BGH,
Beschl. v. 11.8.2009 - 3 StR 175/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 175/09
vom
11. August 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 11. August 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 a StPO einstimmig
beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 9. September 2008 werden verworfen.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der gefährlichen
Körperverletzung schuldig gesprochen und gegen den Angeklagten
H. eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, gegen den
Angeklagten N. eine solche von sechs Jahren verhängt.
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf Rügen der
Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten
Revisionen. Beide Rechtsmittel sind unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2 StPO.
1
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die Angeklagten von dem
rechtskräftig verurteilten früheren Mitangeklagten
vor dem Hintergrund eines Nachbarschaftsstreits dazu angestiftet, den
Nebenkläger gemeinsam zusammenzuschlagen und ihn dabei
erheblich zu verletzen. In Ausführung dieses Planes
versteckten sich die Angeklagten am Morgen des Tattages in der
Nähe
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des Carports des Nebenklägers hinter einer Hecke und
stürmten auf diesen zu, als er - den beiden Angreifern den
Rücken zuwendend - am Kofferraum seines Autos stand und sich
keines Angriffs versah. Die Angeklagten drangen sogleich mit ihren
beiden mitgeführten Schlagwerkzeugen - einer 60 bis 80 cm
langen Eisenstange mit vier bis fünf Zentimeter Durchmesser
sowie einem einer Stange ähnlichen Schlagwerkzeug aus hartem
Material mit etwa gleicher Größe - auf den
völlig überraschten und zu keiner Reaktion mehr
fähigen Nebenkläger ein. Die Angeklagten schlugen
diesem zunächst beinahe gleichzeitig von beiden Seiten
kraftvoll gegen den Kopf, so dass der Angegriffene schwer verletzt zu
Boden stürzte. Während der Nebenkläger zu
einem Graben robbte, um den Angeklagten zu entkommen, schlugen diese
weiter auf ihn ein. Das Opfer erlitt lebensgefährliche
Verletzungen, u. a. eine Impressionsfraktur des rechten
Schläfenbeines sowie einen Bruch des rechten Jochbeinbogens
mit Zerreißung der harten Hirnhaut und Beschädigung
der rechten, im Schädelinneren oberhalb der harten Hirnhaut
verlaufenden Schlagader. Die Gewalthandlungen der Angeklagten hatten
bleibende physische und psychische Schädigungen des
Nebenklägers zur Folge. Das Landgericht hat die Tat der
Angeklagten als gefährliche Körperverletzung
gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1
Nr. 2, 3, 4 und 5 StGB gewürdigt.
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigungen hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden
Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht. Allerdings ist die
Annahme des Landgerichts rechtsfehlerhaft, die Angeklagten
hätten den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1
Nr. 3 StGB (mittels eines hinterlistigen Überfalls)
verwirklicht. Die getroffenen Feststellungen belegen lediglich einen
plötzlichen Angriff von hinten sowie das bloße
Ausnutzen des Überraschungsmomentes durch die Angeklagten.
Dies reicht nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs für sich al-
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lein zur Verwirklichung des § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB aber nicht
aus (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 224 Rdn. 10 m. w. N.).
Dieser Rechtsfehler berührt indes den Schuldspruch wegen der
rechtlich zutreffend angenommenen Verwirklichung der
Tatbestandsalternativen des § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB
nicht.
Gleiches gilt allerdings nicht für den Strafausspruch; denn
die Strafkammer hat bei ihrer Strafzumessung zu Lasten beider
Angeklagten berücksichtigt, dass sie vier
Tatbestandsalternativen des § 224 Abs. 1 StGB verwirklicht
hätten. Dies führt aus den oben dargelegten
Gründen dazu, dass der Strafausspruch bei beiden Angeklagten
rechtsfehlerhaft ist. Der Senat kann nicht ausschließen, dass
das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Beurteilung mildere
Freiheitsstrafen verhängt hätte. Gleichwohl
können die vom Landgericht verhängten Strafen
bestehen bleiben, weil sie angemessen sind (§ 354 Abs. 1 a
Satz 1 StPO).
