BGH,
Beschl. v. 11.7.2000 - 4 StR 238/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 238/00
vom
11. Juli 2000
in der Strafsache gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. Juli
2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stralsund vom 24. Januar 2000 dahin geändert, daß
der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu
einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der
Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung in zwei Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur
Änderung des Schuld- und des Strafausspruchs; im
übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen liegt nur eine Tat im Rechtssinne vor. Zwar hat
das Landgericht zutreffend den Stich, den der Angeklagte seiner
früheren Lebensgefährtin zu Beginn des mehraktigen
Tatgeschehens "mit einem kugelschreiberähnlichen, runden,
spitzen Gegenstand" versetzte, der zu einer perforierenden Verletzung
der linken Brusthöhle führte (Mantelpneumothorax),
als Körperverletzung "mittels eines gefährlichen
Werkzeugs" (§ 224 Abs.1 Nr. 2 StGB) und das spätere
Würgen des Tatopfers bis zum Eintritt der
Bewußtlosigkeit als Körperverletzung "mittels einer
das Leben gefährdenden Behandlung" (§ 224 Abs. 1 Nr.
5 StGB) gewertet. Daß der Angeklagte im Verlauf des
Tatgeschehens nacheinander zwei Varianten des Straftatbestands der
gefährlichen Körperverletzung verwirklicht hat,
rechtfertigt aber unter den hier gegebenen Umständen nicht die
Annahme von Tatmehrheit. Vielmehr bilden die vorgenannten
Betätigungen und die weiteren
Körperverletzungshandlungen zum Nachteil des Tatopfers
(mehrfaches Ziehen an den Haaren, Schläge ins Gesicht sowie
mindestens zwei Faustschläge gegen die linke Schläfe)
wegen des engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs der
Verletzungshandlungen und wegen des Umstandes, daß diesen ein
einheitlicher Wille zugrunde lag, eine natürliche
Handlungseinheit (vgl. BGHR StGB vor § 1 natürliche
Handlungseinheit Entschluß, einheitlicher 7 m.w.N.). Auch
soweit zwei der Tatmodalitäten des § 224 StGB
verwirklicht sind, liegt nur eine Gesetzesverletzung und nicht
(gleichartige) Tateinheit vor (vgl. BGHR StGB § 223 a
Konkurrenzen 4; Stree in Schönke/Schröder StGB 25.
Aufl. § 52 Rdn. 28 m.N.).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265
StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte insoweit nicht
wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Die Schuldspruchänderung führt dazu, daß
nur eine - die höhere - Freiheitsstrafe bestehen bleibt, so
daß der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt wird.
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen
Anlaß, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens
gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu
entlasten.
Meyer-Goßner Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |