BGH,
Beschl. v. 11.12.2008 - 5 StR 536/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 11. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2008
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten G. wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 13. Juni 2008, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch
aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in
Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, die
nichtrevidierenden Angeklagten V. und M. zu Gesamtfreiheitsstrafen von
zwei Jahren sechs Monaten bzw. von drei Jahren. Die Revision des
Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des
Strafausspruchs. Sein weitergehendes Rechtsmittel ist
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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I.
Nach den - mit dem Anklagesatz identischen - Feststellungen des
Landgerichts eröffnete der Mitangeklagte V. am 9. Januar 2008
unter Vorlage eines gefälschten französischen
Reisepasses bei der Berliner Bank ein Konto, um wenige Tage
später einen zugunsten der Firma S. L. ausgestellten Scheck
über rund 590.000 Euro einzulösen. Der Mitangeklagte
M. übersetzte die Gespräche zwischen V. und den
Bankangestellten. Nachdem die bezogene Bank die Schecksumme an die
Berliner Bank überwiesen hatte, schrieb diese den Geldbetrag
dem von V. eröffneten Konto gut. Am 7. und 8. Februar 2008 hob
V. insgesamt 152.000 Euro in bar ab, wobei er sich diesmal die
Gespräche vom Angeklagten, der hierfür 300 Euro
erhielt, übersetzen ließ. Weitere Beträge
konnte V. nicht abheben, weil die Bankangestellten nicht mehr von
seiner Verfügungsberechtigung ausgingen und er mit seinen
beiden Gehilfen festgenommen wurde.
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II.
Die Revision des Angeklagten ist zum Strafausspruch begründet.
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1. Die Verurteilung ist im Schuldspruch allerdings rechtsfehlerfrei.
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a) Die Urteilsfeststellungen belegen in ihrer Gesamtheit die
Tatbestandsmerkmale des § 263 Abs. 1 StGB (vgl. zu
unzureichenden Urteilsfeststellungen selbst nach Verständigung
BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 25 und 28).
Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann noch entnommen
werden, dass der vom Haupttäter V. eingereichte Scheck dem
Aussteller oder nachfolgend Berechtigten abhanden gekommen war (Art. 21
ScheckG) und hier jedenfalls durch eine strafbare Handlung (Diebstahl,
Unterschlagung oder Hehlerei bzw. zumindest der Teilnahme an solche
Taten) in den Verfügungsbereich der Ange
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klagten gelangte. Andernfalls hätte es der
Kontoeröffnung und der Barabhebungen unter unbefugter
Verwendung der Firma der Zahlungsempfängerin nicht bedurft.
aa) Ein Abhandenkommen im Sinne des Art. 21 ScheckG liegt vor, wenn der
Scheck - ob Inhaber- oder Orderscheck teilt das Landgericht nicht mit -
ohne rechtswirksamen Begebungsvertrag in fremde Hände gelangt
ist (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 22 m.w.N.).
Diese Vorschrift, die nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut
sowohl auf Order- als auch auf Inhaberschecks Anwendung findet,
legitimiert den gutgläubigen Erwerber des Papiers. Die
zivilrechtliche Risikoverteilung ist sowohl für die Bestimmung
des Erklärungswerts einer entsprechenden Handlung als auch -
spiegelbildlich - für das Vorhandensein eines entsprechenden
Irrtums bei dem Adressaten der Erklärung erheblich (vgl. BGHSt
46, 196, 198 ff.; 51, 165 Rdn. 20 ff.).
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Bei der Einlösung eines Inhaberschecks können
allerdings Zweifel an einer für die
Vermögensverfügung relevanten
Täuschungshandlung bestehen, da der Einreicher eines
Inhaberschecks regelmäßig schon durch dessen Besitz
legitimiert wird (BGH wistra 2007, 458; BGH, Beschluss vom 13. Februar
2008 - 2 StR 406/07 Rdn. 3; BayObLG wistra 1999, 233 m. Anm. Marxen,
EWiR 1999, 519 f.). Jedoch gehört ein etwaiges Abhandenkommen
- ebenso wie die formellen Scheckvoraussetzungen (Art. 1, 2 ScheckG) -
zu den Umständen, über die sich ein Bankangestellter,
der den Scheck zur Einziehung hereinnimmt (vgl. dazu BGH WM 1987, 337,
338), Gedanken macht (offen gelassen in BGHR StGB § 263 Abs. 1
Täuschung 22; vgl. auch OLG Zweibrücken BB 1995,
1318, 1319). Er wird nämlich prüfen, ob
Gesichtspunkte vorliegen, die zu einer Schadensersatzpflicht der Bank
führen können. Solche Ansprüche
können sich gemäß §§ 989,
990 BGB i.V.m. Art. 21 ScheckG ergeben (BGHZ 108, 353, 355 ff.; BGH WM
1993, 541, 542 f.; 1988, 1296, 1297; 1987, 337, 338;
Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz/Scheckgesetz/Recht der
kartengestützten Zahlungen 23. Aufl. Art. 21 ScheckG Rdn. 21
f., 8 ff. m.w.N.).