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a) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer kann der Senat
von der Aufhebung des Strafausspruchs nach dieser Vorschrift absehen
und ist nicht gehindert, über den Strafausspruch selbst
abschließend zu entscheiden.
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§ 354 Abs. 1 a StPO wurde mit dem am 1. September 2004 in
Kraft getretenen "1. Justizmodernisierungsgesetz" vom 24. August 2004
(BGBl I 2198, 2203) eingeführt. Ziel der - auch einer
langjährigen Forderung der richterlichen Praxis folgenden -
gesetzlichen Änderung war es, Zurückverweisungen an
die Vorinstanz wegen solcher Fehler zu vermeiden, die ohne neue
Tatsachenfeststellungen unschwer in der Revisionsinstanz behoben werden
können. Die bereits durch § 337 Abs. 1 StPO unter
bestimmten, engen Voraussetzungen eröffnete
Möglichkeit, ein (an sich rechtsfehlerhaftes) Urteil nicht
aufzuheben, sollte durch § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO "behutsam"
dahin erweitert werden, dass das Revisionsgericht bereits dann von
einer Aufhebung absehen kann,
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wenn die verhängte Rechtsfolge nach seiner Meinung angemessen
ist (BTDrucks. 15/3482 S. 21 f.; vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. §
354 Rdn. 26 a f.).
In der Folgezeit entwickelte der Bundesgerichtshof eine Rechtsprechung
zu dieser Verfahrensweise, die von einem sehr weiten Anwendungsbereich
der Norm ausging (vgl. Kuckein aaO Rdn. 26 d m. w. N.). Dabei wurde
§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO auch bei einer Änderung
des Schuldspruchs angewandt (vgl. BGHSt 49, 371). Diese Rechtsprechung
hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts durch seinen Beschluss
vom 14. Juni 2007 (BVerfGE 118, 212 = NStZ 2007, 598)
einschränkend korrigiert. Dazu hat er unter anderem
ausgeführt:
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§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO verstoße nicht gegen Art.
101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Vorschrift sei im Ergebnis auch nicht wegen
Verstoßes gegen den Anspruch eines Angeklagten auf ein faires
Verfahren verfassungswidrig und damit nichtig, weil sie sich
verfassungskonform auslegen und handhaben lasse. Verfassungskonform sei
§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO ausgelegt, wenn die Kompetenz der
Revisionsgerichte zu eigener Strafzumessung davon abhänge,
dass ihnen für die Sachentscheidung ein zutreffend ermittelter
(wahrer), vollständiger und aktueller
Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung stehe. Unter dieser
Voraussetzung lasse sich die Strafzumessung nach dieser Vorschrift auch
in der Revisionsinstanz verfassungskonform handhaben.
Demgegenüber habe das Revisionsgericht von einer eigenen
Entscheidung abzusehen und die Festsetzung der Rechtsfolgen dem
Tatgericht zu überlassen, wenn ihm ein solcher Sachverhalt
nicht vorliege oder wenn nicht auszuschließen sei, dass die
tatsächliche Grundlage der Strafzumessung unzureichend sein
könnte. Auf Grund der Fehleranfälligkeit jeglicher
Strafzumessung anhand eines vorinstanzlichen Urteils könne das
Revisionsgericht jedoch nicht ohne weiteres davon ausgehen,
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dass ihm ein Sachverhalt zur Verfügung stehe, der für
eine fehlerfreie Strafzumessung hinreiche. Von Ausnahmen abgesehen,
werde es sich deshalb über das Vorliegen einer
vollständigen und verlässlichen
Entscheidungsgrundlage Gewissheit verschaffen müssen. Dies
könne nicht im Wege einer Beweisaufnahme geschehen; denn diese
habe der Gesetzgeber für das Revisionsverfahren aus guten
Gründen nicht vorgesehen. Die Möglichkeit, Beweise zu
erheben, lasse sich auch nicht im Wege verfassungskonformer
Interpretation in § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO hineinlesen.
Das Revisionsgericht könne sich aber auf andere Weise als
durch eine förmliche Beweisaufnahme über die
tatsächliche Grundlage seiner Strafzumessung ins Bild setzen.
Dies könne dadurch geschehen, dass das Gericht dem Angeklagten
die Gelegenheit zur Stellungnahme im Revisionsverfahren
einräume. Erhalte ein Angeklagter Kenntnis von einer
beabsichtigten Entscheidung nach § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO,
könne er - sofern er Einwände gegen eine solche
Entscheidung hege - die Möglichkeit ergreifen, gegen diese
vorzutragen. Über einen möglicherweise unzureichenden
oder nicht mehr aktuellen Strafzumessungssachverhalt würde das
Revisionsgericht damit informiert.
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Aus diesem Grund habe das Revisionsgericht den Angeklagten auf die aus
seiner Sicht für eine Sachentscheidung nach § 354
Abs. 1 a Satz 1 StPO sprechenden Gründe hinzuweisen. Eines
derartigen Hinweises bedürfe es nur dann nicht, wenn - etwa
wegen eines mit Gründen versehenen Antrags der
Staatsanwaltschaft, auf den das Revisionsgericht seine Entscheidung
stützen wolle - angenommen werden könne, dass der
Angeklagte Kenntnis von einer im Raum stehenden
Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts erlangt habe.
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Das Informations- und Anhörungsverfahren müsse kein
mündliches sein. Das Revisionsgericht sei nicht gehalten, eine
eigene Rechtsfolgenentscheidung nur nach Durchführung einer
zeitintensiven Revisionshauptverhandlung zu treffen. Hinweis und
Anhörung könnten - entsprechend der
Möglichkeit des Revisionsgerichts, außerhalb einer
Hauptverhandlung im Schriftwege durch Beschluss zu entscheiden -
schriftlich erfolgen. Allerdings müsse aus dem Hinweis
für den Angeklagten deutlich werden, warum das
Revisionsgericht der Auffassung sei, nach § 354 Abs. 1 a Satz
1 StPO verfahren zu können.
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Unerlässlich seien insoweit konkrete Ausführungen zur
"Angemessenheit" der Strafe trotz der im tatrichterlichen Urteil
festgestellten Rechtsfolgenzumessungsfehler; denn nur dann sei
gewährleistet, dass sich der Angeklagte umfassend verteidigen
könne. Er könne zum einen rechtliche Gründe
gegen eine Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts
vorbringen, indem er mit Blick auf den vom Tatgericht begangenen
Strafzumessungsfehler die Angemessenheit der aufrechtzuerhaltenden
Strafe in Abrede stelle. Er könne aber auch gegen die
Strafzumessungsgrundlage vortragen. Einwände, die der
Angeklagte gegen die Richtigkeit und Aktualität des
Strafzumessungssachverhalts erhebe, habe das Revisionsgericht zu
berücksichtigen.
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Die Verpflichtung, dem Angeklagten ein konkretes
Äußerungsrecht einzuräumen, sei nicht der
einzige Aspekt, den die Revisionsgerichte beachten müssten, um
§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO verfassungsgemäß
zu handhaben. Mache das Revisionsgericht von der ihm in der genannten
Vorschrift eingeräumten Strafzumessungskompetenz Gebrauch,
müsse es seine Entscheidung jedenfalls dann
begründen, wenn sich aus den zu Grunde liegenden
Feststellungen und Wertungen der Tatsachengerichte, einer etwaigen
Stellungnahme der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten sowie eines
möglichen Hinweises
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des Revisionsgerichtes selbst die für die Strafzumessung
relevanten Umstände und deren konkretes Gewicht nicht schon in
einer Weise ergäben, die es dem Angeklagten
ermögliche, die Gründe für die
Strafzumessung und damit die Wahrung des rechtsstaatlichen Gebots
schuldangemessenen Strafens nachzuvollziehen.
Eine Anwendung von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO sei indes "nur"
bei einer Gesetzesverletzung anlässlich der Zumessung der
Rechtsfolgen zulässig. Dies schließe eine
Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts aus, wenn zugleich
eine Neuentscheidung über einen - fehlerhaften - Schuldspruch
erfolgen müsse.
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b) Die sich danach ergebenden Grundsätze für die
(verfassungskonforme) Anwendung des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO
des Revisionsgerichts hat der Senat - entgegen der Ansicht der
Beschwerdeführer - beachtet. Auch die sonstigen
Voraussetzungen für eine eigene Strafzumessungsentscheidung
des Senats sind gegeben.
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aa) Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 hat der Senat die
Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er die
Begründung des Strafausspruches des angefochtenen Urteils
für rechtsfehlerhaft hält, weil das Landgericht bei
der Strafzumessung zu Lasten beider Angeklagter berücksichtigt
hat, dass diese (auch) den Qualifikationstatbestand des § 224
Abs. 1 Nr. 3 StGB (Tatbegehung mittels eines hinterlistigen
Überfalls) verwirklicht habe. Zugleich wurde den
Beschwerdeführern eröffnet, dass der Senat
erwägt, von der Aufhebung des Strafausspruches abzusehen, weil
die verhängten Rechtsfolgen angesichts der übrigen
Strafzumessungserwägungen und der sonstigen Feststellungen des
Landgerichts angemessen sind (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO). Die
Beschwerdeführer hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu
nehmen. Diese haben sie auch genutzt.
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bb) Der Angeklagte H. hat vorgetragen, dass der insoweit (lediglich)
pauschale Hinweis des Senats - entgegen der verpflichtenden Vorgabe des
Bundesverfassungsgerichts - den Beschwerdeführer nicht in die
Lage versetze, sein Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG effektiv
wahrzunehmen, da er sich nicht inhaltlich zu denjenigen
Erwägungen verhalte, aus denen sich für den Senat bei
vorläufiger Betrachtungsweise die Angemessenheit der
tatrichterlich "ausgeworfenen" Strafe ergebe. Im Übrigen
ergäben sich Bedenken gegen die vom Senat beabsichtigte
Verfahrensweise - neben der bisherigen Dauer des Revisionsverfahrens -
daraus, dass die Strafzumessung des Tatgerichts vorliegend nicht
unwesentlich auch von einer an der Anzahl der verwirklichten
Alternativen des § 224 StGB orientierten Abstufung der
Strafhöhe hinsichtlich der Mitangeklagten bestimmt gewesen sei
und der Tatrichter den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB recht
weitgehend ausgeschöpft habe. Der Wegfall einer Alternative
des § 224 Abs. 1 StGB sei einer Schuldspruchänderung
zumindest vergleichbar, so dass das Verfahren gemäß
§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO dem Revisionsgericht nicht
eröffnet sei. Weiterhin hat der Beschwerdeführer
eingewandt, dass das Tatgericht unter dem Blickwinkel des § 46
Abs. 1 Satz 2 StGB bzw. der besonderen Strafempfindlichkeit des
Angeklagten dessen Verhältnis zu seiner
Lebensgefährtin ungewürdigt gelassen habe. Diese
kümmere sich als Alleinerziehende um ihre fünf und
acht Jahre alten Kinder, zu denen der Angeklagte eine intensive
Beziehung als Vaterersatz gehabt habe. Nach den Plänen der
Lebenspartner hätten beide den Bauernhof des deutlich
vorgealterten Stiefvaters und ihrer im Herbst 2008 an einem
Mammakarzinom erkrankten und deshalb für die
Haushaltsführung sowie die bäuerliche Mithilfe
ausgefallene Mutter der Lebensgefährtin des Angeklagten
übernehmen wollen. Nunmehr laste die gesamte Arbeit auf dieser
und deren Schwiegervater (richtig wohl: Stiefvater).
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cc) Der Angeklagte N. hat mitgeteilt, dass er der Erwägung des
Senats, von der Aufhebung des Strafausspruchs abzusehen, weil die
verhängte Rechtsfolge angesichts der übrigen
Strafzumessungserwägungen und der sonstigen Feststellungen des
Landgerichts angemessen sei, entgegentrete. Eine solche Entscheidung
durch das Revisionsgericht sei schon deshalb nicht unbedenklich, weil
eine Entscheidung des Revisionsgerichts gestattet werde, obwohl nicht
auszuschließen sei, dass die rechtsfehlerhafte
Erwägung des Tatrichters bei der Festsetzung der Rechtsfolge
für diesen gerade bestimmend gewesen sei. Ferner werde die
Mitteilung des Senats der durch das Bundesverfassungsgericht
festgelegten Informationsverpflichtung nicht gerecht, insbesondere sei
die Mitteilung zur Angemessenheit der verhängten Strafe
unzureichend. Sie versetze den Beschwerdeführer nicht in die
Lage, gegen die eigenen Strafzumessungserwägungen des
Revisionsgerichts gezielt vorzutragen und sich damit umfassend zu
verteidigen.
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c) Diese Einwendungen der Beschwerdeführer sind teilweise
unzutreffend und stehen im Übrigen der
Strafzumessungsentscheidung im Revisionsverfahren nicht entgegen.
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aa) Sinn und Zweck von § 354 Abs. 1 Satz 1 a StPO ist es, dem
Revisionsgericht zu ermöglichen, wegen Rechtsfehlern bei der
Zumessung der Rechtsfolgen von der Aufhebung des Urteils abzusehen und
eine eigene - die verhängten Rechtsfolgen als angemessen
bewertende - Strafzumessungsentscheidung zu treffen. Daraus folgt ohne
weiteres, dass eine verhängte Strafe, die auf
rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht, auch ohne
Berücksichtigung dieser rechtsfehlerhaften
Strafzumessungserwägungen des Tatrichters angemessen sein kann
und dem Revisionsgericht die Möglichkeit eröffnet
ist, trotz des Wegfalls von zu Lasten eines Beschwerdeführers
berücksichtigten Straf
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zumessungserwägungen die vom Tatgericht festgesetzte Strafe
als angemessen zu bestätigen.
bb) Dem Senat steht ein zutreffend ermittelter, vollständiger
und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Der
Senat hat sich über das Vorliegen einer vollständigen
und verlässlichen Entscheidungsgrundlage Gewissheit dadurch
verschafft, dass er den Angeklagten die Gelegenheit zur Stellungnahme
im Revisionsverfahren eingeräumt hat. Dabei wurden die
Beschwerdeführer in schriftlicher Form auf die aus Sicht des
Senats für eine Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1 a
Satz 1 StPO sprechenden Gründe hingewiesen. Infolge der
Bezugnahme auf die schriftlichen Urteilsgründe war dieser
Hinweis entgegen der Ansicht der Angeklagten hier auch ausreichend
konkret und machte (weitere) Ausführungen zur "Angemessenheit"
der verhängten Strafen trotz des festgestellten
Rechtsfolgenzumessungsfehlers entbehrlich. Da der Senat nach der ersten
Beratung der Sache beabsichtigte, - vorbehaltlich eventueller
Stellungnahmen der Angeklagten - auf die Angemessenheit der Strafen
allein auf der Grundlage der im Übrigen rechtsfehlerfreien
Strafzumessung des Landgerichts zu erkennen, hätte die
Darlegung der bereits im angefochtenen Urteil enthaltenen, im Rahmen
der Strafzumessung durch das Landgericht angestellten
Erwägungen lediglich zu deren Wiederholung geführt.
