BGH,
Beschl. v. 11.11.2004 - 5 StR 472/04
5 StR 472/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 11. November 2004
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer
Menge
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2004
beschlossen:
1. Auf die Revision
des Angeklagten wird das
Urteil des
Landger ichts Berlin vom 30. Juni 2004 nach § 349 Abs. 4
StPO im Str afausspruch mit
den zugehörigen Feststel-
lungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2
StPO
als unbegr ündet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird
die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
G r ü n
d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten
Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
zu einer Freiheitsstrafe
von zwei Jahr en und drei Monaten ver urteilt. Die Revision ist aus den
Grün-
den der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im
Sinne des
§ 349 Abs. 2
StPO, soweit das Rechtsmittel
sich gegen den Schuldspruch
r ichtet. Jedoch hält
der Strafausspruch sachlich-rechtlicher
Prüfung nicht
stand.
Nach den getroffenen Feststellungen trug der Angeklagte, ein
„bislang
nur geringfügig und auch noch nicht
einschlägig“ bestrafter 27jähriger Famili-
envater, der einen Arbeitsvertrag hat, 202 g Marihuana mit einem THC-
Anteil
von 19 g bei sich,
wovon dr ei Viertel zum gewinnbringenden
Weiterverkauf
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bestimmt waren. Zugleich führte er ein
Klappmesser mit arretierbarer Klinge
und einer Klingenlänge von 6 cm mit sich. Das Landgericht hat
hierin rechts-
fehlerfrei ein Verbrechen nach
§ 30a Abs. 2 Nr
. 2 BtMG gefunden. Es
hat
einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen.
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet
folgende strafschär-
fende Erwägung: Es konnte „nicht gleichsam
unterschlagen wer den, daß sich
der Angeklagte … jedenfalls noch nach einer ihm auch bekannt
gewordenen
Aussage seiner früheren Lebensgefährtin
…, die unter anderem angegeben
hatte, daß der Angeklagte schon seit
Jahren im großen Stile mit
Rauschgift
handele, zu seiner Tat hat hinreißen lassen. Denn auch
unabhängig von dem
von ihm bestrittenen
Wahrheitsgehalt jener Aussage,
hätte er sich solche
Beschuldigung doch zumindest als Warnung dienen lassen können,
derartige
Straftaten besser zu unterlassen.“
Allerdings kann ein
früheres Strafverfahren eine bei
der Strafzumes-
sung berücksichtigungstaugliche
Warnfunktion selbst dann
entfalten, wenn
es mit einer Einstellung nach § 170 Abs. 2,
§§ 153 ff. oder § 260 Abs. 3 StPO
oder gar mit einem Freispruch geendet hat; auch die Zustellung einer
Ankla-
ge wegen eines vergleichbaren
Vorwurfs kann in diesem
Sinne beachtlich
sein (zu alledem Schäfer, Praxis
der Strafzumessung 3. Aufl.
Rdn. 367 bis
369 m.N. der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs) . Dies
findet seinen
Grund darin, daß die
zunächst erfolgte gesetzliche
Tätigkeit der Strafverfol-
gungsorgane jedenfalls einen -
jeweils näher
bestimmten - Verdachtsgrad
voraussetzt. Auch ist es grundsätzlich
möglich, der Bezichtigung durch eine
Privatperson eine Warnfunktion
der genannten Art beizumessen
- nämlich
dann, wenn die Richtigkeit der Bezichtigung festgestellt ist.
Indes ist es aus-
geschlossen, privaten Bezichtigungen ohne Rücksicht
auf deren Wahrheits-
gehalt, also möglicherweise
unwahren Verdächtigungen eine
solche straf-
schärfend wirkende Warnfunktion zuzusprechen.
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Deshalb bedarf die Sache neuer Strafzumessung. Der neue Tatrichter
wird auch zu erwägen haben, ob etwa eine günstige
Prognose im Sinne des
§ 56 Abs. 1 StGB und besondere Umstände im Sinne des
§ 56 Abs. 2 Satz 1
StGB vorliegen und alle Strafzwecke auch mit einer Freiheitsstrafe
erreichbar
sind, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden
könnte.
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