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bb) Ein solches Verständnis des Erklärungswerts der
Scheckeinreichung entspricht der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs. Danach enthält die Vorlage eines Schecks
die Behauptung, sein Inhalt entspreche dem Willen des Ausstellers (BGH
NJW 1969, 1260, 1261; BGH, Urteil vom 4. November 1955 - 5 StR 200/55;
vgl. auch BGH, Urteil vom 3. November 1981 - 5 StR 435/81 bei Holtz,
MDR 1982, 280). Zu dem Willen des Ausstellers gehört der
Umstand, dass nur mittels eines Begebungsvertrags legitimierte Personen
den Scheck einreichen, nicht aber Dritte, die in strafbarer Weise den
Besitz an dem Scheck erlangt haben. Da eine Nichtbeachtung des Willens
des Ausstellers für die Bank mit Regressrisiken verbunden sein
kann, wird sich die Vorstellung des Bankmitarbeiters zumindest darauf
beziehen müssen, dass eine Situation gegeben ist, die
Regressansprüche nicht befürchten lässt. Mit
der Vorspiegelung falscher Tatsachen durch den Einreicher
korrespondiert eine entsprechende Fehlvorstellung auf der Seite der den
Scheck annehmenden Bankmitarbeiter.
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cc) Die Urteilsfeststellungen ergeben hier, dass die Berliner Bank auch
im Blick auf etwaige Schadensersatzforderungen die Berechtigung des
Scheckeinreichers tatsächlich geprüft hat.
Andernfalls hätten die Bankmitarbeiter nicht dafür
gesorgt, dass der Haupttäter schließlich keine
weiteren Barabhebungen vornehmen konnte. V. war nicht
verfügungsbefugt, weil er den Besitz an dem Scheck ohne
Begebungsvertrag erlangte. Damit stellen sich die Gutschrift und die
Auszahlungen als Leistungen an einen Nichtberechtigten dar. Die Bank
war durch die früheren Teilauszahlungen auch
geschädigt, weil aufgrund der Gesamtumstände
für sie das schadensgleiche Risiko eines eigenen
Vermögensverlusts bestand.
b) Die Haupttat war mit der Gutschrift auf V. s Konto zwar vollendet,
aber am 7. und 8. Februar 2008 noch nicht beendet. Beendigung setzt den
Abschluss des Tatgeschehens in tatsächlicher Hinsicht voraus.
Nach dem Tatplan sollte der gutgeschriebene Betrag nur kurzfristig auf
dem Bankkonto verbleiben; wegen der Entdeckungsgefahr, der die
Beteiligten
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durch die Urkundenfälschungen zu begegnen versuchten und die
sich schließlich realisierte, war von vornherein vorgesehen,
dass V. das Guthaben in bar abheben sollte. Damit wäre die
Betrugstat erst mit Abhebung des gesamten Guthabens über
590.000 Euro beendet gewesen.
Selbst wenn der Betrug beim Haupttäter V. als mitbestrafte
Nachtat zu werten wäre, bliebe dies für den Gehilfen
hier ohne Belang.
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2. Die Strafzumessung hält der rechtlichen
Nachprüfung indes nicht stand.
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Das Landgericht hat im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei angenommen, dass
auch dem Angeklagten als Gehilfen ein Vermögensverlust
großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
StGB) zur Last zu legen ist. Gleichwohl begegnet die - lediglich
formelhaft vorgenommene - Gesamtwürdigung des Landgerichts
durchgreifenden Bedenken. Trotz des Vorliegens des Regelbeispiels
hätte es bedenken müssen, ob von der Indizwirkung
abzugehen und dann der Strafrahmen des § 263 Abs. 1 i.V.m.
§ 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB zugrunde zu
legen wäre. Im Hinblick auf das Vorliegen durchaus gewichtiger
Strafmilderungsgründe (insbesondere Geständnis,
untergeordneten Tatbeitrag, geringe Entlohnung) hätte die
Verneinung der Indizwirkung nicht fern gelegen.
Angesichts dessen ist die Verhängung einer sogar die
Mindeststrafe des verschärften Strafrahmens des § 263
Abs. 3 i.V.m. § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB
deutlich überschreitenden Strafe bei dem nur
geringfügig vorgeahndeten Angeklagten durchgreifend
bedenklich. Dies gilt zumal im Blick auf das Verhältnis zu der
gegen den Haupttäter verhängten Strafe. Zwar muss,
auch wenn mehrere Angeklagte in einem Verfahren abgeurteilt werden,
für jeden von ihnen die Strafe unter Abwägung aller
in Betracht kommenden Umstände aus der Sache selbst gefunden
werden (BGHR StGB
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§ 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23). Der Gesichtspunkt, dass gegen
Haupttäter und Teilnehmer verhängte Strafen auch in
einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollten, kann
aber nicht völlig außer Betracht bleiben. Deswegen
müssen Unterschiede jedenfalls dann erläutert werden,
wenn sie sich nicht selbst aus der Sache ergeben (BGHR StGB §
46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1). Diese Begründungsanforderung
hat das Landgericht nicht in tragfähiger Weise
erfüllt.
3. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein
vorliegenden Wertungsfehler nicht. Das neue Tatgericht darf der
Strafzumessung neue Feststellungen zugrunde legen, sofern sie den
nunmehr bestandskräftigen nicht widersprechen.
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4. Der Begründungsmangel ist nicht gemäß
§ 357 StPO auf die nichtrevidierenden Angeklagten,
für die das Urteil abgekürzt gefertigt werden durfte,
zu erstrecken (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - 5 StR
209/08 Rdn. 3). Eine Auswirkung auf die Mitangeklagten besteht bereits
deswegen nicht, weil die Gesamtabwägung, ob die Indizwirkung
des Regelbeispiels entkräftet wird, für jeden
einzelnen Angeklagten gesondert vorzunehmen ist.
Brause Raum Schaal
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