BGH,
Beschl. v. 11.11.2004 - 5 StR 299/03
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 266 Abs. 1; StPO § 147 Abs. 2, § 344
Abs. 2 Satz 2;
AO § 370 Abs. 1; EStG § 11 Abs. 1 Satz 1; IRG
§ 72
1. Zulässigkeit der Verwertung von Unterlagen, die im Wege der
Rechtshilfe in der Schweiz beschlagnahmt wurden, für
ein Straf-
verfahren wegen Untreue und Steuerhinterziehung.
2. Revisionsrechtliche Beanstandung unterbliebener Beiziehung
von Akten eines weiteren gegen den Angeklagten
geführten Er-
mittlungsverfahrens, deren Einsicht in jenem Verfahren von
der
Staatsanwaltschaft wegen Gefährdung des
Untersuchungszwecks
versagt wird.
3. Ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch dann
vorliegen, wenn der Vermögensbetreuungspflichtige
Provisionen
erhält, die zwar vom Vertragspartner seines
Geschäftsherrn
stammen, aber über den Geschäftsherrn an
einen Dritten aus-
bezahlt und von dort an den Treupflichtigen weitergeleitet
werden
4. Einkommensteuerrechtliche Relevanz eines nicht offengelegten
Treuhandverhältnisses.
BGH, Beschluß vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03
LG Augsburg -
5 StR 299/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 11. November 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2004
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Augsburg vom 23. Juli 2002 gemäß
§ 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufge-
hoben
a) hinsichtlich des Angeklagten M im gesamten
Strafausspruch,
b) hinsichtlich des Angeklagten H , soweit dieser
wegen Steuerhinterziehung für das Jahr 1993 verur-
teilt wurde, sowie im Einzelstrafausspruch bezüglich
der Verurteilung wegen Untreue und im Ausspruch
über die Gesamtstrafe.
Aufrechterhalten bleiben - nach näherer Maßgabe der
Beschlußgründe (B II 2 c, 3) - die Feststellungen
über
die den Angeklagten gewährten tatsächlichen Zuwen-
dungen, mit Ausnahme der Feststellungen im Zusam-
menhang mit den Barabhebungen S s
vom Rubrikkonto „Winter“ im Jahr e 1993.
2. Die weitergehenden Revisionen wer den nach § 349
Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
- 3 -
Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten M wegen Untreue und
Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten H hat es wegen Untreue
und Steuerhinterziehung in zwei Fällen eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und vier Monaten verhängt. Die Rechtsmittel der
Angeklagten haben
jeweils mit der Sachrüge in dem sich aus dem
Beschlußtenor ergebenden
Umfang Erfolg. Im übrigen sind ihre Rechtsmittel
unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
A.
Das Landgericht hat die Verurteilung der Angeklagten darauf ge-
stützt, daß sie als Manager des T -Konzerns aus dem
Verkauf von
Panzern Provisionen erhalten und diese in ihren
Jahressteuererklärungen
verschwiegen haben.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte
M seit Oktober 1988 Mitglied des Geschäftsbereichsvorstands
der
T H (künftig: T -H ) in Kassel und
für den Bereich Wehrtechnik zuständig. Der Angeklagte
H war seit
April 1984 Mitglied des übergeordneten Gesamtvorstands der T I
- 4 -
AG Essen und dort als Arbeitsdirektor tätig; ab
Anfang 1992 war er Vor-
standsvorsitzender von T -H .
Im Vorfeld des Golfkrieges hatte das Königreich Saudi-Arabien
star-
kes Interesse an dem Erwerb von Panzern, die von T -H gelie-
fert werden sollten. Innerhalb des Gesamtkonzerns war der Angeklagte
M für die Vorbereitung des Geschäftsabschlusses
zuständig, der für
den T -Konzern von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war, weil
man sich dadurch auch im Blick auf eventuelle spätere
Verkäufe von Rüs-
tungsgütern in den Nahen Osten Vor teile verspr ach. Am 17.
Januar 1991
kam es zum Abschluß eines Liefer- und Leistungsvertrages
über 36 Panzer-
fahrzeuge Typ Fuchs ( 26 Transport- und 10 Spürpanzer)
zwischen T -
H und dem Ministerium für Verteidigung und Luftfahrt der
Regierung
Saudi-Arabiens zu einem Gesamtpreis von 446 Mio. DM. Für T -
H zeichneten der Angeklagte M und der mittlerweile ver stor-
bene Zeuge B den Vertrag. Die Bundesregierung erteilte kurze
Zeit später die erforderlichen Genehmigungen nach dem
Kriegswaffen-
kontroll- und dem Außenwirtschaftsgesetz. Da T -H die
benötig-
ten Panzer nicht so schnell liefern konnte, wurden diese auf der
Grundlage
eines Sachdarlehens aus Bundeswehrbeständen nach Saudi-Arabien
expor-
tiert.
Als Preis für die Panzer, für die nach dem
Sachdarlehensvertrag le-
diglich ein Wert von etwa 30 Mio. DM veranschlagt war, wurde ein Betrag
von 227 Mio. DM vereinbart. Gleichzeitig veräußerte
T -H ein
sogenanntes „Logistikpaket“. Unter dieser
Bezeichnung verbargen sich fast
ausschließlich Vermittlungsprovisionen, die an verschiedene
Adressaten ge-
zahlt wurden, welche an der Ermöglichung des
Geschäfts mitgewirkt hatten.
Die Umschr eibung wurde auch deshalb gewählt, weil nach
Artikel 13.2 des
Vertrages mit Saudi-Arabien solche Vermittlungsprovisionen verboten
waren;
- 5 -
der Käufer war nach dieser Regelung - sollten dennoch
Provisionen gezahlt
werden - berechtigt, den Kaufpreis um den Provisionsbetrag zu
reduzieren.
Zur Kalkulation der vom „Logistikpaket“
erfaßten Kosten wurden in einem
Projektleitblatt vom Angeklagten M am 12. Dezember 1990 die hier-
für erforderlichen Beträge zusammengestellt. Nach
dieser Aufstellung, die
per Fax auch an den Angeklagten H übermittelt wurde, belief
sich die
Gesamtsumme der zu leistenden Provisionen auf 205 Mio. DM. Bis zum
Abschluß des Vertrages erhöhten sich die in dem
„Logistikpaket“ zusam-
mengefaßten Aufwendungen auf 219 Mio. DM.
Ausweislich einer von T -H erstellten Provisionsliste
aus dem Juli 1991 erhielten einzelne Firmengr uppen, ohne daß
deren Hin-
termänner aufgeklärt wur den, folgende Pr
ovisionszahlungen:
O 67,5 Mio. DM, L 116,5 Mio. DM und G A 8,9 Mio. DM.
Weiterhin vereinnahmten Firmen des anderweitig verfolgten Kaufmanns
S ca. 28 Mio. DM an Provisionszahlungen.
S , ein enger Freund beider Angeklagter, war in die Vermittlung des
Verkaufs der Panzer einbezogen worden, weil er maßgeblich den
Kontakt zu
saudischen Regierungsstellen hatte herstellen können. Er
beherrschte meh-
r ere ausländische Gesellschaften, die lediglich für
die Abwicklung entspre-
chender Provisionsgeschäfte vorgehalten wurden. Zu einer
solchen Gesell-
schaft zählte die A. , eine Tochtergesellschaft der
Liechtensteiner Han-
delsgesellschaft K . Diese wurde als bloße Briefkastenfirma
von
einem Verwaltungsrat geleitet; wirtschaftlich gehörte sie S .
Um im Hinblick auf die Anrechnungsklausel nach Artikel 13.2 des
Liefer- und Leistungsvertrages die Aufdeckung zu erschweren, wurden mit
den Empfängern der Provisionen - zeitlich nach dem
Hauptvertrag mit Sau-
di-Arabien - sogenannte Marketingvertr äge abgeschlossen.
Dabei war nicht
T -H , sondern die T I AG Essen Vertragspartne-
- 6 -
r in. Für diese zeichnend, schloß der Angeklagte H
am 24. Juli 1991
mit der A. einen Marketingvertrag, der den entsprechenden Deckmantel
für den Großteil der S zugedachten
Provisionszahlungen darstellen
sollte. Dabei war den beiden Angeklagten, die maßgeblich in
die Vertrags-
verhandlungen einbezogen waren, nach den Feststellungen des Landge-
r ichts klar, daß ein Teil der an die A. geleisteten
Provisionszahlungen an
sie persönlich zurückfließen sollte.
Die T I AG überwies - jeweils nach Eingang der Zah-
lungen der saudischen Vertragspartner - auf ein für die A.
eingerichtetes
Rubrikkonto des S beim Schweizer Bankenverein in Zürich
zwischen dem 13. August 1991 und Jahr esende 1991 insgesamt
20 Mio. DM, am 1. Dezember 1992 nochmals 3 Mio. DM und am 30. Novem-
ber 1993 1,4 Mio. DM. S hatte dieses Rubrikkonto als Un-
terkonto für sein dort geführtes Konto (PO 47252)
einrichten lassen. Für ein
zweites Konto, das S beim Schweizer Bankenverein unter-
hielt (PO 18679), ließ er weitere Rubrikkonten einrichten,
die er teilweise mit
Decknamen bezeichnete, wie etwa: Mark, Master/Maxwell, Waldherr,
Holgart
oder Britan. Zugunsten des Angeklagten H legte
S im September 1991 das Rubrikkonto „Winter“ an,
zugunsten des
Angeklagten M hatte er bereits im Januar 1991 das Rubrik-
konto „Jürglund“ eingerichtet.
Nach Er halt der ersten Teilzahlung des T -Konzerns in Höhe
von 11 Mio. DM überwies S auf das Rubrikkonto
„Winter“
am 2. September 1991 1,2 Mio. DM, auf das Rubrikkonto
„Jürglund“ am sel-
ben Tag 4,125 Mio. DM. Am 25. Oktober 1991 wies S - nach Erhalt
weiterer 5 Mio. DM - nochmals 2,375 Mio. DM auf das Rubrikkonto
„ Jürglund“ an. Nach einer weiteren
Über weisung des T -Konzerns in
Höhe von 4 Mio. DM erfolgte im Dezember 1991 eine
Überweisung auf das
- 7 -
Konto „ Jürglund“ in Höhe von 2
Mio. DM. Zum 21. Dezember 1992 veranlaß-
te S eine erneute Gutschrift auf das Konto
„Jürglund“ in Höhe
von 1,42 Mio. DM. Am 5. Januar 1993 kam es zu einer weiteren
Überwei-
sung in Höhe von 250.000 DM auf das Konto
„Jürglund“ und am 1. Februar
1993 zu einer Überweisung von 170.000 DM auf das Konto
„Winter“ . Nach
der letzten Zahlung durch den T -Konzern auf das Rubrikkonto A.
überwies S am 10. Dezember 1993 auf das Konto
„Jürglund“
700.000 DM und am 28. Dezember 1993 auf das Konto „Winter
“ 120.000
DM.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte
H noch im Jahre 1991 den auf das Rubrikkonto
„Winter“ überwiese-
nen Provisionsanteil von 1,2 Mio. DM in voller Höhe von S
bar ausgezahlt. Nach Überzeugung des Landgerichts gingen ihm
auch im
Jahr 1993 seine weiteren Provisionsanteile von insgesamt 290.000 DM
nach
zwei Bar abhebungen durch S umfassend persönlich zu.
Der Angeklagte M hatte bis Juli 1991 aus drei Barabhebun-
gen S s vom bereits vor der er sten Provisionsrate des T -
Konzerns an die A. bestehenden Rubrikkonto
„Jürglund“ insgesamt
200.000 DM erhalten, nachdem M schon zuvor an eine andere Firma
S s Provisionszahlungen des T -Konzer ns in Höhe von
über
2 Mio. DM veranlaßt hatte. Danach erhielt M aus weiteren
Barabhe-
bungen S s im Jahre 1991 nochmals 100.000 DM, 1992 115.000 DM
sowie 1994 mehr als 90.000 DM, in diesem Jahr zudem eine vom Rubrikkon-
to „Jürglund“ herrührende
Scheckzahlung über 50.000 SFr. Im Dezember
1992 überwies S von dem Konto einen Betrag von 1,225
Mio. SFr für den Erwerb einer Ferienwohnung in der Schweiz
durch
M , zudem für Einrichtung und Ausbau dieser Wohnung 1993 insge-
samt mehr als 540.000 DM und 1994 insgesamt mehr als 360.000 DM.
- 8 -
Schließlich wendete S dem Angeklagten M aus
dem Guthaben des Kontos im Jahre 1992 über 35.000 DM
für den Sohn des
Angeklagten betreffende Internatskosten in Kanada zu. Insgesamt sind
damit
tatsächliche Zuwendungen an den Angeklagten M vom Rubrikkonto
„ Jürglund“ in einer Gesamthöhe
von deutlich mehr als 2,7 Mio. DM festge-
stellt.
Auf der Basis eines Zuflusses in den Jahren 1991 bis 1993 von
10,875 Mio. DM auf das Konto „Jürglund“
und von 1,49 Mio. DM auf das
Konto „Winter“ lastet das Landgericht den
Angeklagten an, diese ihnen zuzu-
r echnenden Gelder in den Jahressteuererklärungen 1991 bis
1993 ver-
schwiegen zu haben. Dadurch stellt das Landgericht bei dem Angeklagten
M für das Jahr 1991 eine Verkürzung der
Einkommensteuer in Höhe
von 4,5 Mio. DM fest, beim Angeklagten H eine solche in Höhe
von
635.000 DM; im Jahre 1992 verkürzte der Angeklagte M entspre-
chend seine Steuer um 755.000 DM, und für 1993 wurde die
Einkommen-
steuer beim Angeklagten H um 153.000 DM und beim Angeklagten
M um 500.000 DM zu niedrig festgesetzt.
II.
Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten jeweils als ein-
heitliches Vergehen der Untreue im Sinne des § 266 StGB
gewertet. Beide
Angeklagten hätten aufgrund ihrer organschaftlichen oder - wie
der Ange-
klagte M - jedenfalls herausgehobenen Stellung eine Treuepflicht
gegenüber dem Ver mögen des T -Konzerns gehabt. Durch
die spätes-
tens im Dezember 1990 fest vereinbarte Annahme der Gelder sei das Ver-
mögen des T -Konzerns geschmälert worden.
Hätte man innerhalb
des T -Konzerns gewußt, daß die Beträge an
die Angeklagten zurück-
- 9 -
flössen, wären diese Gelder nicht in die
Provisionssummen eingestellt wor-
den.
Zudem lagen nach Auffassung des Landgerichts mehrere
rechtlich
selbständige Steuerhinterziehungen vor. Schon die Gutschrift
auf den Rub-
r ikkonten begründe bei den Angeklagten einen Zufluß
dieses Vermögens-
wertes. Beide Angeklagten hätten - wie ihnen auch
bewußt war - diese ih-
nen zugewandten Gelder in ihren Steuererklärungen offenlegen
müssen, weil
diese Zahlungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22
Nr. 3 EStG gewesen
seien. Durch die unvollständige Er klärung sei es zu
den jeweiligen Steuer-
verkürzungen gekommen.
B.
Die Revisionen haben teilweise Erfolg. Die Begründung, mit der
das
Landgericht den Geldzufluß auf den beiden den Angeklagten
zugerechneten
Rubrikkonten diesen vollständig anlastet, ist
sachlich-rechtlich nicht tragfähig.
Damit hat das Landgericht jeweils einen - bei dem Angeklagten M
beträchtlichen - Teil des Schuldumfangs der Untreue, bei M
auch
der drei Steuerhinterziehungen, nicht ausr eichend belegt; bei dem
Angeklag-
ten H bleibt eine Einkommensteuerhinterziehung für 1993
gänzlich
unbelegt. Dies führt - unter Teilaufhebung der von dem
Rechtsfehler betrof-
fenen Feststellungen - hinsichtlich des Angeklagten M zur Aufhe-
bung des landgerichtlichen Urteils im gesamten Strafausspruch.
Bezüglich
des Angeklagten H sind der Schuldspruch wegen Steuer hinterziehung
im Jahre 1993 und der Einzelstrafausspruch aus der Ver urteilung wegen
Un-
treue sowie die Gesamtstrafe aufzuheben.
I.
- 10 -
Soweit die Revisionen mit Aufklärungsrügen
die Feststellungen des
Landgerichts zum Abfluß von 9 Mio. DM vom Rubrikkonto
„Jürglund“ angrei-
fen, bedarf es, weil die Revisionen insoweit mit der Sachrüge
durchdringen,
keiner Entscheidung über diese nicht weiter gehenden
Verfahrensrügen. Die
übrigen Ver fahrensrügen zeigen keinen Rechtsfehler
auf. Ergänzend zu den
Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem
Verwerfungsantrag ist
folgendes zu erörtern.
1. Ohne Erfolg rügen die Revisionen die Verwertung von
Unterlagen,
die in der Schweiz im Wege der Rechtshilfe beschlagnahmt worden sind.
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Seit
dem Jahre 1995 ermittelte die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen die
Ange-
klagten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Untreue. Im
Rahmen der Ermittlungen, die sich auch gegen S sowie wei-
tere Verdächtige richteten, erwirkte die Staatsanwaltschaft am
24. Mai 1996 Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse der
Ermitt-
lungsrichterin am Amtsgericht Augsburg. Danach wurden die Durchsuchung
der in der Schweiz gelegenen Wohnungen der Angeklagten und von
S sowie die Beschlagnahme von konkret bezeichneten Konten
bei Schweizer Banken angeordnet. Mit Schreiben vom 5. Juni 1996
ersuchte
der Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Augsburg das
hierfür zuständige
Schweizer Bundesamt für Polizeiwesen um Rechtshilfe zum Zwecke
des
Vollzugs der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse. Der
zuständi-
ge Richter am Unter suchungsrichteramt Chur gab am 30. August 1996 hin-
sichtlich der Angeklagten sowie der Mitbeschuldigten S und
P dem Rechtshilfeersuchen statt, hinsichtlich zweier
Mitbeschuldig-
ter wurde die Rechtshilfe abgelehnt. Nach dem Vollzug der
Rechtshilfemaß-
nahmen legten die Angeklagten sowie S Beschwerde ein.
Durch Entscheide der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Grau-
- 11 -
bünden vom 27. August 1997 wurde „auf die
Beschwerden nicht eingetre-
ten“. Maßgeblicher Grund war, daß
über die Zulässigkeit der Rechtshilfe im
Beschwerdeverfahren erst dann befunden werden dürfe, wenn die
Schluß-
verfügung vorliege. Am 2. März 1998 hat der
Untersuchungsrichter in Chur
eine Schlußverfügung erlassen und angeor dnet,
aufgefundenen Schriftwech-
sel aus der Wohnung von S in Pontresina sowie bestimmt
bezeichnete Kontounterlagen an die Staatsanwaltschaft Augsburg zu
über-
mitteln. Im Jahre 1999 wurden weitere Kontounterlagen von
S im Wege der Rechtshilfe beschlagnahmt und der Staatsanwalt-
schaft Augsburg übermittelt. S s Beschwer den blieben im
wesentli-
chen erfolglos.
Das Rechtshilfeverfahren gegen die Angeklagten wurde als erledigt
angesehen, weil die Durchsuchungen im Vollzug der Rechtshilfe bei ihnen
nicht zum Auffinden verfahrensrelevanter Unterlagen geführt
hatten. Da im
Blick auf die Angeklagten - wie das Schweizerische Bundesgericht in
seinem
Urteil vom 13. Januar 1999 (vgl. dort S. 6) ausgeführt hat -
keine Beschlag-
nahme von Schriftstücken aus ihrem Rechtskreis stattgefunden
hätte, seien
die Angeklagten nicht beschwert. Deshalb habe es auch
bezüglich ihrer Per-
son keiner Schlußverfügung im Rechtshilfeverfahren
mehr bedurft.
b) Die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe erlangten Unterlagen
erweist sich hier - in Übereinstimmung mit der Bewertung durch
das Tatge-
r icht und den Generalbundesanwalt - unter maßgeblicher
Berücksichtigung
der im Zusammenhang mit dieser Rechtshilfeangelegenheit in der Schweiz
getroffenen Entscheidungen und von dortigen Behörden erfolgten
Verlautba-
r ungen als zulässig. Entgegen der Auffassung der Revisionen
war die Ver-
wertung der im Wege der Rechtshilfe aus der Schweiz erlangten
Unterlagen
weder unzulässig, noch hätte vorher die Zustimmung
des Schweizer Bun-
desamtes eingeholt werden müssen.
- 12 -
aa) Bei der Prüfung der Rechtshilfe bestimmt sich die Frage
der Zu-
lässigkeit der Verwertung, insbesondere das Er fordernis einer
vorgängigen
Zustimmung durch das Bundesamt allein nach dem von den Schweizer Insti-
tutionen ausgesprochenen Spezialitätsvorbehalt, der die
deutschen Strafver-
folgungsbehörden gemäß § 72 IRG
bindet, ohne daß es auf eine Vereinbar-
keit des Spezialitätsvorbehalts mit dem zugrundeliegenden
Schweizer Recht,
insbesondere mit Art. 67 des Schweizer Bundesgesetzes über
internationale
Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG), unmittelbar ankäme. Da
insoweit jeweils
in Auslegung des Schweizer Rechts der Spezialitätsvorbehalt
für den hier zu
beurteilenden Fall von den zuständigen Schweizer Gerichten und
Behörden
verbindlich festgelegt wurde, bildet der so umrissene
Spezialitätsvorbehalt für
die deutschen Gerichte den ausschließlichen
Prüfungsmaßstab. Ein eigener
Rekurs der deutschen Gerichte auf das zugrundeliegende Schweizer Recht
ist damit unzulässig. Dessen Auslegung ist
ausschließlich den zuständigen
Schweizer Institutionen vorbehalten.
bb) Eine vor gängige Zustimmung des Schweizerischen Bundesam-
tes zur Verwer tung der im Wege der Rechtshilfe übermittelten
Unterlagen
gegen die Angeklagten war hier nicht erforderlich. Dies ergibt sich
schon aus
der Formulierung der Spezialitätsvorbehalte der vom
Schweizerischen Bun-
desgericht bestätigten Entscheidung des Kantonsgerichts
Graubünden vom
24. Juni 1998 (insbesondere S. 24 der Entscheidungsgründe)
sowie - unge-
achtet geringfügiger und hier nicht bedeutsamer Abweichungen
im Wortlaut -
aus dem Schreiben des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 24.
März 1999.
Danach durften die Unterlagen gegen die Angeklagten verwertet werden,
soweit Gegenstand der Aburteilung eine rechtshilfefähige Tat
ist. Beide An-
geklagte war en nämlich in das einheitliche gegen mehrere
Beschuldigte ge-
führte Verfahren einbezogen, und die Schweizer Gerichte haben
gegen bei-
de Angeklagte auch die Rechtshilfe bewilligt (Entscheidung des Untersu-
- 13 -
chungsrichteramts Chur vom 30. August 1996). Eine anderweitige Verwen-
dung der Unterlagen, die allein nach den insoweit ausformulierten
Speziali-
tätsvorbehalten eine Zustimmungspflichtigkeit
ausgelöst hätte, ist ersichtlich
nicht gegeben. Keiner abschließenden Beurteilung bedarf die
Frage, ob eine
solche Zustimmung hier sogar konkludent als erteilt anzusehen
wäre, was
angesichts des er folgten Informationsflusses über die
Verwertung der aus
der Rechtshilfe gewonnenen Erkenntnisse auch gegen die Angeklagten je-
denfalls nicht als fernliegend erschiene.
cc) Hier konnten die Unterlagen sowohl hinsichtlich des Tatkomple-
xes der Untreue als auch in Bezug auf die Steuerhinterziehungen
verwertet
werden.
(1) Der Straftatbestand der Untreue nach § 266 StGB ist
rechtshilfe-
fähig. Er entsprach der zur Tatzeit geltenden Norm der
„ungetreuen Ge-
schäftsführung“ gemäß
Art. 159 des Schweizer Strafgesetzbuches (vgl. Ent-
scheid der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
vom
15. Dezember 1999 auf die Beschwer de des früheren
Mitangeschuldigten
S , S. 16 der Entscheidungsgründe). Da die Untreue
nicht
den Ausschlußklauseln für die Rechtshilfe
(militärische, politische oder fiska-
lische Delikte) unterfällt, konnten die Unterlagen insoweit
auch verwertet
werden.
(2) Gleiches gilt aber auch für die Verurteilungen wegen
Steuerhin-
terziehungen. Zwar zählt die Steuerhinterziehung zu den
sogenannten fiska-
lischen Delikten, die grundsätzlich nicht
rechtshilfefähig sind. Eine Ausnahme
( Ar t. 3 Abs. 3 IRSG) gilt nach dem Spezialitätsvorbehalt
jedoch dann, wenn
sich die Tat als Abgabebetrug gemäß Art. 14 Abs. 2
des Schweizer Bundes-
gesetzes über das Verwaltungsstrafrecht darstellt. Danach ist
ein Abgabebe-
trug - u. a. - gegeben, wenn der Täter durch sein arglistiges
Verhalten be-
- 14 -
wirkt, daß dem Gemeinwesen unrechtmäßig in
einem erheblichen Betrage
eine Leistung vorenthalten wird. Der Täter muß dabei
nicht notwendig unter
Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden handeln. Denkbar
sind auch
andere Fälle der Arglist, soweit der Täter durch
„besondere Machenschaften,
Kniffe“ oder die Schaffung „ ganzer
Lügengebäude“ die Verkürzung
bewirkt
( so das Schr eiben des Bundesamts für Polizei vom 14. April
2000 unter Be-
zug auf die ständige Rechtsprechung des Schweizerischen
Bundesgerichts).
An dem Vorliegen dieser qualifizierten Voraussetzungen kann - ge-
r ade auch unter maßgeblicher Heranziehung der
Rechtsauslegung durch die
Schweizer Gerichte und Behör den - hier nicht gezweifelt
werden. Die Steu-
erverkürzung ist erst dadur ch ermöglicht worden,
daß Provisionsansprüche
ausländischer getarnter Domizilgesellschaften - jedenfalls
wirtschaftlich be-
trachtet - zum Schein begründet wurden. Die
Geldbeträge, die den Ange-
klagten zufließen sollten, wurden zunächst auf
gezielt getarnte Konten trans-
feriert. Die Angeklagten erlangten durch Barauszahlungen oder den
verdeck-
ten Kauf einer Wohnung einen steuerlich nur schwer nachvollziehbaren
Ver-
mögenszufluß im Ausland. Jedenfalls in der
Gesamtschau ist das Verhalten
der Angeklagten jeweils als betrügerische Machenschaft - mit
dem erreich-
ten Ziel der Steuerhinterziehung in beträchtlichem Umfang - zu
werten.
Dementsprechend hat auch das Schweizerische Bundesgericht in seinem
Urteil vom 13. Januar 1999 hinsichtlich des Verhaltens von
S einen Tatver dacht für das Vorliegen eines Abgabebetr ugs
bejaht.
Das Vorgehen der Angeklagten, denen das Verhalten von S
, das sie weitgehend zu ihren Gunsten ausnutzten, bekannt war
und die
ihrerseits die Gelder über S als eine noch
zusätzliche
Schaltstelle erlangt haben, kann deshalb nicht ander s beurteilt
werden.
2. Die Beanstandungen der Angeklagten, sie seien in einem
wesent-
lichen Punkt in ihrer Verteidigung beschränkt worden
(§ 338 Nr. 8 StPO), weil
- 15 -
ihnen die Einsichtnahme in die Akten eines Parallelverfahr ens versagt
und
die Beweisaufnahme ohne Rücksicht auf ihre mangelnde Kenntnis
hiervon
durchgeführt und abgeschlossen worden sei, greifen nicht
durch.
a) Gegen leitende Manager des T -Konzerns - unter anderem
auch gegen die Angeklagten H und M - führt die Staatsan-
waltschaft Düsseldorf ein Ermittlungsverfahren wegen des
Verdachts der
Körperschaftsteuerhinterziehung. Gegenstand dieses Verfahrens
ist der
Vorwurf, daß für den Verkauf der Panzer gezahlte
Provisionen zwar als so-
genannte nützliche Aufwendungen von der Finanzverwaltung als
steuerlich
abzugsfähig anerkannt wur den, sie tatsächlich jedoch
auf Schwarzgeldkon-
ten vom T -Konzern „geparkt“ worden sein sollen.
Das Landgericht hatte die Beiziehung dieser Akten zunächst
ange-
ordnet. Die zuständige Staatsanwaltschaft Düsseldorf,
die festgestellt hatte,
daß die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren, war dann
zwar bereit,
dem Landgericht die Akten zu übersenden, aber nur unter der
Auflage, die
Akten mit Rücksicht auf eine angenommene Gefähr dung
des Untersu-
chungszwecks (§ 147 Abs. 2 StPO) nicht den Verteidigern der
Angeklagten
zur Verfügung zu stellen. Daraufhin hat das Landgericht von
einer Beizie-
hung der Akten abgesehen.
b) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen wollen, bereits
mit
der Anordnung der Aktenbeiziehung seien die Akten des anderen Ermitt-
lungsverfahrens zu Beiakten geworden, deren uneingeschränkte
Einsicht
den Verteidigern nach § 147 Abs. 1 StPO zu gewähren
gewesen wäre, trifft
dies nicht zu. Der Anspruch auf Akteneinsicht bezieht sich nur auf die
dem
Gericht tatsächlich vorliegenden Akten (BGHSt 30, 131, 138;
42, 71; BGH
NStZ 1999, 371). Insoweit ist der Akteneinsichtsanspruch freilich
uneinge-
schränkt und auch nicht etwa im Wege eines „in
camera“-Verfahrens be-
schränkbar (vgl. BGHR StPO § 96
Sperrerklärung 5; BGH NStZ 1998, 97).
- 16 -
Hier hat die Strafkammer hingegen von einer Beiziehung der Akten in min-
destens schlüssiger Korrektur ihrer ursprünglich
abweichenden Beiziehungs-
entscheidung abgesehen. Mit der Revision kann danach lediglich zur Pr
üfung
gestellt werden, ob die Strafkammer - nach Maßgabe der
gerichtlichen Auf-
klärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) oder zur Wahr ung
effektiver Verteidi-
gung - zur unterbliebenen Aktenbeiziehung und zur damit einhergehenden
anschließenden Gewährung von Akteneinsicht
verpflichtet war.
aa) Insoweit bestehen durchgreifende Bedenken gegen die ausrei-
chende Begr ündung der Verfahrensrügen (§
344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Für
die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die
Entscheidung wesentli-
chen Punkt beschränkt worden, genügt nicht,
daß die Beschränkung nur ge-
nerell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu
beeinflussen.
Vielmehr ist § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die
Möglichkeit eines
kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem
Urteil
konkret besteht (BGHR StPO § 338 Nr. 8 Beschränkung 6
m. w. N.). Dies hat
auch Auswirkungen auf die Vortragspflicht, weil die Revision dartun
muß,
welcher konkrete Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfah-
r ensfehler und einem für die Entscheidung bedeutsamen Punkt
besteht. Da-
mit korrespondiert das Erfor dernis möglichst konkreten
Vortrages bei einer
Rüge wegen unterlassener Beiziehung von Akten unter dem Aspekt
der Ver-
letzung der Aufklärungspflicht (vgl. BGHSt 30, 131, 136 ff.;
BVerfGE 63, 45,
69 ff.).
Bedenken bestehen hier schon insoweit, als die Revisionen eine hin-
r eichende Dokumentation vermissen lassen, inwieweit ihnen im Laufe des
Verfahrens Einsicht in die begehrten Akten zuteil geworden ist -
namentlich
hat das Landgericht im Laufe der Hauptverhandlung bestimmte Teile aus
den
fraglichen Akten auf besonderen Wunsch der Verteidigung doch noch
erfolg-
r eich angefordert - und welche konkreten Hinweise sich aus den
vorhande-
- 17 -
nen Akten oder dem Ablauf der Beweisaufnahme auf für die
Verteidigung
wesentliches vorenthaltenes Aktenmaterial geboten haben (vgl. BGH
wistra
2004, 63). Im übrigen wird das Erfordernis der konkreten
Bezeichnung we-
sentlichen vorenthaltenen Aktenmaterials dem Verteidiger nicht ohne
weite-
r es möglich sein, wenn ihm die Akten, in die er Einsicht
nehmen will, ver-
schlossen geblieben sind. Er muß jedoch zumindest dann,
sobald er Akten-
einsicht erlangt hat, ein entsprechendes konkretes Ergebnis
für den Fall vor-
heriger vollständiger Akteneinsicht vortragen (vgl. auch BGH
NStZ-RR 2004,
50). Dies bedeutet, daß er sich grundsätzlich -
jedenfalls bis zum Ablauf der
Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge - weiter um die bislang
versagte Ak-
teneinsicht bemühen und die entsprechenden Anstrengungen
gegenüber
dem Revisionsgericht auch dar tun muß (vgl. auch BVerfGE 63,
45, 66 f.,
70 ff.).
Hieran fehlt es in beiden Revisionsbegründungen. In der
Revisions-
begründung des Angeklagten M werden im wesentlichen lediglich
auf theoretischer Grundlage Schlüsse auf einen
möglicherweise relevanten
Inhalt der vorenthaltenen Akten gezogen. Die Revision des Angeklagten
H weist zwar tatsächlich auf ein konkretes Ergebnis aus einer
seiner
Verteidigung vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist noch
gewährten Ein-
sicht in jene Akten hin. Dieser Vortrag ist indes offensichtlich
unvollständig,
da er sich auf ganz begrenzte Auszüge aus einer dort
dokumentierten frühe-
r en Zeugenaussage beschr änkt, ohne jene Erkenntnisse, wie es
zur Beurtei-
lung der tatsächlichen Relevanz unerläßlich
gewesen wäre, vollständig dar-
zulegen.
bb) Im übrigen wäre aber auch ein Erfolg der
Rügen in der Sache
höchst zweifelhaft.
- 18 -
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf,
die Aktenein-
sicht nach § 147 Abs. 2 StPO bis zum Abschluß der
Ermittlungen zu versa-
gen, entfaltet auch für das hiesige Verfahren Bindungswir
kung. Schon daher
kam eine Beschlagnahme dieser Ermittlungsakten durch das erkennende
Gericht nicht in Betracht, deren Zulässigkeit bei
Behördenakten, namentlich
aber bei anderen Str afakten ohnehin grundsätzlich zweifelhaft
erscheint (vgl.
G. Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl.
§ 96 Rdn. 8). Entgegen der
Auffassung der Revisionen hätte das Landgericht nicht bei der
obersten
Dienstbehörde um eine Freigabe der Ermittlungsakte
gemäß § 96 StPO
nachsuchen müssen. Jedenfalls in dem vorliegenden Sonder fall,
in dem sich
staatsanwaltschaftliche Er mittlungsakten auf ein laufendes
Ermittlungsver-
fahren beziehen, in dem Beschuldigtenidentität besteht, ist
die Regelung des
§ 147 Abs. 2 StPO - wie das Landgericht zutr effend
ausgeführt hat - lex
specialis gegenüber den allgemeinen Herausgabe- und
Beschlagnahme-
grundsätzen (vgl. zudem § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Während des Laufs der Ermittlungen kann letztlich nur die
ermitt-
lungsführende Staatsanwaltschaft entscheiden, wann die Er
mittlungen abge-
schlossen sind und der Untersuchungszweck nicht mehr gefähr
det ist. Eine
solche Beurteilung hat allein aus dem Gesamtzusammenhang des Ermitt-
lungsverfahrens zu erfolgen. Dabei begründet die Regelung des
§ 147 Abs. 2
StPO nur ein zeitweiliges Hindernis für die Akteneinsicht des
Verteidigers.
Der Beschuldigte soll erst dann uneingeschränkt Akteneinsicht
verlangen
dürfen, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Allein der
Umstand, daß
der Beschuldigte in einem anderen Verfahren bereits angeklagt ist,
rechtfer-
tigt nicht, ihm unter Gefährdung des Untersuchungszwecks in
diesem Ver-
fahren Akteneinsicht zu gewähren. Dies gilt auch, wenn
zwischen den beiden
Verfahren ein Zusammenhang besteht. Die Entscheidung, ob zugunsten des
Angeklagten eine Gefährdung des Untersuchungszwecks in dem
noch bei
der Staatsanwaltschaft anhängigen Ermittlungsverfahr en in
Kauf genommen
- 19 -
werden kann, muß der ermittlungsführenden
Staatsanwaltschaft nach § 147
Abs. 2 StPO vorbehalten bleiben und kann grundsätzlich nur von
ihr getrof-
fen werden, weil allein sie aufgrund ihrer Verfahrenskenntnis
potentielle Be-
einträchtigungen des Untersuchungszwecks abschätzen
kann (vgl. auch
§ 478 Abs. 1 Satz 1 StPO). Eine Sachver haltskonstellation,
wie sie der - eine
staatspolitische Abwägung erlaubenden - Vorschrift des
§ 96 StPO zugrunde
liegt, wonach bestimmte Beweismittel aus übergeordnetem
staatlichen Inte-
r esse für die Verwertung im Strafprozeß gesperr t
werden sollen, beurteilt
sich demgegenüber nach ander en allgemeineren
Abwägungskriterien. Einen
interjustiziellen Konflikt wie im vorliegenden Spezialfall
erfaßt die Vorschrift
- da hierfür eine ausreichend sachgerechte spezielle Regelung
zur Verfü-
gung steht - nicht.
Freilich wird die Staatsanwaltschaft bei ihrer nicht delegierbaren Ent-
scheidung die Verteidigungsinteressen des Beschuldigten als Angeklagten
des Parallelverfahrens, für das sein Verteidiger Akteneinsicht
begehrt, zu
beachten haben. Gegebenenfalls wird sie die
Geheimhaltungsbedürfnisse im
Rahmen des Ermittlungsfortgangs im Sinne einer -
möglicherweise auch
eingeschränkt zu gewährenden - Akteneinsicht (bzw.
Aktenherausgabe an
das Gericht der laufenden Hauptverhandlung mit der Konsequenz dort zu
gewährender Akteneinsicht) ganz oder teilweise
zurückzustellen, widrigen-
falls die gebotene Geheimhaltung, die nicht etwa der Regelfall in nicht
abge-
schlossenen Ermittlungsver fahren ist, auch näher zu
begründen haben. Der
Senat hielte es zudem für erwägenswert, die Versagung
der Akteneinsicht
durch die Staatsanwaltschaft in dem vor liegenden ganz speziell und
außer-
gewöhnlich gelagerten Fall in erweiterter Auslegung des
§ 147 Abs. 5 Satz 2
StPO (bzw. nach § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO; vgl. auch §
406e Abs. 4 Satz 2
StPO) oder gemäß § 23 EGGVG (vgl. BGHSt 46,
261; BVerfGE 63, 45, 66)
sofortiger gerichtlicher Überprüfbarkeit zu
unterwerfen.
- 20 -
Das die Hauptverhandlung im Parallelverfahren
durchführende Ge-
r icht wird seiner seits je nach der Nähe des Sachbezugs und
nach der Er-
sichtlichkeit der Relevanz der Geheimhaltung der Ermittlungsakten deren
Freigabe weiter zu er streben haben. Maßstab für das
Gericht ist dabei die
gerichtliche Aufklärungspflicht und das eine effektive
Verteidigung erfordern-
de Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren. Dessen Bedeutung und
die Anliegen der Wahrheitsermittlung auch in anderen Strafverfahr en
sind
ihrerseits Richtschnur für die Entscheidung der
aktenführenden Staatsan-
waltschaft in dem par allelen Ermittlungsverfahren. Die Revisionen
haben
nicht verschwiegen, daß es - ersichtlich aus derartigen
Erwägungen - auch
im vorliegenden Verfahren während des Laufs der
Hauptverhandlung zur
Freigabe von besonders begehrten Teilen aus den geheimgehaltenen ande-
r en Ermittlungsakten gekommen ist.
Es mag zudem Einzelfälle geben, in denen der Grundsatz des
fairen
Verfahrens ausnahmsweise eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Freiga-
be der geheimgehaltenen Ermittlungsakten gebieten kann.
Umstände, die
das Landgericht zu einem solchen Vor gehen hätten anhalten
können, sind
hier nicht ersichtlich und auch nicht dargetan. Für eine
offensichtlich fehler-
hafte Annahme einer Gefährdung des Untersuchungszwecks in dem
Ermitt-
lungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und eine
unvertretbare
Hinnahme der darauf gegründeten Akteneinsichtsversagung dur ch
das
Landgericht fehlen ausreichende Anhaltspunkte.
Allgemein nimmt die Strafprozeßordnung abstrakt hin,
daß die
Wahrheitsermittlung durch die Anhängigkeit anderer Verfahr en
beeinträchtigt
werden kann ( z. B. durch die Gewährung eines
Auskunftsverweigerungs-
r echts nach § 55 StPO). Die Gefahr, möglicherweise
nicht alle Tatsachen
oder Beweismittel in den Strafprozeß einbeziehen zu
können, wir d ganz we-
sentlich durch die Regelungen über die Wiederaufnahme
ausgeglichen. Sol-
- 21 -
che, sich aus dem zum Zeitpunkt des Urteilserlasses noch im Ermittlungs-
stadium befindlichen Verfahren ergebenden Tatsachen und Beweismittel
sind regelmäßig neu im Sinne des § 359 Nr.
5 StPO und rechtfertigen, soweit
sie erheblich sind, die Wiederaufnahme des Verfahrens.
3. Zu den weiteren Verfahrensrügen beschränkt sich
der Senat auf
folgende Hinweise.
a) Die auf Verletzung der Vorschriften über die
Gewährung des letz-
ten Wortes gestützten Verfahrensrügen scheitern -
unabhängig von BGHR
StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 14 - daran, daß
sich mit dem Generalbun-
desanwalt sicher ausschließen läßt,
daß das Urteil auf dem geltend gemach-
ten Verstoß beruhen kann. Irgendwelche Anhaltspunkte,
daß die Angeklag-
ten, die sich in der mehr als acht Monate andauernden Hauptverhandlung
-
auch bei früherer Erteilung des letzten Wortes - nur
schweigend verteidigt
haben, ihr Schweigen bei erneuter Erteilung des letzten Wortes nach der
Stellung weiterer Hilfsbeweisanträge gebrochen und ur
teilsrelevante Bekun-
dungen gemacht hätten, sind weder dargetan noch er sichtlich.
Auf aus-
schließlich theoretisch-abstrakte Möglichkeiten
muß sich das Revisionsge-
r icht auch bei diesem relativen Revisionsgrund - ungeachtet seiner
Bedeu-
tung - nicht verweisen lassen.
b) Daß der in Kanada gegen seine Auslieferung
kämpfende frühere
Mitangeschuldigte und Zeuge S ungeachtet einer einem Ver-
teidiger erteilten Zustellungsvollmacht ein Zeuge ist, dessen Ladung im
Sin-
ne des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO im Ausland zu bewirken
wäre - so daß
nach dieser Vorschrift ein gegenüber § 244 Abs. 3
Satz 2 StPO erweiterter
Eignungsmaßstab Anwendung finden kann -, steht nach dem mit
dem Wort-
laut („bewirken“) im Einklang stehenden Sinn der
Sondervorschrift außer Fra-
ge.
- 22 -
c) Im Rahmen der Entscheidung nach § 244 Abs. 5 Satz
2 StPO
über den Hilfsbeweisantrag auf Ver nehmung des Zeugen J durfte
das
Landgericht ergänzend auch auf den späten Zeitpunkt
der Beweisantr agstel-
lung Bedacht nehmen.
II.
Mit ihren Sachrügen haben die Angeklagten teilweise Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß geht das Landgericht allerdings davon
aus,
daß sich die Angeklagten jeweils der Untreue
gemäß § 266 StGB strafbar
gemacht haben (vgl. jedoch zum Schuldumfang unten 3).
a) Mit der Ver einnahmung der „Kick-back“-Zahlungen
haben die An-
geklagten die gegenüber ihrem Dienstherrn bestehende
Vermögensbetreu-
ungspflicht verletzt und ihrem Dienstherrn einen Nachteil im Sinne des
§ 266
StGB zugefügt.
aa) Allerdings kann - und insoweit sind die Urteilsgründe
miß-
verständlich - der Nachteil noch nicht darin gesehen werden,
daß die Ange-
klagten die später an sie zurückfließenden
Gelder vorher in die Provisions-
summen eingestellt haben. Die Provisionen, die vom T -Konzern ge-
zahlt werden sollten, wurden nämlich in einer Provisionsliste
zusammenge-
faßt, die dann die Grundlage für den Preis des an
die saudische Regierung
verkauften „Logistikpakets“ bildete. Insoweit waren
aber die einzelnen zu
zahlenden Provisionen lediglich eine interne Kalkulationsgrundlage
für den
festzulegenden Preis des „Logistikpakets“. Allein
hierdur ch ist dem Dienst-
herrn der Angeklagten kein unmittelbarer Nachteil entstanden, weil die
Gel-
der für die zu zahlenden Pr ovisionen von dem saudischen
Vertragspartner
getragen wurden. Hätten die an die Angeklagten
zurückgeflossenen Gelder
schon hier bei keine Ber ücksichtigung gefunden,
hätte sich dadurch nur der
- 23 -
Preis des „Logistikpakets“ reduziert; der Gewinn
für den T -Konzern
wäre hingegen unverändert geblieben.
(1) Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Re-
gel einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB bei Provisions-
oder Schmier-
geldzahlungen angenommen (vgl. BGHSt 47, 295, 299; BGHR StGB §
266
Abs. 1 Nachteil 49; vgl. zur identischen Problematik beim
Ausschreibungsbe-
trug auch BGHSt 47, 83, 89). Dieser Rechtsprechung liegt die
Erwägung
zugrunde, daß jedenfalls mindestens der Betrag, den der
Vertragspartner für
Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses - oder
eines
Preisaufschlages in der vorliegenden Fallkonstellation - dem
Geschäftsherrn
des Empfängers hätte gewährt werden
können (vgl. Raum in Wab-
nitz/Janovski, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstr afrechts, 2.
Aufl.
S. 304 m. w. N.). Der Gr undsatz gilt jedoch nicht uneingeschr
änkt. Nicht jede
Schmiergeldzahlung muß sich zwangsläufig bei dem
Geschäftsherrn des
Empfängers als Schaden auswirken. Eine Ausnahme gilt
insbesondere dann,
wenn Umstände erkennbar sind, die es nicht unbedingt
nahelegen, daß die
Leistungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn
eingestellt wur-
den (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; BGH NStZ 1995,
233, 234).
(2) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Das
„Logistikpaket“, das
einen in sich abgeschlossenen Teil der Preisvereinbar ung betraf,
sollte na-
hezu ausschließlich die aufzuwendenden Provisionszahlungen
abdecken.
Trotz einer Vertragsgestaltung, durch die Provisionszahlungen nach
außen
hin verdeckt wurden, liegt hier tatsächlich nahe,
daß an einer solchen Preis-
gestaltung insbesondere auch die für die Käuferseite
handelnden Personen
ein erhebliches Interesse hatten. Eine gewollte Aufspaltung bei der
Preisfest-
legung in einerseits den eigentlichen Verkauf und ander erseits das
sich aus
Provisionen zusammensetzende „Logistikpaket“ legt
nahe, daß eine Redu-
- 24 -
zierung des Aufwands für das
„Logistikpaket“ nicht zwangsläufig zu
einer
Erhöhung des Verkaufspreises der Panzer geführt
hätte.
bb) Eine Untreuehandlung der Angeklagten liegt aber jedenfalls dar-
in, daß mit ihrer Kenntnis und Billigung die an den T
-Konzern gezahl-
ten Gelder an die von S beherrschte Firma A. weiter-
gereicht wurden, soweit die Angeklagten hieraus zeitnah Zahlungen
erlang-
ten. Insoweit hat eine Vermögenseinbuße auf Seiten
des T -Konzerns
stattgefunden, die einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB
darstellt.
(1) Die Annahme eines Nachteils ist hier auch nicht deshalb ausge-
schlossen, weil der T - Konzern mit der Zahlung eine entsprechende
Verbindlichkeit gegenüber der A. zum Erlöschen
bringt. Zwar ist aner-
kannt, daß ein Nachteil dann entfällt, wenn das zu
betreuende Vermögen von
einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe befr eit wird (BGHR
StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 55), weil in diesem Falle zugleich ein den Verlust
aufwiegender
Vermögenszuwachs begründet wir d (BGHSt 15, 342, 343
f.; BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Nachteil 14). Selbst wenn im vorliegenden Fall
aufgrund des
Marketingvertrages eine vertragliche Verpflichtung des T -Konzerns
gegenüber der von S beherrschten A. bestanden ha-
ben sollte, wäre eine entsprechende Vereinbar ung jedenfalls
teilweise nichtig
( § 139 BGB), soweit sie Gelder umfaßte, die an die
Angeklagten weitergege-
ben wer den sollten. Eine solche Vereinbarung würde
nämlich nach ihrem
wirtschaftlichen Sinngehalt bedeuten, daß die Angeklagten aus
ihrer Tätigkeit
für ihren Dienstherrn zu Lasten des Vermögens des T
-Konzerns wei-
tere Vergütungen erhielten. Dies widerspricht den Regelungen
des Aktienge-
setzes, das die Bestimmung der Vergütung der
Vorstandsmitglieder dem
Aufsichtsrat überträgt (§§ 84, 87,
112 AktG). Diese zwingenden gesetzlichen
Regelungen, die eine ausschließliche Personalkompetenz des
Aufsichtsrats
festlegen (Hüffer, AktG 4. Aufl. § 84 Rdn. 1), dienen
dem Schutz der Gesell-
- 25 -
schaft und sind insoweit auch Verbotsgesetze im Sinne des §
134 BGB. Um-
geht das einzelne Vorstandsmitglied diese zwingenden Regelungen zur Be-
stimmung seiner Vergütung durch eine - hier gegebene -
„ Kick-back“-
Abrede, dann verstößt die Vereinbarung, nach der die
„Kick-back“-Zahlung
geleistet wer den soll, gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des
§ 134
BGB.
Das Landgericht läßt in den Urteilsgründen
letztlich offen, ob der An-
geklagte M als Bereichsvorstand eine organschaftliche Stellung in-
nehatte oder lediglich ein herausgehobener leitender Angestellter war.
Für
die hier zu entscheidende Frage kann dies ebenfalls offenbleiben, weil
es
auch dem Arbeitnehmer verwehrt ist, seinen Arbeitslohn durch den
Abschluß
entsprechender „Kick-back“-Vereinbarungen zu Lasten
seines Arbeitgebers
in zudem verdeckter Weise zu erhöhen.
(2) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind die Provisionszah-
lungen, die vom T -Konzern aus dem „Logistikpaket“
geleistet wurden,
nicht lediglich durchlaufende Posten. Vielmehr liegen ungeachtet des
kalku-
latorischen Zusammenhangs jeweils unterschiedliche
Vertragsverhältnisse
zugrunde, die auch rechtlich unterschiedlich zu beurteilen waren. Das
„Logis-
tikpaket“ war Bestandteil des Leistungs- und
Lieferungsvertrages, aus dem T
- H als Vertragspartner grundsätzlich der Gesamtkaufpreis
zustand.
Mit dem Zufluß des Gesamtkaufpreises ist deshalb bei T -H
eine
Vermögensmehrung eingetreten. Inwieweit der T -Konzern aus
seinem
Vermögen dann verpflichtet war, aufgrund der Mar ketingver
einbarung mit A.
an diese zu leisten, ist davon unabhängig auf der Grundlage
dieses Ver-
tragsverhältnisses zu prüfen und aus den vorgenannten
Gründen insoweit zu
verneinen, als die Gelder „Kick-back“-Zahlungen
zugunsten der Angeklagten
sein sollten. Insoweit ist auch die Frage, ob die Provisionszahlungen
direkt
über die saudische Regierung als Käuferin oder
über T -H als
- 26 -
Verkäuferin abgewickelt wurden, nicht lediglich eine Frage der
technischen
Ausgestaltung der Erfüllung der Provisionsversprechen.
Vielmehr liegt der
Unterschied in dem jeweils andersartigen vertraglichen Konstrukt, das
auch
den Bezugspunkt für die strafrechtliche Prüfung
bilden muß.
(3) Das gefundene Ergebnis kollidiert nicht mit der ständigen
Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Nichtabführung
von emp-
fangenen Schmiergeldern oder Provisionen als solche nicht dem
Untreuetat-
bestand des § 266 StGB unterfällt. In den von den
Revisionen herangezoge-
nen Entscheidungen führt der Bundesgerichtshof lediglich aus,
daß die nach
§ 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 i.V.m. § 667 BGB
bestehende zivilrechtliche
Pflicht des Schmiergeldempfängers zur Herausgabe der
empfangenen Lei-
stungen an seinen Geschäftsherrn keine
Vermögensbetreuungspflicht im
Sinne des § 266 StGB begründet (BGHSt 47, 295, 298;
BGHR StGB § 266
Abs. 1 Nachteil 49; jeweils m. w. N.). Dies schließt aber
nicht aus, daß eine
Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht von dem
Schmiergeldempfänger
durch eine andere Handlung bewirkt wird. Daß die Angeklagten
aufgrund
ihrer herausgehobenen Positionen eine
Vermögensbetreuungspflicht zu-
gunsten des Vermögens des T -Konzer ns hatten, unterliegt
keinen
Zweifeln. Diese Pflicht haben sie verletzt, indem sie mit S
aus den versprochenen Provisionen
„Kick-back“-Zahlungen vereinbarten und
an dessen Firmen die Zahlung aus dem Vermögen des T -Konzerns
veranlaßten. Diesen mehr aktigen Geschehensablauf setzten die
Angeklag-
ten in Gang, um sich letztlich aus dem Vermögen des T
-Konzerns in
Form der „Kick-back“-Zahlungen zu bereichern.
b) Die Beweiswür digung des Landgerichts ist aus
Rechtsgründen
gleichfalls nicht zu beanstanden, jedenfalls soweit nur die
Schuldsprüche
wegen Untreue betroffen sind. Das Landgericht hat aus einer Vielzahl
von
Indizien rechtsfehlerfrei geschlossen, daß die Angeklagten
mit
- 27 -
S übereingekommen waren, einen Teil der an A. gezahlten Pro-
visionen an sie zurückfließen zu lassen.
Hinsichtlich des Angeklagten M hat sich das Landgericht auf
dessen maßgeblichen Einfluß bei der Aushandlung des
Gesamtvertragspa-
kets gestützt, was auch die Festlegung der im einzelnen zu
zahlenden Provi-
sionen umfaßte. Schon diese Einwirkungsmöglichkeit
legt nahe, daß der An-
geklagte M bereits bei der Bemessung der S zu-
gestandenen Provision eine später an ihn zu leistende
„Kick-back“-Zahlung
mitberücksichtigt hat, zumal zwischen dem Angeklagten M und
S ein - durch die persönliche Korrespondenz belegtes
-
freundschaftliches Verhältnis bestand. Soweit das Landgericht
auf das Rub-
r ikkonto „Jürglund“ eingezahlte Gelder
dem Angeklagten M zurechnet,
stützt es sich gleichfalls grundsätzlich auf eine
ausreichende Tatsachen-
grundlage. Neben der offensichtlichen Anlehnung der Kontenbezeichnung
an
den Vornamen des Angeklagten M sind hier noch die teilweise syn-
onyme Verwendung der Namen „Jü “ und
„Jürglund“ im Kalender von
S aussagekräftig sowie der Umstand, daß
sich hiernach in
vertretbarer, naheliegender Auslegung einzelner Kalendereintragungen in
Telefonaten mit „J “ ausgehandelte Summen kurze
Zeit später in Bezie-
hung zur Bezeichnung „Jürglund“
wiederfinden. Hinzu kommt der nahe zeitli-
che Zusammenhang zwischen den Überweisungen des T -Konzerns
an A. und den Einzahlungen auf den Rubrikkonten „
Jürglund“ und „Win-
ter“. Einen Barzufluß eines Teils der Gelder an den
Angeklagten M
folgert das Landgericht aus der auffallenden zeitlichen Koinzidenz von
Bar-
abhebungen und belegten Treffen zwischen S und dem
Angeklagten M .
Hinsichtlich des Angeklagten H schließt das Landgericht
r echtsfehlerfrei dessen Einbeziehung in die
„Kick-back“ -Vereinbarung aus
seiner - wiederum auf die per sönliche Korrespondenz
gestützten - freund-
- 28 -
schaftlichen Beziehung zu S . Er war auch frühzeitig in die
Provisionsverhandlungen eingeweiht. Dies hat das Landgericht - entgegen
der Auffassung der Revision - rechtsfehlerfrei nicht allein aus der
Zusendung
des Projektleitblatts per Telefax geschlossen, sonder n hat es auch aus
wei-
tergehenden Überlegungen und Beweiserhebungen, namentlich der
Aussage
des Zeugen Kl hergeleitet. Zumal da der Angeklagte H nach
den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des
Landgerichts
schon einmal anläßlich eines anderen
Geschäfts von S ei-
ne Provisionszahlung in Höhe von 500.000 Kanada-Dollar
erhalten hatte,
konnte das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, daß
der Angeklagte
H in die Vereinbarungen mit S über die Höhe der
Provision an A. - und den an ihn hieraus
zurückzuführenden Anteil -
einbezogen war, obwohl das Panzer geschäft seinen
unmittelbaren Ge-
schäftsbereich nicht betraf. Ebenso wie bei dem Angeklagten M
konnte sich das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung
auch auf die
Kalendereintragungen S s und auf die Duplizität der Rub-
r ikkontenbezeichnungen stützen, die auch beim Angeklagten H
mit
der Benennung „Winter“ in Anlehnung an seinen
Vornamen „W “ er-
folgte. Gleiches gilt für die vom Landger icht angenommene
Geldübergabe
am 6. November 1991 in Zürich, die durch Bank- und
Reiseunterlagen so-
wohl von S als auch vom Angeklagten H rechtsfehler-
frei belegt ist.
2. Die Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung begegnen auf-
grund des vom Landgericht gewählten
Begründungsansatzes dur chgreifen-
den Bedenken, weil das Landgericht den Zeitpunkt des Zuflusses im Sinne
des § 11 Abs. 1 EStG für die den Angeklagten
zugewandten Ver mögenswer-
te nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.
- 29 -
a) Zutreffend ist zwar der Ansatz des Landgerichts,
daß die den An-
geklagten zugewendeten „Kick-Back“ -Zahlungen als
sonstige Einkünfte ge-
mäß § 22 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer
unterliegen. Nach der Recht-
sprechung des Bundesfinanzhofs sind Bestechungsgelder, die einem Arbeit-
nehmer von Dritten gezahlt werden, sonstige Einkünfte im Sinne
von § 22
Nr. 3 EStG (BFH BStBl II 2000, 396 ff. m. w. N.; BFH/NV 2001, 25 f.);
dem-
entsprechend hat auch der Bundesgerichtshof für Schmier
geldzahlungen
oder Bestechungsgelder angenommen, daß sie der Besteuer ung
unterliegen
( vgl. zuletzt BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4 m. w. N.). Für solche
Provisionszahlungen, die nachträglich als
„Kick-back“-Zahlungen an die
Empfänger geleistet werden, gilt nichts anderes.
Entgegen der Auffassung der Revisionen ist insoweit auch das erfor-
derliche Gegenseitigkeitsverhältnis gegeben. Die Leistung des
Empfänger s
besteht zum einen darin, daß er den
Geschäftsabschluß - mithin also den
Erhalt von 28 Mio. DM Provisionsleistungen für S -
ermög-
licht hat. Zum anderen erfolgten die
„Kick-back“-Zahlungen ersichtlich in der
begründeten Erwartung, den Empfänger der Gelder auch
im Blick auf zukünf-
tige Geschäftsabschlüsse für sich zu
verpflichten.
Die Angeklagten waren auch verpflichtet, die ihnen als „
Kick-back“-
Zahlungen zugeflossenen Vermögenswerte der
Finanzbehörde zu er klären.
Dies folgt aus der ihnen obliegenden Pflicht zur Offenlegung der
für die Be-
steuerung erheblichen Tatsachen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO). Dem
steht nicht
entgegen, daß die Angeklagten mit der
wahrheitsgemäßen Angabe dieser
Einkünfte zugleich die Begehung eigener Straftaten aufdecken
müßten. Der
Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob die Angeklagten durch das in
§ 30
AO niedergelegte Steuergeheimnis vor der Weitergabe entsprechender In-
formationen durch die Finanzbehörde an die
Strafverfolgungsbehörden ge-
schützt wären oder ob der Ausnahmetatbestand des
§ 30 Abs. 4 Nr. 5 lit. b
- 30 -
AO hier eine Weitergabe der Informationen ermöglichen
würde. Selbst wenn
nämlich ein entsprechender Schutz durch das Steuergeheimnis
nicht be-
stünde, würde dem Steuerpflichtigen - freilich
gegebenenfalls mit einem
niedrigeren Konkretisierungsgrad - zugemutet, die Einkünfte zu
offenbaren
( BGHR aaO).
b) Nicht gefolgt werden kann allerdings dem Landgericht, soweit es
die auf den Rubrikkonten „Jür glund“ und
„Winter“ eingezahlten Gelder den
Angeklagten als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22
Nr. 3 EStG zurechnet.
Allein dur ch die Umbuchungen auf die Rubrikkonten sind die dort
ausgewie-
senen Guthaben den Angeklagten noch nicht als Einnahmen
gemäß § 11
Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen.
aa) Eine Einnahme, die auch in einem geldwerten Vorteil bestehen
kann, ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG
zugeflossen, sobald der Empfänger
wirtschaftlich über sie verfügen kann oder
über sie verfügt hat (BFHE 195,
221, 223 f.; BFH/NV 2002, 643; jeweils m. w. N.). Die bloße
Umbuchung auf
ein Rubrikkonto, für welches die Angeklagten keinerlei
Zeichnungsrechte
hatten, genügt diesem Erfordernis nicht. Die Angeklagten waren
nämlich
wirtschaftlich nicht in der Lage, über die Gutschriften auf
den Rubrikkonten
zu verfügen.
bb) Nicht ausreichend belegt ist, wovon das Landgericht - ohne die
entsprechenden Rechtsgrundlagen ausdrücklich zu nennen -
allerdings aus-
zugehen scheint, daß zwischen S und den Angeklagten
eine treuhänderische Abrede im Sinne des § 39 Abs. 2
Nr. 1 Satz 2 AO be-
standen hat. In einem solchen Falle könnte in der Vereinbarung
über das
Treuhandverhältnis zugleich ein Zufluß im Sinne des
§ 11 Abs. 1 Satz 1
EStG zu sehen sein, weil das tr euhänderisch gebundene
Wirtschaftsgut
( hier: die Guthaben auf den Rubrikkonten) dann mit dem
Abschluß einer ent-
- 31 -
sprechenden Treuhandver einbarung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz
2 AO den
Angeklagten auch zuzuordnen wäre.
