BGH,
Beschl. v. 10.9.2002 - 4 StR 318/02
4 StR 318/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
10. September 2002
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10.
September 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Paderborn vom 13. Juni 2002 im Strafausspruch mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen
Rechts.
Soweit sich der Angeklagte gegen den Schuldspruch wendet, ist sein
Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO. Der Strafausspruch hält jedoch rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte am Abend vor der Tat auf
einer Geburtstagsfeier "erhebliche Mengen Alkohol konsumiert" und bei
dem "Resteverzehr" am nächsten Tage, dem Tattage, "relativ
wenig Bier" getrunken. Nach Auffassung des Landgerichts liegen die
Voraussetzungen des § 21 StGB nicht vor. Soweit es den
Alkoholkonsum des Angeklagten betrifft, hat das Landgericht zur
Begründung lediglich ausgeführt, der
Sachverständige habe "in seinem mündlich
vorgetragenen Gutachten nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei
ausgeführt, daß bei dem Angeklagten zwar ein
schädlicher Gebrauch von Alkohol vorliege, dieser sich zum
Tatzeitpunkt aber nicht so ausgewirkt habe, daß die
Einsichtsfähigkeit des Angeklagten erheblich
beeinträchtigt gewesen sei" (UA 11).
Das genügt schon deshalb nicht, die Voraussetzungen des
§ 21 StGB rechtsfehlerfrei auszuschließen, weil sich
das Urteil zu der im Hinblick auf den Alkoholkonsum des Angeklagten
maßgeblichen Frage, ob dieser zu einer erheblichen
Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten
geführt haben könnte, nicht verhält. Zudem
hätten die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und
Darlegungen des Sachverständigen im Urteil so wiedergegeben
werden müssen, wie dies zum Verständnis des
Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit
erforderlich ist (vgl. BGHSt 34, 29, 31; BGH NStZ-RR 1996, 258;
Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 32 m.w.N.). Nur dann kann
vom Revisionsgericht geprüft werden, ob die
Beweiswürdigung auf einer tragfähigen
Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlußfolgerungen nach
den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des
täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft
möglich sind (BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 1997 - 4
StR 629/96 und 12. Dezember 2001 - 4 StR 498/01).
Der Strafausspruch hat daher keinen Bestand. Der neue Tatrichter wird
bei der Bemessung der Strafen im übrigen zu bedenken haben,
daß die sexuellen Handlungen zwar im Hinblick auf das nach
§ 176 Abs. 1 StGB geschützte Rechtsgut von einiger
Erheblichkeit im Sinne des § 184 c Nr. 1 StGB sind, ihr
Schuldgehalt aber im unteren Bereich liegt.
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien
ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben.
Athing Athing Solin-Stojanovic Ernemann Sost-Scheible
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