BGH,
Beschl. v. 10.9.2002 - 1 StR 281/02
1 StR 281/02
BUNDESGERICHTSHOF 1
BESCHLUSS 2
vom 3
10. September 2002 4
in der Strafsache gegen 5
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge 6
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. September 2002
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
7
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 19. März 2002 im Ausspruch über den
Verfall und den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben. 8
Die weitergehende Revision gegen das vorbezeichnete Urteil wird als
unbegründet verworfen. 9
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 10
Gründe: 11
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in 15 Fällen zu der
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Überdies hat es den Verfall eines Betrages in Höhe
von 3.000 DM sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von
6.000 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten rügt
allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Sie hat hinsichtlich der
Verfallsanordnungen Erfolg, ist im übrigen jedoch
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 12
Der Ausspruch über den Verfall eines Betrages von 3.000 DM
sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 6.000 DM kann von
Rechts wegen keinen Bestand haben. 13
1. Soweit das Landgericht den Verfall eines Betrages in Höhe
von 3.000 DM angeordnet hat, betrifft dies die an den Angeklagten
gezahlten Kaufpreise für die Heroinlieferungen. Der Verfall
nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erfordert bei den hier gegebenen
Fallgestaltungen, daß die aus den
Betäubungsmittelgeschäften erlangten
Geldbeträge als solche bei dem Angeklagten noch vorhanden
waren, typischerweise bei ihm sichergestellt worden sind. Daß
es sich so verhält, ist dem Urteil nicht zu entnehmen, liegt
angesichts der übrigen festgestellten Umstände auch
fern. 14
In Betracht kommt insoweit allerdings die Anordnung des Verfalls von
Wertersatz nach § 73a StGB (vgl. Eser in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73a Rdn.
4). Auch dieser setzt voraus, daß der Angeklagte unmittelbar
aus der Tat wirtschaftlich etwas erlangt hat, also wenigstens die
wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den
Verkaufserlös hatte. Nach den Grundsätzen der
Mittäterschaft wäre eine Zurechnung
gegenüber dem Angeklagten selbst dann möglich, wenn
der Angeklagte die Geldbeträge lediglich für seinen
Mittäter H. I. in Empfang genommen und in voller Höhe
an diesen weitergeleitet hätte, sich die Beteiligten aber
darüber einig waren - was sich hier aus den Umständen
ergeben kann -, daß zunächst der Angeklagte die
wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über die
Beträge erlangen sollte. In einem solchen Fall kann der
Verfall von Wertersatz in voller Höhe gegenüber dem
Angeklagten ausgesprochen werden, da von Gesamtschuldnerschaft
auszugehen wäre (vgl. dazu auch BGH, Beschluß vom
13. November 1996 - 3 StR 482/96). Schließlich hätte
die Strafkammer auch darzulegen gehabt, ob der Wert des Erlangten zum
Zeitpunkt der Anordnung noch im Vermögen des Angeklagten
vorhanden war; anderenfalls hätte neben der Verneinung einer
verfallsbedingten unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz
1 StGB) auch ein Unterbleiben der Anordnung nach der Fakultativklausel
des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ins Auge gefaßt werden
müssen. 15
2. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 6.000
DM wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Diesen zufolge
hat der Angeklagte insoweit gerade nichts erlangt. Die Strafkammer hat
vielmehr dargelegt, daß der Zeuge C. nach dem Ankauf des
Heroins dem Angeklagten und H. I. restliche Kaufpreiszahlungen in
Höhe von insgesamt 6.000 DM schuldig blieb. Die Forderungen
aus den Drogengeschäften waren nicht werthaltig. Sie waren
rechtlich nicht wirksam entstanden (vgl. § 134 BGB) und wegen
mangelnder Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit des Abnehmers
ersichtlich auch wirtschaftlich nicht von Wert. 16
Soweit die Strafkammer festgestellt hat, Unbekannte hätten von
der Ehefrau des C. die Restforderung aus den Drogenlieferungen (6.000
DM) einzutreiben versucht und statt dessen Schmuck mitgenommen, belegen
die Urteilsgründe nicht, daß diese Werte im Ergebnis
dem Angeklagten zugeflossen wären. 17
Nach allem muß über die Frage des Verfalls neu
verhandelt und entschieden werden. Der neue Tatrichter wird zu bedenken
haben, daß seit dem 1. Januar 2002 der Euro die
gültige Währung ist. 18
Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Kolz |