Eine solche Vereinbarungstreuhand ist allerdings grundsätzlich
mög-
lich. Sie muß auf ernstgemeinten und klar nachweisbaren
Vereinbarungen
zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und
tatsächlich durchgeführt
werden. Das Handeln des Treuhänders im fr emden Interesse
muß wegen
der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge
eindeutig
erkennbar sein ( BFH BStBl II 1998, 152, 156 und 2001, 468, 470).
Wesentli-
ches Kriterium für die Annahme eines
Treuhandverhältnisses ist die Wei-
sungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder
und damit kor-
r espondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders
gegenüber dem
Treugeber sowie - im Grundsatz - dessen Verpflichtung zur jederzeitigen
Rückgabe des Treuguts. Der Treugeber muß demnach das
Treuhandver-
hältnis beherrschen. Kann er dies aufgrund der getroffenen
Absprachen
nicht, so besteht kein steuerlich anzuerkennendes
Treuhandverhältnis im
Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO (BFH BStBl II 1999, 514,
516).
Schließlich muß das Treuhandverhältnis
aber auch tatsächlich vollzogen
worden sein (BFH BStBl II 1998, 152, 156 f.).
In dem hier in der Anlage eines Rubrikkontos liegenden Akt kann
zwar eine entsprechende Absonderung der auf das Rubrikkonto transferier-
ten Gelder gesehen werden. Eine klar nachweisbare Vereinbarung, wie der
für diese Rubrikkonten weiterhin allein zeichnungsber echtigte
S mit den Geldern hätte verfahren sollen,
läßt sich jedoch nicht er-
kennen. Ebensowenig ist den Urteilsgründen zu entnehmen, wie
der jeweili-
ge Begünstigte auf der Grundlage entsprechender Absprachen das
Treu-
handverhältnis hätte beherrschen können.
Eine solche Beherrschung ist
schon deshalb zweifelhaft, weil bei derart kriminellen Absprachen eine
recht-
lich durchsetzbare Beherrschung ohnehin nicht in Betracht kommen wird.
- 32 -
Dennoch mag es in besonders gelagerten Ausnahmefällen
Fallgestaltungen
geben, die aufgrund der Gesamtumstände, namentlich im Hinblick
auf wirt-
schaftliche Abhängigkeiten oder anderweitiges Druckpotential,
dem „ Treuge-
ber“ ein solches Maß an
Beherrschungsmöglichkeit vermitteln, daß faktisch
von einem Weisungsrecht ausgegangen werden kann. Der Besteuerung eine
solche rechtlich zwar unwirksame, aber praktisch durchgesetzte Treuhand-
beziehung zugrunde zu legen, ist nach § 41 Abs.1 Satz 1 AO
grundsätzlich
möglich. An den tatsächlichen Vollzug einer solchen
Abrede sind jedoch
dann gesteigerte Anforderungen zu stellen.
cc) Das Landgericht geht wohl von einer Treuhandabrede zwischen
S und den Angeklagten deshalb aus, weil die Rubrikkonten
tatsächlich treuhänderisch geführt worden
seien. Diese Wertung hält jedoch
schon aufgrund von Beweiswürdigungsmängeln
rechtlicher Überpr üfung
nicht stand. Das Landgericht belegt zwar rechtsfehlerfrei in einer
erheblichen
Anzahl von Fällen, in denen Gelder von den Rubrikkonten in bar
abgehoben
und an die Angeklagten weitergegeben oder aus dem Guthaben in sonstiger
Weise in das Vermögen der Angeklagten
überführt wurden, daß die auf dem
Rubrikkonto vorhandenen Gelder zugunsten der Angeklagten verwandt wur-
den. Insbesondere hinsichtlich einer nach ihrer
Größenordnung ganz bedeu-
tenden Transaktion ist die Beweiswürdigung des Landgerichts
aber - wie die
Revisionen zutreffend aufzeigen - lückenhaft und
widersprüchlich.
(1) Nach den landgerichtlichen Feststellungen erfolgte am 13. Janu-
ar 1994 ein Abfluß in Höhe von 9 Mio. DM vom Konto
„Jürglund“ zugunsten
eines anderen Kontos von S . Dieser Betrag diente zur
Deckung eines auf jenem Konto belasteten Schecks, den S
am 30. Juni 1992 ausgestellt und an den Zeugen Le zur
Anschubfi-
nanzierung eines Rußlandgeschäfts übergeben
hatte.
- 33 -
Das Landgericht geht davon aus, daß dieser Betrag
durch den Über-
trag einer Festgeldanlage am 18. Januar 1994 alsbald wieder
ausgeglichen
worden sei. Woher die Festgeldanlage stammte, ist den
Urteilsgründen nicht
zu entnehmen. Die naheliegende Möglichkeit, daß -
weil Gelder auf dem
Rubrikkonto „Jürglund“ durchgehend als
Festgelder angelegt waren - es sich
um genau solche Gelder gehandelt hatte, läßt das
Landgericht unerörtert.
Hierfür hätte aber insbesondere auch die vom
Landgericht festgestellte Höhe
des Schlußsaldos gesprochen, der sich auf nur noch 389.000 DM
belief; dies
ist jedenfalls der Betrag, den S auf das Konto seiner Ehe-
frau vom Rubrikkonto „Jürglund“
überwies. Daß der Betrag von 9 Mio. DM
aus festgelegten Teilbeträgen des Guthabens des Rubrikkontos
„Jürglund“
stammt, dr ängt sich im übrigen auch auf, wenn man
die Gesamtbeträge ver-
gleicht. Insgesamt sind auf dieses Konto 10,875 Mio. DM geflossen, die
weitgehend zwischenzeitlich als Festgeldanlagen verzinst wurden.
Abgeflos-
sen sind nach den Feststellungen des Landgerichts zugunsten des Ange-
klagten M höchstens etwa 3 Mio. DM. Berücksichtigt
man die angefal-
lenen Zinsen, liegt nahe, daß die auf das Konto von S
über-
führten 9 Mio. DM genau demjenigen Betrag entsprechen, dessen
Verbleib
nach den Urteilsfeststellungen ungeklärt ist.
Widersprüchlich sind zudem die weiteren Feststellungen des
Land-
gerichts im Zusammenhang mit dem Abfluß der 9 Mio. DM. Das
Landgericht
stellt nämlich einer seits fest, daß die
entsprechenden Investitionen S
s ohne Risiko gewesen seien, da die Firma Li eine
Bürgschaft ge-
stellt habe. Andererseits seien für diesen Betrag keine
Rückzahlungen ge-
leistet worden, mithin müßte also das Darlehen
für die Anschubfinanzierung
weiter offen geblieben sein. Ob die Bürgschaft in Anspruch
genommen wur-
de und vor allem an wen gegebenenfalls die Gelder hieraus geflossen
sind,
läßt das Landgericht unerörtert. Gerade
dieser Gesichtspunkt hätte aber dar-
- 34 -
über Aufschluß geben können, wer
wirtschaftlich hinter der Darlehensgewäh-
r ung gestanden hat.
(2) Gleichfalls läßt sich den Urteilsgr
ünden nicht entnehmen, inwie-
weit der Mittelabfluß etwa im Interesse des Angeklagten M
gestan-
den haben könnte. Das Landgericht hat insoweit lediglich
festgestellt, daß
der Zeuge Bä , der seit 1990/1991
Geschäftsführer bei Li war, den
Angeklagten M einige Male getroffen habe. Inwiefern gerade der An-
geklagte M an diesem Geschäft eigene Interessen hatte,
vermochte
der Zeuge nicht anzugeben. Wäre dies der Fall gewesen,
hätte es im übrigen
nahe gelegen, daß der Scheck sogleich auf das Rubrikkonto
„Jürglund“ ge-
zogen worden wäre, wenn S insoweit im Interesse des An-
geklagten M zu Lasten eines tr euhänderisch geführten
Kontos die-
ses Geschäft hätte durchführen wollen.
cc) Selbst wenn man hinsichtlich des ungeklärten
Differ enzbetrages
von 9 Mio. DM keine Verfügung im alleinigen Interesse von S
annähme, bliebe die Verwendung von ca. 70 % des auf
dem Konto „Jür-
glund“ eingegangenen Geldes offen. Dann fehlt aber die
zentrale Vorausset-
zung für die Annahme eines Treuhandverhältnisses.
Allein die festgestellten
Zuwendungen belegen kein Treuhandverhältnis. Dies gilt umso
mehr, als
diese Abflüsse in der Summe nicht einmal annähernd
der Höhe des Betrages
entsprechen, hinsichtlich dessen überhaupt keine Beziehung zu
dem
Angeklagten M aufgezeigt ist.
Das muß sich auch auf die Beurteilung der Rechtslage
hinsichtlich
des Kontos „Winter“ auswirken, zumal insoweit ein
vollständiger Zufluß der
auf dieses Konto gelangten Zahlungsbeträge an den Angeklagten
H
ebenfalls nicht mit umfassend rechtsfehlerfreier
Beweiswürdigung festgestellt
- 35 -
ist - ohne daß freilich hier ein derart krasses
Mißverhältnis wie bei dem An-
geklagten M vorläge.
Letztlich ist danach bei beiden Konten weder eine
ausdrückliche
Treuhandabrede belegt, noch läßt sich aus den
Verfügungen über die Kon-
tenguthaben auf eine solche Treuhandabrede
rückschließen.
c) Dieser Begründungsmangel nötigt jedoch
hinsichtlich der Verurtei-
lung wegen Steuerhinterziehung nicht generell zu einer Aufhebung der
Schuldsprüche. Maßgebend sind die vom Landgericht im
übrigen rechtsfeh-
lerfrei festgestellten Zuflüsse. Daraus ergibt sich folgendes:
aa) Hinsichtlich des Angeklagten M sind für die
Jahre 1991,
1992 und 1993, die als Veranlagungszeiträume den Ver
urteilungen zugrunde
liegen, jeweils Vermögenszuflüsse festgestellt. Diese
rechtsfehlerfreien Fest-
stellungen können aufrecht erhalten bleiben. Danach ergeben
sich folgende
als sicher zugrunde zu legende Vermögenszuflüsse
hinsichtlich des Ange-
klagten M :
(1) Für das Jahr 1991 bleiben die Feststellungen über
die Geldüber-
gaben im Zusammenhang mit den Barabhebungen vom 11. Ju-
ni 1991 (50.000 DM - UA S. 177 ff.), vom 1. Juli 1991
(50.000 DM - UA S. 183), vom 24. Juli 1991 (100.000 DM - UA
S. 186) und vom 6. November 1991 ( 100.000 DM - UA S. 189)
bestehen, die Beträge in Höhe von insgesamt 300.000
DM um-
fassen.
(2) Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1992 sind die aufrecht
erhaltenen Feststellungen über die als Darlehenshingabe getarn-
te Kaufpreiszahlung in Höhe von 1,225 Mio. SFr (UA S. 133 bis
- 36 -
146), über die Bezahlung der Internatskosten (
35.594 DM
- UA S. 171) sowie eine Geldübergabe nach der Barabhebung
vom 17. Dezember 1992 (115.000 DM - UA S. 194 f.) als Grund-
lage für einen Mindestzufluß im Sinne des §
11 Abs. 1 Satz 1
EStG heranzuziehen.
(3) In Bezug auf den Veranlagungszeitraum 1993 bilden die
Über-
weisungen an die Firma R (9. Februar 1993
- 86.909,30 DM; 23. April 1993 - 55.617,35 DM; 18. Mai 1993
- 50.000 DM; 26. Oktober 1993 - 104.783,60 DM), an die Firma
I S W I (19. April 1993
- 55.126,80 DM) sowie an die I I AG (26. Okto-
ber 1993 - 193.621,85 DM), die jeweils vom Rubrikkonto
„Jür-
glund“ zugunsten des Angeklagten M erfolgt sind (UA
S. 147), als jedenfalls rechtsfehlerfrei festgestellter
Mindestzufluß
die Grundlage für den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung.
Soweit das Landgericht weitere Bargeldabhebungen (10. Dezem-
ber 1991, 28. April 1992, 27. Juli 1993 und 4. Oktober 1994) keinen
zeitna-
hen Geldüber gaben zuordnen konnte, br auchten die
Feststellungen hierzu
nicht aufrechterhalten wer den. Insoweit läßt sich
nämlich nicht hinr eichend
sicher ein Zufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1
EStG an den Angeklagten
M erkennen. Gleiches gilt im übrigen auch für die
Einkäufe in Kana-
da ( UA S. 174 f.), weil auch hier die Urteilsgründe es
letztlich offenlassen, ob
es zu den Zahlungen zugunsten des Angeklagten M gekommen ist.
bb) Hinsichtlich des Angeklagten H ist für den
Veranlagungs-
zeitraum 1991 eine Überweisung auf das Konto
„Winter“ festgestellt. Diese
entspricht dem Betr ag, der am 6. November 1991 in Zürich
abgehoben und
- wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - an den
Angeklagten
- 37 -
H übergeben wurde, so daß sich bezüglich
der im Jahre 1991 began-
genen Steuerhinterziehung auch im Schuldumfang nichts ändert.
Insoweit ist
die Revision - da andere Rechtsfehler im Rechtsfolgenausspruch (Einzel-
und Einsatzstrafe: ein Jahr sechs Monate Freiheitsstrafe) nicht
ersichtlich
sind - im vollen Umfang zu verwerfen.
Bezüglich der für das Jahr 1993 ausgeur
teilten Steuerhinterziehung
finden sich allerdings keine tragfähigen Feststellungen, die
eine Aufrechter-
haltung des Schuldspruchs erlauben. Das Landgericht stellt zwar fest,
daß
S am 3. Februar 1993 in Buchs 170.000 DM und am
28. Dezember 1993 in Zürich 120.000 DM (insoweit sind die
Urteilsfeststel-
lungen zudem nicht ganz widerspruchsfr ei, vgl. UA S. 91, 93) vom Konto
„Winter“ bar abgehoben hat. Hinsichtlich der ersten
Abhebung hat sich kein
Nachweis für ein zeitnahes Treffen mit dem Angeklagten H
ergeben.
Im Anschluß an die Abhebung vom Dezember 1993 leitet das
Landgericht
eine Geldübergabe daraus ab, daß der Angeklagte H
sich in seinem
Weihnachtsurlaub in Pontresina aufgehalten hat. Ob S al-
lerdings selbst in Pontresina war, hat das Landgericht nicht mehr
aufklären
können. Allein die Abhebung in Zürich und der
Urlaubsaufenthalt des Ange-
klagten H in Pontresina reichen als Tatsachengrundlage angesichts
der erheblichen Entfernung der Orte nicht aus, um einen
Geldzufluß beim
Angeklagten H sicher belegen zu können. Insoweit
beschränken sich
die Urteilsgründe auf bloße Vermutungen, die
letztlich nicht mehr als einen
Verdacht zu begründen vermögen ( vgl. BGHR StPO
§ 261 Überzeugungsbil-
dung 26). Hinzu kommt, daß auch nicht er kennbar ist, ob die
Übergabe noch
im Jahre 1993 stattgefunden hat oder erst im Jahr e 1994, weil der
Urlaub
des Angeklagten H bis 2. Januar 1994 angedauer t hat. Der Veranla-
gungszeitraum 1994 lag aber der Ver urteilung nicht zugrunde. Deshalb
muß
die Verurteilung hinsichtlich der Steuer hinter ziehung 1993 beim
Angeklagten
- 38 -
H auch im Schuldspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer
tatrichterlichen Aufklärung an das Landgericht
zurückverwiesen werden.
d) Die Einzelstrafaussprüche wegen
Steuerhinterziehung können
dagegen keinen Bestand haben, soweit das Urteil den Angeklagten M
betrifft. Der Fehler bei der Bestimmung des Zuflusses wirkt
sich inso-
weit bei der Bestimmung des Schuldumfangs der jeweiligen Taten unmittel-
bar aus.
3. Gleichfalls aufzuheben waren die Einzelstrafen, die das
Landge-
r icht gegen die Angeklagten wegen Untr eue verhängt hat. Zwar
kommt es für
die Verwirklichung des Tatbestands der Untreue nicht darauf an, in
welchem
Umfang sich die Angeklagten persönlich bereichert haben.
Maßgeblich ist
insoweit nur der dem Dienstherrn zugefügte Nachteil im Sinne
des
§ 266 StGB. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die
Besonderheit, daß die
Vermögenseinbuße T s sich aus den vereinbarten
„ Kick-back“-
Zahlungen ergibt. Hier geht das Landgericht rechtlich bedenkenfrei
davon
aus, daß die später gezahlten Gelder den vorher
vereinbarten Provisionsleis-
tungen in der Höhe entsprachen. Insoweit bilden die
tatsächlich an die Ange-
klagten geflossenen Zuwendungen auch den Mindestschuldumfang
für die
Untreue.
Das Landgericht lastet hinsichtlich der Untreue ebenfalls den Ange-
klagten alle auf die Rubrikkonten umgebuchten Gelder an. Dies begegnet
den bereits oben dar gestellten durchgr eifenden Bedenken, weil das
Landge-
r icht nicht hinreichend belegt hat, daß die auf die
Rubrikkonten eingezahlten
Gelder tatsächlich im vollen Umfang den Angeklagten zugute
kamen oder
zumindest zugute kommen sollten. Da das Landgericht den Umfang der den
Angeklagten zugewandten Vermögenswerte nicht r echtsfehlerfr
ei ermittelt
- 39 -
hat, setzt sich dieser Mangel auch in der Bestimmung des Schuldumfangs
der Untreue fort.
Im Blick auf die Bestimmung des Schuldumfangs hinsichtlich der Un-
treue hält der Senat bezüglich des Angeklagten M
zusätzlich die
Feststellungen zu den Geldübergaben im Anschluß an
die Barabhebungen
vom 23. Juni 1994 (50.000 DM - UA S. 195 f.) und vom 18. August 1994
( 39.300 SFr - UA S. 197 f.) aufrecht, ferner zur Zuwendung eines
Schecks
am 8./10. Januar 1994 über 50.000 SFr (UA S. 167). Gleiches
gilt für die zu-
gunsten des Angeklagten M vorgenommenen Überweisungen vom
Rubrikkonto „Jürglund“, die am 7. Apr il
1994 (285.714,30 DM) und am
22. August 1994 (35.971,20 DM) an die Firma R erfolgten, sowie im
Hinblick auf die beiden Überweisungen an die I I GmbH vom
7. April 1994 (35.547,60 DM) und vom 6. Juni 1994 (12.920,35 DM), mit
de-
nen nach der insoweit rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des
Landgerichts
Leistungen des Angeklagten M an die Empfänger der Gelder er-
bracht werden sollten (UA S. 147 ff.).
III.
Der neue Tatrichter wird - sofern er das Verfahren nicht auch
im
Blick auf den Zeitablauf auf der Grundlage der aufrechterhaltenen
Feststel-
lungen nach §§ 154, 154a StPO beschr änkt -
zu prüfen haben, ob zwischen
S und den Angeklagten eine entsprechende faktische
Treuhandabrede bestanden hat. Dabei wird insbesondere zu
klären sein,
welche Einflußmöglichkeiten die Angeklagten
hinsichtlich der Verwendung
der auf den Rubrikkonten eingezahlten Gelder hatten und ob diese die An-
nahme eines jedenfalls tatsächlichen Beher
rschungsverhältnisses rechtferti-
gen können. Dabei werden auch hinsichtlich des bislang
unzulänglich erör-
terten Differenzbetrages von 9 Mio. DM auf dem Rubrikkonto
„Jürglund“ nä-
- 40 -
here Feststellungen zu treffen sein. Sollte sich eine Treuhandabrede
nicht
nachweisen lassen, werden nur jeweils weitere konkret ermittelte
Zuwendun-
gen für die Bestimmung eines weitergehenden Schuldumfangs
zugrundezu-
legen sein. Zur Strafzumessung weist der Senat auf die in seinem Urteil
vom
5. Mai 2004 (BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) genannten Gr und-
sätze hin. Danach gebietet der enge zeitliche und sachliche
Zusammenhang
zwischen dem Ver mögensdelikt und der Steuerhinterziehung
wegen Nichter-
klärung der Einnahmen hieraus eine straffe Zusammenziehung der
zu ver-
hängenden Einzelstrafen.
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Raum
|