BGH,
Beschl. v. 11.6.2001 - 1 StR 111/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 111/01
vom
11. Juni 2001
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2001
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim
vom 28. September 2000 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat
(§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Zum Fall B II. 6. der Urteilsgründe ist die rechtliche
Würdigung der Strafkammer durch einen Fassungsmangel
gekennzeichnet, der sich indessen nicht als Rechtsfehler erweist.
Die Strafkammer führt diesen Fall in ihrer zusammenfassenden
rechtlichen Bewertung auch als solchen der unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln auf (UA S. 26 unter Ziffer II. 1.). Nach den
zu diesem Fall getroffenen Feststellungen (UA S. 12/13) ist nicht
hinreichend klar, ob der Angeklagte die in Rede stehende Menge Kokain
in den Niederlanden erworben und nach Deutschland eingeführt
hat. Die Gesamtschau des angefochtenen Urteils, namentlich die
Zählung der einzelnen Fälle ergibt allerdings,
daß das Landgericht dem Angeklagten insoweit lediglich
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) angelastet hat. Das
wird bestätigt durch die Strafzumessungsgründe: Die
im Fall B II. 6. in Ansatz gebrachte Einzelfreiheitsstrafe hat die
Strafkammer dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen
(UA S. 28), nicht demjenigen des § 30 Abs. 1 BtMG.
2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht den
Angeklagten im Falle B III. zu Recht wegen tateinheitlichen vollendeten
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge verurteilt. Er erwarb in den Niederlanden vermeintlich
Kokain und transportierte dieses zum Zwecke des Weiterverkaufs nach
Deutschland. Tatsächlich hatte ihm sein Lieferant aber
Lidocain, ein üblicherweise zum Strecken von Kokain und Heroin
benutztes Mittel, untergeschoben und ihn "betrogen".
Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29a
Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige, den Umsatz des
Betäubungsmittels fördernde Handlung, ohne
daß es bereits zur Anbahnung bestimmter Geschäfte
gekommen sein muß. Die Förderung, von der hier die
Rede ist, bezieht sich nicht auf eine bestimmte, tatsächlich
vorhandene Rauschgiftmenge. Es kommt auch nicht darauf an, ob das
Betäubungsmittel, das der Täter anbietet oder
erwerben will, überhaupt zur Verfügung steht.
Vielmehr genügt es, wenn die entfaltete Tätigkeit auf
die Übertragung von Betäubungsmitteln von einer
Person auf eine andere abzielt. Auf die tatsächliche
Förderung des erstrebten Umsatzes kommt es nicht an;
Handeltreiben ist kein Erfolgsdelikt (vgl. BGHSt 30, 277, 278; BGH NJW
1992, 380, 381).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ergibt sich aus den vom
Landgericht getroffenen Feststellungen ohne weiteres, daß das
unerlaubte Handeltreiben des Angeklagten vollendet wurde, obgleich es
sich bei dem von ihm erworbenen Stoff tatsächlich nicht um
Kokain handelte.
3. Die Anordnung des Verfalls des Guthabens auf dem Konto bei einer
luxemburgischen Bank begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der
Souveränität Luxemburgs keinen rechtlichen Bedenken
(vgl. auch Senat, NStZ 2000, 483). Die Anordnung führt nach
innerstaatlichem Recht kraft Gesetzes zu einem Übergang der
Auszahlungsforderung gegen die Bank auf den Justizfiskus (§
73e Abs. 1 Satz 1 StGB). Strafurteile wirken im Grundsatz unmittelbar
indes nur innerstaatlich (Oehler, Internationales Strafrecht 2. Aufl.
Rdn. 980, 981). Damit verlagert sich die Frage der Wirksamkeit hier -
im transnationalen Verhältnis - auf die Stufe der
Vollstreckung der Anordnung (vgl. Wilhelm Schmidt in LK 11. Aufl.
§ 73e Rdn. 4). Es bedarf deshalb zunächst nach den
einschlägigen Regeln der Rechtshilfe eines Ersuchens an die
luxemburgische Justiz, falls die luxemburgische Bank nicht das Urteil
anerkennt und meint, aufgrund des zwischen ihr und den Kontoinhabern
geltenden Rechts an den Justizfiskus auch mit befreiender Wirkung
gegenüber den Kontoinhabern zahlen zu können. Daraus
erhellt, daß die Souveränität des
ausländischen Staates durch die Anordnung des Verfalls im
Erkenntnisverfahren nicht berührt ist. Die Anordnung des
Verfalls ist im übrigen auch dann nicht sinnentleert, wenn die
erforderliche Vollstreckungshilfe durch den ausländischen
Staat nicht geleistet werden sollte. Denn sie kann zur Strafbarkeit
nach dem Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 Nr.
1, Nr. 2 Buchst. b StGB) führen, wenn ein Dritter den Verfall
vereitelt oder gefährdet.
Nack Wahl Schluckebier Hebenstreit Schaal
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