Da schon die Bezugnahme auf die Strafzumessung des Landgerichts sowie
die entsprechenden landgerichtlichen Feststellungen die
Beschwerdeführer in ausreichender Art und Weise in die Lage
versetzte, sich gegen die beabsichtigte Strafzumessungsentscheidung des
Revisionsgerichts umfassend zu verteidigen, waren weitere
Ausführungen zur Angemessenheit der Strafen hier entbehrlich;
denn das schriftliche Urteil lag den Angeklagten und ihren Verteidigern
seit langem vor, so dass die in Bezug genommenen Teile des
angefochtenen Urteils im Detail und konkret bekannt waren. In dieser
Situation reichte daher der erteilte
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Hinweis zur Erfüllung der Anforderungen an eine
verfassungskonforme Handhabung der Vorschrift aus. Das Revisionsgericht
hat damit nämlich konkret zu erkennen gegeben, dass es - mit
Ausnahme des aufgezeigten und erläuterten Rechtsfehlers - die
gesamte Strafzumessung des Landgerichts mit den darin enthaltenen
Wertungen und Gewichtungen ihrer eigenen Strafzumessungsentscheidung zu
Grunde legen will und dass es unter Berücksichtigung der
rechtsfehlerfreien Feststellungen und Erwägungen des
Landgerichts die verhängten Strafen für angemessen
hält.
Nur ergänzend bemerkt der Senat daher, dass ein derartiger,
vor der eigentlichen Entscheidung vorzunehmender schriftlicher Hinweis
auf die - an sich der endgültigen Beratung vorbehaltenen -
Erwägungen zur Strafzumessung eine dem geschriebenen
Verfahrensrecht fremde und - soweit ersichtlich - jedenfalls den
Tatgerichten auch verfassungsrechtlich nicht obliegende Verpflichtung
darstellt.
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cc) Der Umstand, dass der Angeklagte H. nach dem Hinweis neue Tatsachen
vorgebracht hat, die im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Gunsten
wirken könnten, hindert die eigene Entscheidung des Senats
ebenfalls nicht; denn nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts führt die Erhebung von
Einwänden des Angeklagten gegen die Richtigkeit oder die
Aktualität des Strafzumessungssachverhalts nicht dazu, dass
das Revisionsgericht keine eigene Entscheidung mehr treffen kann.
Vielmehr hat das Revisionsgericht solche Einwände (lediglich)
zu berücksichtigen. Dies bedeutet zugleich - nachdem das
Revisionsgericht nach § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO keine neue
Strafe festsetzen, sondern nur entscheiden kann, dass die
verhängte Rechtsfolge angemessen ist -, dass diese
Berücksichtigung neuer, strafmildernder
Zumessungsumstände nicht dazu führen muss, dass die
im angefoch-
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tenen Urteil festgesetzte Strafe schon deshalb ohne weiteres
unangemessen (hoch) sein müsste. Für dieses Ergebnis
spricht auch, dass eine Strafzumessung stets nach der vom
Bundesgerichtshof entwickelten Spielraumtheorie zu erfolgen hat, die -
ausgehend vom gesetzlichen Strafrahmen - durch das Gericht innerhalb
eines konkreten Schuldrahmens in richterlicher Wertung die
schuldangemessene Strafe für die konkrete Tat unter
Berücksichtigung der anerkannten Strafzwecke zuzumessen ist
(vgl. Fischer aaO § 46 Rdn. 20 m. w. N.). Der Vortrag neuer,
für den Angeklagten günstiger
Strafzumessungstatsachen zwingt damit - wie auch der Wegfall einer
rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägung - für sich
nicht stets zur Aufhebung des Strafausspruchs und
Zurückverweisung der Sache zur Entscheidung durch einen neuen
Tatrichter. Solches ist nur dann der Fall, wenn der Vortrag des
Beschwerdeführers im Revisionsverfahren eine weitere, nur
durch eine gerichtliche Beweisaufnahme zu bewirkende
Sachaufklärung oder die neue Bewertung der gesamten
Strafzumessungskriterien durch einen Tatrichter unumgänglich
macht. So ist es hier indes nicht.
