BGH,
Beschl. v. 11.7.2001 - 5 StR 530/01
5 StR 530/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 11. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juli 2001
beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 9. März 2000 werden nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel
zu tragen.
G r ü n d e
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO; insoweit wird auf die Antragsschrift des
Generalbundesanwalts
verwiesen. Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Untreue zu Lasten der Verkäuferinnen der
Gesellschaftsanteile
ist nicht verjährt. Da der Kaufvertrag und der Treuhandvertrag
einander bedingen
und - wie vom Landgericht rechtsfehlerfrei bewertet - eine Einheit
darstellen, war nach § 78a StGB die Tat erst beendet, als der
sich aus beiden
Verträgen ergebende Schaden vollends eingetreten war. Zwar
kann für
die Vollendung der Untreue schon eine schadensgleiche
Vermögensgefährdung
ausreichen. Für die Tatbeendigung ist aber die Realisierung
dieser
Gefährdung entscheidend. Entsteht nämlich der
Nachteil im Sinne des
§ 266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse oder
vergrößert er sich
durch diese nach und nach, ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses
maßgebend
(BGHR StGB § 78a Abs. 1 - Untreue 1; BGH NJW 2001, 2102,
2106). Das in der Vertragsklausel des § 9 Abs. 2 des
Kaufvertrages liegende
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Gefahrenpotential verwirklichte sich, als der Angeklagte K unter
Berufung
auf die dort festgelegte Gewährleistungsregelung die Zahlung
der
zweiten Kaufpreisrate in Höhe von 1,25 Millionen DM auf der
Grundlage der
ihm am 7. Juli 1990 übersandten vorläufigen Bilanz
ablehnte, weil diese zum
Bilanzstichtag 30. Juni 1989 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von
1.661.000 DM aufwies. Durch diese - nach dem 7. Juli 1990 erfolgte -
endgültige
Verweigerung der Kaufpreiszahlung verfestigte sich der Nachteil
für
die Verkäuferseite weiter. Deshalb trat vorher jedenfalls
keine Beendigung
im Sinne des § 78a StGB ein. Durch die Durchsuchungs- und
Beschlagnahmebeschlüsse
des Amtsgerichts Freiburg vom 10. November 1994 wurde
die Verjährung nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB
rechtzeitig unterbrochen. Der
Senat kann daher offenlassen, ob die Tatbeendigung nach § 78a
StGB - wie
das Landgericht und der Generalbundesanwalt annehmen - erst in dem
gerichtlichen
Vergleich vom 4. Juli 1991 zu sehen wäre, durch den die
Verkäuferseite
noch die Zahlung der Hälfte der zweiten Kaufpreisrate erreichen
konnte, aber andererseits auf die andere Hälfte
endgültig verzichtete. Hinsichtlich
des als Gehilfen verurteilten Mitangeklagten K ist die Tat
ebenfalls nicht verjährt, weil die Verjährung der
Teilnahmehandlung erst mit
der Beendigung der Haupttat beginnt (BGHSt 20, 227, 228;
Jähnke in LK
11. Aufl. § 78a Rdn. 15).
2. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch.
a) Die Beanstandung der Angeklagten, das Landgericht habe den
Treuhandvertrag unter Verstoß gegen § 261 StPO nicht
ausreichend gewürdigt,
bleibt ohne Erfolg. Zwar teilt das Landgericht in den
Urteilsgründen nur
(auszugsweise) den vom Angeklagten Dr. D stammenden Entwurf des
Treuhandvertrages mit. Aus dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe
lassen sich jedoch ohne weiteres die späteren
Änderungen in der endgültigen
Fassung wie auch die wirtschaftlich wesentlichen Regelungen entnehmen,
die für die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes
relevant sind.
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b) Das Landgericht hat zutreffend die Beweisanträge, die auf
eine
Sachverständigenbewertung der Anteile hinausliefen, als
für die Entscheidung
ohne Bedeutung abgelehnt. Auf der Grundlage der Treuhandvereinbarung
ergab sich nämlich ein mindestens eingetretener
Vermögenszuwachs
zu Gunsten des Angeklagten Dr. D . Da ein feststehender
Rückkaufspreis
eingeräumt war, bildete dieser - abzüglich des
Darlehensbetrags
und einer Abzinsung - für den Angeklagten jedenfalls den
mindestens eingetretenen
Ertrag. Wäre der Wert seiner 22,5 % Anteile geringer,
hätte der
- im übrigen in Wirtschaftsangelegenheiten erfahrene und
über den Betrieb
informierte Angeklagte - die Anteile veräußert und
den Fixkaufpreis realisiert.
Wäre der Wert der Anteile größer gewesen,
würde die Annahme des
niedrigeren Fixpreises den Angeklagten jedenfalls nicht beschweren.
Erwägungen,
wie der Vermögensstatus der Erbinnen bei einem von der Revision
dargestellten Beteiligungsmodell sich entwickelt hätte, sind
schon deshalb
unerheblich, weil dieses Modell nicht den entsprechenden Bezugspunkt
bilden
konnte. Maßgeblich im Rahmen der Bestimmung des Nachteils nach
§ 266 StGB war vielmehr die Überlegung, daß
dem Angeklagten Dr. D
ein erheblicher Vermögenswert zugeflossen ist, den er als
Treupflichtiger
seinen Mandantinnen hätte verschaffen müssen.
Insoweit entsprach der
Gewinn des Angeklagten Dr. D spiegelbildlich dem Verlust der Erbinnen.
Den Revisionen ist zuzugeben, daß die Ablehnung der
jeweiligen Beweisanträge
sich hier allein in einer Wiederholung des Gesetzeswortlauts
erschöpfte. Dies reicht grundsätzlich nicht aus, weil
die Ablehnungsbegründung
erkennen lassen muß, ob die Ablehnung auf rechtlichen oder
tatsächlichen
Gründen beruht (vgl. Herdegen in KK 4. Aufl. StPO §
244 Rdn. 45).
Damit soll insbesondere der Antragsteller in die Lage versetzt werden,
sich
auf die durch die Ablehnung des Beweisantrages geschaffene
Prozeßlage
einzustellen. Aufgrund der im vorliegenden Fall konkret gegebenen
prozessualen
Situation vermag der Senat indes auszuschließen,
daß auf seiten der
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Angeklagten Unklarheiten infolge der Ablehnung der
Beweisanträge bestehen
konnten. Wie im übrigen aus der Begründung der
Beweisanträge selbst
als auch aus dem rechtlichen Hinweis des Gerichts nach § 265
StPO deutlich
wird, hat das Landgericht den Nachteil jedenfalls in dem
Vermögensvorteil
gesehen, der dem Angeklagten Dr. D im Falle des Rückkaufs der
Anteile durch den Angeklagten K zugeflossen wäre.
3. Die Sachrügen der Angeklagten führen gleichfalls
nicht zum Erfolg.
a) Zutreffend hat das Landgericht die Einräumung der
Garantieklausel
als Untreuehandlung gewertet.
aa) Die Beweiswürdigung hierzu ist nicht lückenhaft.
Insbesondere
hat das Landgericht gesehen, daß der Vorschlag von dem
Steuerberater
G
kam, den der Angeklagte K zu den Verkaufsverhandlungen beigezogen
hatte. Dem steht allerdings nicht entgegen, daß der Angeklagte
Dr. D in seinem Bestreben, den Kaufpreis möglichst gering zu
halten,
diesen Vorschlag aufgriff, weil er - ebenso wie der Mitangeklagte K -
die Möglichkeit erkannte, aufgrund dieser Klausel den
Kaufpreis sogar unter
die ursprünglich anvisierte Marke von 2 Millionen DM weiter zu
drücken. Die
auf eine ausreichende Tatsachengrundlage gestützte Annahme des
Landgerichts,
daß beide Angeklagte in Nachteilsabsicht zu Lasten der
Verkäuferseite
handelten, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
bb) Selbst wenn - wie die Revision hervorhebt - solche Garantieklauseln
im Rahmen von Unternehmensverkäufen üblich sein
sollten, läßt sich
hieraus gleichfalls kein für die Angeklagten
günstiges Ergebnis herleiten. Im
konkreten Fall ergibt der Gesamtzusammenhang, daß der Einbau
einer solchen
Klausel jedenfalls in diesem Fall pflichtwidrig war und - schon im
Hinblick
auf den Wissens- und Kenntnisvorsprung der Angeklagten - von der
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Sache her im Sinne eines Risikoausschlusses nicht geboten war. Allein
der
Umstand, daß eine Klausel üblich ist, besagt
für sich genommen wenig.
Auch eine - in vielen Fällen sinnvolle - Klausel kann
für eine pflichtwidrige
Nachteilszufügung instrumentalisiert werden, was hier das
Landgericht
rechtsfehlerfrei angenommen hat.
cc) Schließlich ist kein Rechtsfehler darin zu sehen,
daß das Landgericht
den “richtigen” Bilanzverlust zum Stichtag 30. Juni
1989 nicht festgestellt
und hierzu auch kein Gutachten erholt hat. Die Vollendung der Untreue
trat durch den Vertragsabschluß mit der Garantieklausel ein,
weil dadurch
die schadensgleiche Vermögensgefährdung
begründet wurde. Dies verdeutlicht
gerade der weitere Geschehensablauf. Die Garantieklausel stellte
für
die Zahlungsverweigerung des Angeklagten K die Bezugsgrundlage
dar und führte letztlich dazu, daß es im
Vergleichswege zu einer Reduzierung
des Kaufpreises um 625.000 DM kam. Damit ist ein endgültiger
Nachteil
in gleicher Höhe entstanden. Abgesehen davon, daß
die Bilanzierung
auch hier grundsätzlich Wertungsmöglichkeiten
eröffnete, kam es bei dem
dargestellten Schadensverlauf auf die Ermittlung eines
“richtigen” Bilanzverlustes
letztlich gar nicht mehr an.
b) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei den Nachteil der
Verkäuferinnen
in dem Vermögenswert gesehen, der dem Angeklagten Dr. D
durch den Abschluß des Treuhandvertrages zugeflossen ist.
Diese Leistung
hat der Angeklagte nur deshalb erhalten, weil er dem Angeklagten K
die Gelegenheit zu einem günstigen Anteilskauf verschafft hat.
Dies hat das
Landgericht rechtlich unbedenklich aus den Umständen
gefolgert, daß mit
dem Treuhandvertrag der Angeklagte Dr. D keinerlei wirtschaftlich
annähernd
gleichwertige Verpflichtung übernommen hatte, der
Treuhandvertrag
im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kaufvertrag abgeschlossen
und gegenüber den Verkäuferinnen verheimlicht wurde.
Insoweit ist die Zuwendung
der Firmenbeteiligung nicht anders zu beurteilen als der Erhalt von
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Schmiergeldern. Jedenfalls wenn der zugewendete
Vermögensvorteil eine
gewisse Höhe erreicht, liegt es nahe, daß dieser
Vermögenswert demjenigen
entzogen wurde, für den der Schmiergeldempfänger als
Treuepflichtiger
eigentlich hätte tätig werden sollen (vgl. BGH NJW
2001, 2102, 2104 f.).
Ange-
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sichts der Größenordnung des hier dem Angeklagten
Dr. D zugewendeten
Vermögenswerts, der mindestens den Kaufpreis der ihm
übertragenen
Anteile erreicht hatte, ist die Annahme des Landgerichts, dieser
Vermögensvorteil
entspreche spiegelbildlich dem Nachteil der Verkäuferseite,
naheliegend
und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c) Ebensowenig läßt die steuerstrafrechtliche
Beurteilung des Beteiligungserwerbs
einen Rechtsfehler erkennen.
aa) Zutreffend geht das Landgericht dabei von sonstigen
Einkünften
im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus. Dabei sieht es die
vom Angeklagten
Dr. D erbrachten Leistungen in der Vermittlung des Anteilskaufvertrages,
der für den Mitangeklagten K sehr günstig gestaltet
war. Die
Einräumung einer Inhaberstellung an den Gesellschaftsanteilen
war - wovon
das Landgericht rechtlich bedenkenfrei ausgeht - die Gegenleistung
für
die erfolgte Vermittlung des für den Angeklagten K
günstigen Kaufes
der Geschäftsanteile.
bb) Hinsichtlich 22,5 % der Anteile fungierte der Erwerber, der
Mitangeklagte
K , als Treuhänder für den Angeklagten Dr. D . Als
Treugut
waren nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO die Anteile
wirtschaftlich dem
Treugeber, mithin also dem Angeklagten Dr. D zuzurechnen. An der
Ernstlichkeit der Treuhandabrede (vgl. BFH BStBl. II 1998, 152, 156)
konnte
im vorliegenden Fall kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte Dr. D
auf diese Weise an dem wirtschaftlichen Wert der Unternehmen
partizipieren
wollte. Entgegen der Auffassung der Revision stellte die durch den
Treuhandvertrag eingeräumte Rechtsstellung nicht nur eine
bloße Option
auf die dem Angeklagten Dr. D übertragenen
Geschäftsanteile dar.
Vielmehr wurde dieser mit Abschluß des Treuhandvertrages
wirtschaftlicher
Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 AO.
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cc) Den in der wirtschaftlichen Eigentümerstellung liegenden
Vermögensvorteil
des Angeklagten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bewertet.
Insoweit konnte es von dem durch die Parteien des
Treuhandverhältnisses
ausgehandelten Rückkaufpreis ausgehen, weil dieser die
Festlegung des
von den Parteien angenommenen Wertes darstellt. Der hier von den
Angeklagten
angesetzte Rückverkaufspreis (abzüglich einer
angemessenen Abzinsung)
bildete insoweit auch eine taugliche Bemessungsgrundlage. Anhaltspunkte
dafür, daß dieser ausgehandelte Preis nicht dem
eigentlichen
Wert entsprach, bestehen angesichts der beiderseits bei den Angeklagten
bestehenden Fachkenntnisse nicht. Vielmehr liegt es sogar nach der
Interessenlage
nahe, daß der Angeklagte Dr. D im Falle der Beendigung der
Treuhand jedenfalls den tatsächlichen Wert der Anteile - so
wie er ihn bei
Abschluß des Treuhandvertrages einschätzte -
liquidieren wollte, andererseits
- und hierfür diente vor allem die Möglichkeit der
Wahl einer formellen
Übertragung der Anteile - auch an einem darüber
hinausgehenden Wertzuwachs
teilnehmen wollte.
Harms Häger Tepperwien
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