BGH,
Beschl. v. 11.2.2003 - 3 StR 391/02
3 StR 391/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
11. Februar 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen zu 1.: gewerbsmäßiger Geldfälschung
u. a.
zu 2.: Geldfälschung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 1. a)
mit dessen Zustimmung und zu 4. auf dessen Antrag - am 11. Februar 2003
gemäß § 154 a Abs. 2, § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen: 10
1. Auf die Revision des Angeklagten I. gegen das Urteil des
Landgerichts Duisburg vom 15. Mai 2002 wird, soweit dieser Angeklagte
betroffen ist,
a) das Verfahren im Fall II. 1. der Urteilsgründe auf den
Vorwurf der Urkundenfälschung und der
gewerbsmäßigen Hehlerei beschränkt;
b) der Schuldspruch im Fall II. 6. der Urteilsgründe dahin
geändert, daß der Angeklagte der Beihilfe zur
versuchten Geldfälschung schuldig ist;
c) der Ausspruch über die Einzelstrafe in diesem Fall,
über die Gesamtstrafe und über den Verfall von
Wertersatz, soweit dieser den Betrag von 7.413,71 EUR
übersteigt, mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil,
soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch im Fall II. 6. der Urteilsgründe dahin
geändert, daß der Angeklagte der Beihilfe zur
versuchten Geldfälschung schuldig ist;
b) im Einzelstrafausspruch in diesem Fall sowie im
Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
1. Das Landgericht hat verurteilt
a) den Angeklagten I. "wegen gemeinschaftlicher
Urkundenfälschung in drei besonders schweren Fällen,
hiervon in einem Fall in Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Hehlerei und weiterer Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Einschleusung von Ausländern
sowie wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei
Fällen und wegen gemeinschaftlicher Geldfälschung in
drei Fällen, davon in zwei Fällen in
gewerbsmäßiger Begehung, wobei es davon in einem
Fall beim Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren;
b) den Angeklagten K. "wegen gemeinschaftlicher
Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall sowie wegen
gemeinschaftlicher Geldfälschung" zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.
Gegen den Angeklagten I. hat es außerdem den Verfall von
Wertersatz in Höhe von 15.000 EUR und gegen den Angeklagten K.
die Einziehung von zwei elektrischen Schreibmaschinen angeordnet. Mit
ihren Revisionen rügen beide Angeklagte die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. Beide Rechtsmittel haben mit der
Sachrüge teilweise Erfolg.
2. Hinsichtlich des Angeklagten I. hat der Senat mit Zustimmung des
Generalbundesanwalts das Verfahren im Fall II. 1. der
Urteilsgründe gemäß § 154 a Abs. 2
StPO auf den Vorwurf der Urkundenfälschung und der
gewerbsmäßigen Hehlerei beschränkt und
damit den Vorwurf der gewerbsmäßigen Einschleusung
von Ausländern aus dem Verfahren ausgeschieden, da den
bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen ist, welchen
Ausländern der Angeklagte zu welchen konkreten Handlungen, auf
die § 92 a Abs. 1 AuslG verweist, Hilfe geleistet bzw. hierzu
angesetzt hat (§ 92 a Abs. 3 AuslG). Der danach verbleibende
Schuldspruch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Hehlerei läßt
einen Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die in diesem Fall
verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten hat
Bestand. Der Senat kann im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt
des in diesem Fall verwirklichten Urkunds- und Hehlereidelikts, aber
auch unter Beachtung der weiteren vom Angeklagten begangenen
Einzeltaten ausschließen, daß das Landgericht ohne
die tateinheitliche Aburteilung des von ihm angenommenen
Verstoßes gegen das Ausländergesetz auf eine
geringere Einzelstrafe erkannt hätte, zumal dieser ausweislich
der Urteilsgründe keinen bestimmenden Einfluß auf
die Strafhöhe hatte (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO).
3. Der Schuldspruch gegen die Angeklagten I. und K. wegen
Geldfälschung im Fall II. 6. der Urteilsgründe hat
keinen Bestand.
Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte
I. dem "J. " - einer unter diesem Decknamen auftretenden
Vertrauensperson der Polizei - die Lieferung von Falschgeld
versprochen. Es war ihm jedoch nicht gelungen, Falschgeld in
ausreichend guter Qualität aufzutreiben. Daraufhin hatte sich
der Angeklagte K. eingeschaltet und mit dem Mitangeklagten N. in
Verbindung gesetzt, von dem er wußte, daß er
"über die entsprechenden Verbindungen verfügte". N.
besorgte falsche holländische Gulden. Am 25. August 2001 fuhr
der Angeklagte I. zusammen mit "J. " zu N. , der in seiner Wohnung dem
"J. " 30 gefälschte 1000-Gulden-Scheine übergab,
wofür "J. " 2.000 DM anzahlte. Der Angeklagte K. zeigte sich
empört, daß man ihn an diesem Geschäft mit
seinem Kontaktmann N. nicht beteiligt hatte. Er wurde daher von dem
Angeklagten
I. und "J. " mitgenommen, als diese am nächsten Tag erneut zu
dem Mitangeklagten N. fuhren, dem "J. " den Restkaufpreis von 2.500 DM
aushändigte. Ein späteres Verlangen des Angeklagten
K. , für die Vermittlung des Geschäfts mit N. eine
Provision zu zahlen, lehnte "J. " ab.
Die Ansicht des Landgerichts, bei diesem Sachverhalt hätten
sich die Angeklagten I. und K. der gemeinschaftlichen
Geldfälschung in der Form des Sichverschaffens von Falschgeld
(§ 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB) schuldig gemacht, hält
rechtlicher Prüfung nicht stand. Mittäter des
Sichverschaffens von Falschgeld kann nur derjenige sein, der das
Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem
Willen zu eigenständiger Verfügung in seine
(Mit-)Verfügungsgewalt bringt (BGHSt 3, 154, 156; 44,
62). Dies ist hier bezüglich der Angeklagten I. und K. jedoch
nicht festgestellt. Gewahrsam an den falschen holländischen
Gulden haben sie nicht erlangt; diesen hatte allein der Mitangeklagte
N. inne. Auch eine (Mit-)Verfügungsgewalt über das
Falschgeld ist nicht belegt. Der Angeklagte K. war bei den
Verhandlungen zwischen N. und "J. " sowie der Übergabe des
Geldes nicht einmal zugegen. Zwar war der Angeklagte
I. am 25. August 2001 in der Wohnung des N. mitanwesend. Nach den
Feststellungen wurden die Verhandlungen über das
Falschgeldgeschäft aber ausschließlich zwischen N.
und "J. " geführt, ohne daß der Angeklagte I.
Einfluß darauf gehabt hätte, ob das Geld
tatsächlich an "J. " übergeben wurde. Anders als im
Fall II. 7. der Urteilsgründe war dem Angeklagten I. auch
keine "Probe" des zu liefernden Falschgelds für die
Begutachtung durch den Abnehmer ("J. ") übergeben worden (vgl.
hierzu BGH NStE Nr. 3 zu § 146 StGB). Allein das Ingangsetzen
und die Vermittlung eines zwischen Dritten abgewickelten
Falschgeldgeschäfts genügt für eine
mittäterschaftliche Verwirklichung des § 146 Abs. 1
Nr. 2 StGB nicht, auch wenn sich der Vermittler für seine
Tätigkeit eine Provision von einem der Partner des
Geschäfts verspricht.
Nach dem rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt haben sich die
beiden Angeklagten aber der Beihilfe zur versuchten (BGHSt 34, 108,
109; BGH NStZ 2000, 530) Geldfälschung schuldig gemacht, indem
sie N. einen Abnehmer für das Falschgeld vermittelten bzw. bei
der Übergabe des Geldes mitwirkten (§ 146 Abs. 1 Nr.
3, § 22, § 23 Abs. 1, § 27 StGB). Da
weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert
der Senat den Schuldspruch in diesem Fall in analoger Anwendung des
§ 354 Abs. 1 StPO bezüglich beider Angeklagter
entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich
die insoweit geständigen Angeklagten gegen den
geänderten Tatvorwurf nicht anders als geschehen
hätten verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
der in diesem Fall verhängten Einzelstrafen sowie der
Gesamtstrafen.
4. Der gegen den Angeklagten I. angeordnete Verfall von Wertersatz in
Höhe vom 15.000 EUR (§ 73 a StGB) ist
rechtsfehlerhaft, soweit der Verfallsbetrag die Summe von 7.413,71 EUR
übersteigt; denn durch die abgeurteilten Taten hat dieser
Angeklagte nach den bisher getroffenen Feststellungen lediglich 14.500
DM im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
Für die am 8. August 2001 gefälschten fünf
"Reisedokumente" (Fall II. 2. der Urteilsgründe) hat er nicht
20.000 DM, sondern nur 10.000 DM erlöst (vgl. UA S. 19). Die
am 11. August 2001 von "J. " für neun "Blankoaufenthaltstitel"
gezahlten 7.200 DM (Fall II. 3. der Urteilsgründe) hat nicht
der Angeklagte, sondern direkt der unbekannt gebliebene Lieferant
erhalten (UA S. 20). Für die Lieferung eines deutschen
Reisepasses an den anderweitig verfolgten M. (vgl. Fall II. 5. der
Urteilsgründe, UA S. 21) hat der Angeklagte zwar einen
Kaufpreis von 1.500 DM erzielt; dieser Verkauf ist jedoch nicht
Gegenstand des Schuldspruchs in diesem Fall, der allein auf das
Verfälschen der slowenischen Pässe gestützt
ist (s. UA S. 42).
Als Geldbeträge, die der Angeklagte durch die abgeurteilten
Taten erlangt hat, verbleiben somit nur die 1.000 DM für die
beiden nigerianischen Pässe im Fall II. 1. der
Urteilsgründe, die 10.000 DM für die fünf
Reisedokumente im Fall II. 2., die "Kaution" von 1.000 DM im Fall II.
3., die 1.500 DM für ein "Blankoreisedokument" im Fall II. 4.
und die 1.000 DM für die im Fall II. 5. an M. gelieferten
beiden slowenischen Pässe. Dies ergibt eine Summe von 14.500
DM, was einem Betrag von 7.413,71 EUR entspricht. Nur in dieser
Höhe ist bislang die Anordnung des Verfalls von Wertersatz
berechtigt. Zwar sind nach den Feststellungen an den Angeklagten I. im
Rahmen strafbarer Handlungen noch erhebliche weitere Zahlungen
geleistet worden. Diese standen jedoch nicht im Zusammenhang mit den
abgeurteilten Taten. Von der Möglichkeit des § 73 d
StGB hat das Landgericht keinen Gebrauch gemacht.
5. Die weitergehenden Rechtsmittel der beiden Angeklagten sind
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
6. Das angefochtene Urteil gibt dem Senat noch Anlaß zu
folgenden Hinweisen:
a) Bei mehrfacher - teils vollendeter, teils versuchter -
Verwirklichung eines Straftatbestandes, der in den einzelnen
Fällen noch mit unterschiedlichen anderen Delikten
tateinheitlich zusammentrifft, empfiehlt es sich, in der
Entscheidungsformel jede Tat einzeln zu bezeichnen und nur dann unter
Angabe der Zahl der tatmehrheitlichen Tatbegehungen zusammenzufassen,
wenn die rechtliche Bezeichnung der Einzeltaten identisch ist.
Ansonsten wird die Verständlichkeit des Urteilstenors
erheblich erschwert, wie das in der angefochtenen Entscheidung beim
Schuldspruch gegen den Angeklagten I. der Fall ist.
b) Wird eine Tatserie abgeurteilt, ist es ratsam, in den
Urteilsgründen für die einzelnen Taten im Rahmen der
Sachverhaltsdarstellung eigene einheitliche Ordnungsziffern zu vergeben
und diese bei Beweiswürdigung, rechtlicher Würdigung
sowie Strafzumessung weiterzuverwenden und nicht mit anderen
Ordnungsmerkmalen - etwa der Anklage - zu vermischen (vgl. BGH bei
Becker NStZ-RR 2003, 4 Nr. 10 m. w. N.). Ansonsten besteht die Gefahr,
daß - wie in dem landgerichtlichen Urteil - in den
verschiedenen Urteilsabschnitten die Ordnungsziffern durcheinander
geraten. Dies erschwert nicht nur allgemein das Verständnis
des Urteils, sondern kann im Einzelfall zu unauflösbaren
Widersprüchen führen, die die Aufhebung des Urteils
erforderlich machen.
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