dd) Auch die bisherige Dauer des Revisionsverfahrens hindert die eigene
Entscheidung des Senats nicht. Insbesondere ist dadurch nicht von
vornherein ausgeschlossen, dass die Entscheidung des Senats auf einem
aktuellen Strafzumessungssachverhalt beruht. Die
Beschwerdeführer wurden durch den Hinweis des Senats in die
Lage versetzt, bis zur Beschlussfassung durch eigenen Vortrag die bis
zum Erlass des angefochtenen Urteils vorliegenden Feststellungen um
neue Tatsachen zu ergänzen und damit dazu beizutragen, dass
das Revisionsgericht seiner Entscheidung einen aktuellen
Strafzumessungssachverhalt zu Grunde legt. Dies hat der Angeklagte H.
auch getan. Hinsichtlich des Angeklagten N. ist aufgrund der
abgegebenen Stellungnahme davon auszugehen, dass sich seit der
Verkündung des angefochtenen Urteils kei-
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ne neuen, für die Entscheidung des Senats relevanten
Strafzumessungstatsachen ergeben haben. Im Übrigen dauert das
Revisionsverfahren noch nicht so lange an, dass die dadurch bewirkte
Verlängerung der Gesamtdauer des Verfahrens ohne weiteres zu
niedrigeren Strafen führen und damit zur Aufhebung des Urteils
und Zurückverweisung der Sache zwingen müsste, zumal
diese Verfahrensweise zweifellos einen (noch) späteren
Abschluss des Verfahrens zur Folge hätte.
ee) Unzutreffend ist der Einwand des Angeklagten H. , die
(rechtsfehlerhafte) Annahme des Landgerichts, die Angeklagten
hätten insgesamt vier Qualifikationstatbestände des
§ 224 Abs. 1 StGB verwirklicht, habe zu der gegebenen
Abstufung der beiden verhängten Strafen geführt; denn
dieser Umstand wurde bei beiden Angeklagten gleichermaßen zu
ihren Lasten gewürdigt, was dafür spricht, dass der
Unterschied der Strafen darauf nicht zurückzuführen
ist. Nach den Urteilsgründen waren vielmehr ersichtlich andere
Umstände hierfür maßgeblich, insbesondere
auch, dass der Angeklagte N. in einem geringeren Umfang als der
Angeklagte H. (eigenhändig) auf den Nebenkläger
eingewirkt hat.
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Der Wegfall der Tatbestandsalternative des § 224 Abs. 1 Nr. 3
StGB bedingt keine Schuldspruchänderung und ist einer solchen
auch nicht vergleichbar. Der Rechtsfehler wirkt sich auf den
Schuldspruch vielmehr in keiner Weise aus. Er führt
insbesondere nicht dazu, dass der Senat den Schuldspruch
ändern müsste. Vielmehr ist er vorliegend allein
für den Strafausspruch bedeutsam, weil das Landgericht die
Verwirklichung von vier Tatbestandsalternativen des § 224 Abs.
1 StGB ausdrücklich als bestimmenden Zumessungsgrund in seine
Strafzumessung zu Lasten der Angeklagten eingestellt hat. Danach liegt
allein eine Gesetzesverletzung anlässlich der Zumessung der
Rechtsfolgen im
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Sinne von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO vor, so dass der
Anwendung dieser Vorschrift und damit einer eigenen
Strafzumessungsentscheidung des Senats unter den gegebenen
Umständen weder der Gesetzeswortlaut noch die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts entgegensteht.
ff) Auch die Höhe der vom Landgericht verhängten
Strafen hindert eine eigene Rechtsfolgenentscheidung des
Revisionsgerichts im Sinne von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO
nicht; denn auch eine - gemessen am gesetzlichen Strafrahmen mit Blick
auf die Höchststrafe - relativ hohe Strafe kann zweifellos
angemessen sein. Dass dies im gegebenen Fall anders zu beurteilen
wäre, ist nicht ersichtlich.
