BGH,
Beschl. v. 11.2.2009 - 5 StR 11/09
5 StR 11/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 11. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2009
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 18. August 2008 gemäß § 349 Abs.
4 StPO im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in vier
Fällen, wegen versuchten Betruges und wegen (veruntreuender)
Unterschlagung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von fünf Jahren und vier Monaten (nicht maßgeblich:
Urteilsgründe sechs Jahre) verurteilt. Die Revision des
Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und
Wertungen getroffen:
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a) Der Angeklagte stellte dem ehemaligen Mitangeklagten S. die
erforderlichen Mittel zur Verfügung, um am 23. Juni 2005 die
in Bochum ansässige H. GmbH zu übernehmen. S. agierte
nahezu
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ohne wirtschaftliche Erfahrung oder Geschäftswissen als
Strohmanngeschäftsführer für den Angeklagten.
b) Nach Planung und auf Weisung des Angeklagten schloss S. am 30. Juni
und 27. Juli 2005 mit Mineralölvertriebsfirmen
Verträge über die Nutzung von Tankkarten, die nach
intensivem Einsatz ohne beabsichtigten Ausgleich der kreditierten
Forderungen bei diesen Unternehmen zu Schäden in Höhe
von 15.500 und 36.000 Euro führten. Der Angeklagte ist
hierfür wegen zweier gewerbsmäßig
begangener Betrugstaten zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und drei
Monaten und zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden
(Fälle 1 und 8).
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c) Am 7. und 8. Juli 2005 veranlasste der Angeklagte den S. zum
Abschluss von Kfz-Leasingverträgen (VW Multivan und Mercedes
Benz 220 CDI) und ließ die auf die H. GmbH zugelassenen
Fahrzeuge anschließend verwerten (Fälle 2 und 3).
Das Landgericht erkannte hierfür wegen
gewerbsmäßigen Betruges im Fall 2 auf eine
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und im Fall 3
(angenommener Wert des Pkw knapp 26.000 Euro) unter weiterer Anwendung
von § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB auf eine Freiheitsstrafe von einem
Jahr und drei Monaten.
d) Vorgänger des S. hatten für die GmbH drei Pkw
geleast (BMW X5, Audi A6, VW Touareg), die der Angeklagte unter der
Geschäftsführung des S. am 9. und 13. Juli 2005 in
die Ukraine ausführen und verwerten ließ.
Hierfür ist der Angeklagte wegen veruntreuender Unterschlagung
zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und acht Monaten und zweimal drei
Jahren verurteilt worden (Fälle 4, 6 und 7).
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e) Auf Weisung des Angeklagten beantragte S. am 12. Juli 2005
für die GmbH den Abschluss eines Leasingvertrages
über eine 59.000 Euro teure Computeranlage, die ohne Zahlung
unbefugt verwertet werden sollte. Zu einem Vertragsschluss kam es indes
nicht. Der Angeklagte
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wurde hierfür wegen versuchten
gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von
einem Jahr und zehn Monaten verurteilt (Fall 5).
2. Die an BGHSt 52, 78 ff. ausgerichtete Verfahrensrüge
versagt. Zwar hat das Landgericht nicht beweiswürdigend
erwogen, dass der ehemalige Mitangeklagte und im weiteren Verfahren
gegen den Angeklagten als Belastungszeuge vernommene S. in der
Hauptverhandlung geständig gewesen ist, nachdem ihm eine
Strafobergrenze - Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren - in Aussicht
gestellt worden war. Die Rüge ist jedoch wegen
unvollständigen Vortrags schon unzulässig (§
344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
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Die Revision hat nicht vorgetragen, dass S. bereits in seiner
polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 21. März 2007
(Sachakte Bd. 15 Bl. 14 - 20) umfangreiche Angaben zur Sache gemacht
hat, die in der Anklageschrift dahingehend gewürdigt worden
sind, dass „Ross und Reiter genannt“ worden seien
(Sachakte Bd. 17 Bl. 56), und dass sich dieser Beschuldigte bereit
erklärt hat, „weitere sachdienliche Angaben zu
machen“ (Sachakte Bd. 15 Bl. 20). Hinzu tritt, dass sich S.
bereits am ersten Verhandlungstag ohne jegliche Einschränkung
zur Sachaussage bereit erklärt hat, das Landgericht die
Einlassung dieses Angeklagten aber nicht entgegen genommen hat
(Protokollband S. 2). Die Kenntnis dieser Umstände
wäre für das Revisionsgericht indes von
Nöten gewesen, da sie geeignet gewesen sind, die aus der
besonderen Aussagemotivation - Geständnis nach Bekanntgabe
einer als hinnehmbar erscheinenden Strafobergrenze - erwachsende Gefahr
einer Falschbelastung (vgl. BGHSt 52, 78, 83) derart zu relativieren,
dass die Vereinbarung im Rahmen der Beweiswürdigung nicht
unerlässlich zu erwähnen war.
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3. Die Sachrüge ist unbegründet, soweit sie sich
gegen den Schuldspruch richtet. Der Senat entnimmt dem Zusammenhang der
Urteilsgründe eine jeweilige Steuerung des auf Betrug
(Fälle 1 bis 3, 5 und 8) und verun-
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treuende Unterschlagung (Fälle 4, 6 und 7) ausgerichteten
Tatgeschehens durch den Angeklagten.
Die von der H. GmbH geleasten drei Pkw (Fälle 4, 6 und 7)
waren auch dem Angeklagten anvertraut im Sinn des § 246 Abs. 2
StGB (vgl. BGHR StGB § 28 Abs. 2 Merkmal 2). Die
Leasingverträge begründeten - nicht anders als
Mietverträge (BGHSt 9, 90) oder
Sicherungsübereignungen (BGH wistra 2007, 18, 21) - besondere,
auf den Erhalt und die Rückführung des Eigentums
ausgerichtete Verhaltenspflichten des Leasingnehmers (vgl. Eser in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 246 Rdn.
29; Fischer, StGB 56. Aufl. § 246 Rdn. 16). Diese sind auf den
Angeklagten übergegangen, nachdem er die H. GmbH faktisch
erworben und geführt hatte (vgl. BGHR GmbH-Gesetz §
64 Abs. 1 Antragspflicht 3; BGHR StGB § 266 Abs. 1
Vermögensbetreuungspflicht 25; BGH NJW 2008, 2451).
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4. Indes hält der Strafausspruch der sachlichrechtlichen
Überprüfung nicht stand.
a) Im Fall 3 hat das Landgericht einen Vermögensverlust
großen Ausmaßes gemäß §
263 Abs. 3 Nr. 2 StGB (bei nur knapp 26.000 Euro) bejaht und dabei
übersehen, dass diese Grenze erst ab 50.000 Euro erreicht wird
(BGHSt 48, 360).
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b) Die Bestimmung der Strafen in den Unterschlagungsfällen (4,
6 und 7) widerspricht den bei den Kfz-Betrugsfällen (2 und 3)
angewandten Maßstäben. Es liegt auf der Hand, dass
der Angeklagte hierdurch benachteiligt worden ist.
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In den Betrugsfällen hat das Landgericht die Strafe zu Recht
dem Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB, mithin aus
einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren entnommen und bei
einem angenommenen Schaden von rund 45.000 Euro im Fall 2 auf eine
Freiheitsstrafe von zwei
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Jahren und drei Monaten erkannt. In den Unterschlagungsfällen
hatte das Landgericht indes von dem weitaus milderen Strafrahmen des
§ 246 Abs. 2 StGB auszugehen, der von Geldstrafe bis zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren reicht. Bei der vom
Landgericht ersichtlich als wesentlicher Strafzumessungsfaktor
herangezogenen Schadenshöhe ist im Vergleich der
Fälle 2 (Schaden 45.000 Euro; Strafe zwei Jahre und drei
Monate) und 4 (Schaden 23.000 Euro; Strafe zwei Jahre und acht Monate)
die Festsetzung der höheren Strafe aus dem weitaus geringeren
Strafrahmen bei dem nur mit einer Geldstrafe vorbestraften Angeklagten
ohne jede weitere Begründung nicht nachvollziehbar. Das
Gleiche hat für die ebenfalls dem milderen Strafrahmen
entnommenen Strafen in den Fällen 6 und 7 (je drei Jahre
Freiheitsstrafe bei 53.000 Euro und 60.000 Euro Schaden) zu gelten.
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c) Darüber hinaus besorgt der Senat, dass das Landgericht in
den Unterschlagungsfällen (4, 6 und 7) von einem zu
großen Schadensumfang ausgegangen ist. Aus den
Urteilsgründen ergibt sich lediglich, dass Vertreter der
Leasinggesellschaften die angenommenen Schadenssummen bekundet
hätten. Daraus wird indes nicht deutlich, dass das Landgericht
von den maßgeblichen Wiederbeschaffungswerten der Fahrzeuge
im Zeitpunkt der Unterschlagungshandlungen ausgegangen ist und nicht -
zum Nachteil des Angeklagten - auch auf rückständige
Raten oder einen entgangenen Gewinn in Form eines Zinsausfallschadens
abgestellt hat (vgl. BGH wistra 2007, 18, 21).
5. Angesichts der insgesamt nicht übermäßig
sorgfältigen Fassung des Urteils, namentlich zur
Strafzumessung, gibt der Senat dem neuen Tatgericht Gelegenheit,
sämtliche Strafen neu und im Verhältnis zueinander
widerspruchsfrei zu bestimmen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf
es dabei nicht. Die fehlenden Feststellungen zu den
Wiederbeschaffungswerten der Fahrzeuge in den
Unterschlagungsfällen werden zu ergänzen sein. Im
Übrigen sind neue Feststellungen nur zulässig, wenn
sie den nunmehr bestandskräftigen nicht widersprechen. Bei der
Bildung der neuen Gesamtstra-
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fe wird auf das mittlerweile rechtskräftig gewordene Urteil
des Landgerichts Berlin vom 11. April 2008 und den Strafbefehl des
Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 26. Juli 2005 Bedacht zu nehmen
sein.
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