BGH,
Beschl. v. 11.12.2003 - 3 StR 421/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 421/03
vom
11.12.2003
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
11.12.2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 22. Juli 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte schuldig
ist
des Diebstahls in Tateinheit mit Bedrohung, Freiheitsberaubung
und Sachbeschädigung,
des versuchten Diebstahls,
des unbefugten Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs in Tateinheit
mit Fahren ohne Fahrerlaubnis,
der versuchten Nötigung und
b) im Strafausspruch im Fall II. 3. der Urteilsgründe sowie im
Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Nötigung,
Diebstahls in
Tateinheit mit Bedrohung, Freiheitsberaubung und
Sachbeschädigung, wegen
versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall und wegen unbefugten
Gebrauchs
eines Kraftfahrzeuges in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis" zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten
verurteilt sowie
seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen
wendet
sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge
gestützten Revision. Das
Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen
Teilerfolg.
I. Nach den Feststellungen, die dem Schuldspruch nach § 240
StGB zugrunde
liegen, wollte der Angeklagte einen Besuch bei seiner
Lebensgefährtin
im Krankenhaus über die Besuchszeit hinaus ausdehnen. Die
Nachtschwester
wies ihn darauf hin, daß er hierzu das
Einverständnis der im Nachbarbett
liegenden Zeugin U. benötige. Nachdem die Nachtschwester das
Zimmer verlassen hatte, fragte der Angeklagte die Zeugin U., ob er noch
bleiben dürfe. Die Zeugin verneinte dies. Darauf zog der
Angeklagte ein Messer,
drückte es der Zeugin U. an den Hals und forderte sie auf, zur
Nachtschwester zu gehen und ihr zu erklären, sie sei mit
seinem weiteren Verbleiben
im Krankenzimmer einverstanden. Die Zeugin verließ daraufhin
den
Raum, begab sich zur Nachtschwester und schilderte dieser die Bedrohung
durch den Angeklagten.
Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich danach der
vollendeten Nötigung schuldig gemacht, hält
rechtlicher Prüfung nicht stand.
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II. 1. § 240 StGB ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet. Die
Gewaltanwendung
muß in kausalem Sinne zu dem vom Täter geforderten
Verhalten des Opfers
führen (BGHSt 37, 350, 353). Vollendet ist die
Nötigung erst dann, wenn der
Genötigte die verlangte Handlung vorgenommen oder zumindest
mit ihrer
Ausführung begonnen hat (BGH MDR 1979, 280 f.); ein solcher
Teilerfolg des
Täters, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls
vorbereitend wirkt,
kann dann für die Annahme einer vollendeten Nötigung
ausreichen, wenn die
abgenötigte Handlung des Opfers nach der Vorstellung des
Täters eine eigenständig
bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellt (vgl. BGH
NJW 1997, 1082 f.; BGH NStZ 1987, 70 f.). Dagegen reicht es
für die Vollendung
des Tatbestandes nicht aus, wenn es dem Täter lediglich
gelingt, das
Opfer nur zu einem kurzfristigen Verhalten zu zwingen, das nicht Zweck,
sondern
lediglich Mittel ist, um das vom Täter gewollte Verhalten zu
ermöglichen
(Tröndle/
Fischer, StGB 51. Aufl. § 240 Rdn. 55) oder wenn das Opfer nur
scheinbar
mitwirkt, um den Täter zu überführen
(Träger/Altvater in LK StGB 11. Aufl.
§ 240 Rdn. 67).
Ausgehend von diesen Maßstäben tragen die
Feststellungen die Annahme
einer vollendeten Nötigung nicht. Zwar leistete das Opfer der
Aufforderung
des Angeklagten insoweit Folge, als es das Zimmer verließ und
die
Nachtschwester aufsuchte. Damit allein erreichte der Angeklagte aber
noch
keinen
- selbständig bedeutsamen - Teilerfolg. Da das Opfer die
verlangte Handlung,
sich mit einem weiteren Aufenthalt des Angeklagten im Krankenzimmer
einverstanden
zu erklären, nicht vorgenommen hat, liegt nur eine versuchte
Nötigung
vor.
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Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert und bei
der
Neufassung berücksichtigt, daß das Vorliegen
gesetzlicher Regelbeispiele
nicht in die Urteilsformel aufgenommen wird (Meyer-Goßner,
StPO 46. Aufl.
§ 260 Rdn. 25). § 265 StPO steht der
Schuldspruchänderung nicht entgegen,
da sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen
hätte verteidigen
können.
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler bedingt die Aufhebung der
verhängten
Einzel- und Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten
Freiheitsstrafe sowie
der Gesamtstrafe. Der Senat kann trotz der angesichts des Tatbildes an
sich nicht unangemessen hohen Einsatzstrafe nicht völlig
ausschließen, daß
das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung von der
Möglichkeit
Gebrauch gemacht hätte, den zugrunde gelegten bereits nach
§§ 21, 49 StGB
gemilderten Strafrahmen nochmals nach §§ 23 Abs. 2,
49 Abs. 1 StGB abzusenken,
und danach auf eine niedrigere Einzel- und Gesamtstrafe erkannt
hätte.
3. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des
§ 349
Abs. 2 StPO. Der Senat bemerkt ergänzend, daß das
Landgericht mit der
Wendung in den Urteilsgründen, eine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt
erscheine nicht von vorneherein aussichtslos, zwar den
Maßstab für die
erforderliche Erfolgsaussicht unzutreffend formuliert hat. §
64 Abs. 2 StGB ist,
soweit er auch Fälle erfaßt, in denen es an einer
hinreichend konkreten Aussicht
eines Behandlungserfolges fehlt, nichtig (BVerfGE 91, 1 ff.; vgl. dazu
Tröndle/Fischer aaO § 64 Rdn. 13). Den weiteren
Ausführungen der Strafkammer
kann jedoch noch mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden,
daß
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sie den durch die genannte Entscheidung wesentlich erhöhten
Anforderungen
an den Grad der Erfolgsaussicht einer Entziehungsbehandlung Rechnung
getragen
hat.
Tolksdorf Miebach Winkler
RiBGH Pfister ist im Urlaub und
daher an der Unterzeichnung
gehindert.
Tolksdorf Becker |