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2. Bei seiner Entscheidung, dass die vom Landgericht
verhängten Strafen von sechs Jahren und sechs Monaten (H. )
bzw. sechs Jahren (N. ) angemessen sind, hat der Senat folgende -
soweit vor der angefochtenen Entscheidung schon vorliegend bereits vom
Landgericht für die Strafbemessung herangezogene -
Umstände berücksichtigt:
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Ausgehend vom Regelstrafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB - minder
schwere Fälle im Sinne dieser Vorschrift liegen angesichts der
Feststellungen zur Tat und der Person der beiden Angeklagten,
insbesondere mit Blick auf die Intensität des Unrechts und der
Schuld, offensichtlich nicht vor - hat der Senat zu Gunsten der beiden
Angeklagten berücksichtigt, dass die vom Landgericht zu ihren
Lasten angestellte, rechtsfehlerhafte Erwägung, sie
hätten vier Tatbestandsalternativen des § 224 Abs. 1
StGB verwirklicht, weggefallen ist. Strafmildernd wirkt sich ferner
aus, dass die Angeklagten sich in der Hauptverhandlung beim
Nebenkläger entschuldigt haben und die Dauer des Verfahrens
zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung länger ist, als sie es
beim Erlass des angefochtenen Urteils war.
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Für den Angeklagten H. spricht zusätzlich, dass
Triebfeder der Tat der frühere Mitangeklagte war, den der
Angeklagte bewunderte und als eine Art Ziehvater ansah. Auch die im
Revisionsverfahren vom Angeklagten H. neu vorgetragenen
Umstände zu den Auswirkungen seiner Verurteilung auf seine
Lebensplanung und die Lebensverhältnisse seiner
Lebensgefährtin hat der Senat zu Gunsten dieses Angeklagten
berücksichtigt. Dies führt indes (ebenfalls) nicht
dazu, dass die verhängte Strafe unangemessen (hoch) ist, zumal
es sich hierbei um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne des
§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO ohnehin nicht handelt.
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Zu Gunsten des Angeklagten N. hat der Senat gesondert
zusätzlich berücksichtigt, dass er seine aktive
Tatbeteiligung teilweise eingeräumt und er - ungeachtet der
Zurechnung auch der Schläge des Mittäters - in
geringerem Umfang als der Angeklagte H. auf den Nebenkläger
eingewirkt hat.
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Strafschärfend hat sich bei beiden Angeklagten ausgewirkt,
dass es sich um eine über längere Zeit geplante Tat
mit drei Anläufen gehandelt hat. Der Nebenkläger
sollte von vornherein erhebliche Verletzungen davontragen und hat
tatsächlich zahlreiche Gesundheitsschäden erlitten,
darunter auch eine akut und konkret lebensgefährliche
Verletzung. Der Geschädigte leidet bis heute erheblich unter
den physischen und psychischen Folgen der Tat. Die Angeklagten haben
insgesamt drei Tatbestandsalternativen des § 224 Abs. 1 StGB
verwirklicht. Beide Angeklagte sind wegen Körperverletzung
vorbestraft.
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Hinzu kommt beim Angeklagten H. , dass er den Angeklagten N. in die Tat
hinein gezogen hat. Allein zu Lasten des Angeklagten N. wirkt sich
zusätzlich aus, dass er die Tat während des Laufs
einer Bewährungszeit begangen hat und sein Motiv für
die Tatbegehung Gewinnstreben war, wobei der Senat nicht
außer acht gelassen hat, dass sich der Angeklagte
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- auch wegen seines Kokainkonsums - in beengten finanziellen
Verhältnissen befand.
Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer |