BGH,
Beschl. v. 11.1.2005 - 3 StR 450/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 450/04
vom
11.01.2005
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a), b) und 2. auf dessen Antrag -
am 11.01.2005 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1,
Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 9. Juli 2004 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 3)
der Urteilsgründe wegen sexuellen Mißbrauchs von
Kindern
in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt
worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des
Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten
der Staatskasse zu Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert,
daß
der Angeklagte wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines
Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer
Jugendlichen
in zwei Fällen, wegen sexuellen Mißbrauchs von
Kindern
in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in drei
Fällen, wegen sexuellen Mißbrauchs einer
Jugendlichen, wegen
sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem
Mißbrauch einer Jugendlichen und wegen sexueller
Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines
Kindes
verurteilt ist;
c) das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
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Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des
Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen
notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von
Kindern in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in
vier Fällen, wegen
sexuellen Mißbrauchs einer Jugendlichen, wegen sexuellen
Mißbrauchs eines
Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer
Jugendlichen, wegen sexueller
Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines
Kindes und wegen
schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit
sexuellem
Mißbrauch einer Jugendlichen in zwei Fällen zur
Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner
Revision,
mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das
Rechtsmittel führt zur
Aufhebung des Strafausspruches.
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat aus den in der
Antragsschrift
dargelegten Gründen das Verfahren im Fall II. 3) der
Urteilsgründe
eingestellt und den Schuldspruch entsprechend geändert. Die
Nachprüfung
des Urteils im danach verbleibenden Umfang aufgrund der
Revisionsbegründung
hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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Der Strafausspruch kann hingegen nicht bestehen bleiben, weil das
Landgericht die Möglichkeit einer erheblich verminderten
Schuldfähigkeit des
Angeklagten im Sinne des § 21 StGB nicht geprüft hat.
Zwar besteht nach der
Rechtsprechung nicht bei jedem Täter, der jenseits einer
bestimmten Altersgrenze
erstmals Sexualstraftaten begeht, Anlaß, der Frage einer
erheblich
verminderten Schuldfähigkeit nachzugehen (vgl. BGH NStZ 1999,
297
m. w. N.). Jedoch ist deren Erörterung jedenfalls dann
veranlaßt, wenn neben
der erstmaligen Sexualdelinquenz in hohem Alter weitere Besonderheiten
in
der Person des Täters bestehen, die geeignet sind, auf die
Möglichkeit einer
durch Altersabbau bedingten Enthemmtheit hinzudeuten (vgl. BGHR StGB
§ 21
Sachverständiger 5; s. auch Kröber NStZ 1999, 298).
So ist es hier. Nach den
bisherigen Feststellungen hat der zur Tatzeit nicht vorbestrafte
71jährige Angeklagte
bis zur Begehung der abgeurteilten Sexualdelikte sozial eingeordnet
gelebt. Hinzu kommen im Urteil näher dargelegte
gesundheitliche Beeinträchtigungen
(Morbus Crohn).
Über den Strafausspruch ist daher insgesamt neu zu
entscheiden. Der
Senat kann nach den getroffenen Feststellungen ausschließen,
daß der Angeklagte
bei Begehung der Taten schuldunfähig im Sinne des §
20 StGB war.
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Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, ob zur Beurteilung der
Frage einer Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten
sachverständige
Hilfe in Anspruch zu nehmen sein wird (vgl. Tröndle/Fischer,
StGB 52.
Aufl. § 20 Rdn. 60 f. m. w. N.).
Tolksdorf Miebach Pfister
Becker Hubert |