Ausnahme der Entscheidung
über die Einziehung des dem Angeklagten gehörenden
Pkw´s - nicht bestehen bleiben.
Auch wenn sich die Strafkammer bei der Festsetzung der Einzelstrafen
möglicherweise eher an der Ober- als an der Untergrenze des
zur Verfügung stehenden Strafrahmens orientiert hat, kann
nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, daß die
Festsetzung der Rechtsfolgen auch von dem deutlich erhöhten
Mindestmaß der Freiheitsstrafe nach § 30a Abs. 1
BtMG beeinflußt worden ist. Dies gilt auch unter
Berücksichtigung der nur maßvollen Erhöhung
der Einsatzstrafe. Die Anordnung über die Einziehung des vom
Angeklagten gehörenden Pkw´s bleibt davon
unberührt."
Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, bei der Strafbemessung den
Wert des eingezogenen Pkw in Bedacht zu nehmen (vgl. BGHR StGB
§ 46 Abs. 1 - Schuldausgleich 6 m.N.).
Harms Häger Basdorf
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