BGH,
Beschl. v. 11.6.2002 - 1 StR 142/02
1 StR 142/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
11. Juni 2002
in der Strafsache gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Juni 2002
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 8. Januar 2002 im Ausspruch
über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete
Urteil wird als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 20 Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die die
Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat lediglich hinsichtlich
des Ausspruchs über die verhängte
Gesamtfreiheitsstrafe Erfolg; im übrigen ist sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Treffen wie hier Einzelfreiheitsstrafen und Einzelgeldstrafen zusammen,
so ist in der Regel eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden (siehe BGH NJW
1989, 2900; wistra 1994, 61; mit anderer Differenzierung:
Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 53 Rdn. 4; vgl. weiter
Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 53 Rdn. 16). Dem Tatrichter
ist jedoch in § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB ein Ermessen dahingehend
eingeräumt, daß er aus den Einzelfreiheitsstrafen
eine Gesamtfreiheitsstrafe und daneben aus den Einzelgeldstrafen eine
gesonderte Gesamtgeldstrafe bilden kann. Dieses Ermessen hat er nach
Strafzumessungsgesichtspunkten auszuüben. Die
Urteilsgründe lassen nicht erkennen, ob sich die Strafkammer
des ihr eingeräumten Ermessens bewußt gewesen ist.
Grundsätzlich mag es zwar nicht naheliegen, bei im
wesentlichen gleichgelagerten Fällen von der Regelung des
§ 53 Abs. 2 Satz 2 StGB für die Bestimmung der
Gesamtsanktion Gebrauch zu machen. Unter den besonderen
Umständen des vorliegenden Falles, namentlich im Blick auf den
Werdegang des Angeklagten, das zu seinen Taten führende
Geschehen und die für ihn persönlich
ausgelösten mittelbaren Tatfolgen wäre die durch
§ 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebene Möglichkeit jedoch
zu erörtern gewesen. Die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe
kann sich möglicherweise als das schwerere Übel
erweisen. Die in Ansatz gebrachten Einzelstrafen - in zehn
Fällen Geldstrafe zu 60 oder 90 Tagessätzen, in neun
Fällen Freiheitsstrafe von sechs oder neun Monaten, die
Einsatzstrafe beträgt ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe
- lassen es nicht als ausgeschlossen erscheinen, daß erst die
Einbeziehung der Geldstrafen zur Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe
geführt hat, deren Höhe keine Strafaussetzung zur
Bewährung mehr zuließ (vgl. BGH wistra 1994, 61).
Da lediglich ein Wertungsfehler bei der Bildung der Gesamtstrafe in
Rede steht, können die Einzelstrafen und auch die getroffenen
Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen,
die den getroffenen nicht widersprechen, sind zulässig.
Schäfer Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit
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