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BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2004 - 5 StR 389/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 11.10.2004 - 5 StR 389/04
5 StR 389/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 11. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
 
1.
2.
3.
wegen Betruges u. a.

- 2 -


Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2004
beschlossen:
 
 
 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landger ichts Berlin vom 7. April 2004 nach § 349 Abs. 4
StPO
 
a) in den Schuldsprüchen dahingehend abgeändert, daß die
Verurteilungen der Angeklagten H und G
wegen tateinheitlichen Betruges und des Angeklagten
K wegen tateinheitlicher Beihilfe zum Betrug entfal-
len;
 
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
 
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden
nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
 
3. Die Sache wir d zu neuer Verhandlung und Entscheidung
über die Bemessung der Einzel- und Gesamtstrafen und die
Kosten der Rechtsmittel an eine andere Strafkammer des
Landger ichts zurückverwiesen.
 
 
 G r ü n d e
 
 Das Landgericht hat den Angeklagten H wegen Betruges in
Tateinheit mit Untreue in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von ei-
nem Jahr und den Angeklagten G wegen Betruges in Tateinheit mit
Beihilfe zur Untreue in 23 Fällen unter Einbeziehung anderweitig verhängter
Geldstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Mona-

 
 
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ten verurteilt. Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafen wur de jeweils
zur Bewährung ausgesetzt. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ferner den An-
geklagten K wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur
Untreue in 23 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je
50 € verurteilt. Die dagegen jeweils mit der Sachrüge geführten Revisionen
der Angeklagten haben den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Teilerfolg.
Die weitergehenden Revisionen sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
StPO.
 
 1. Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen ge-
troffen:
 
 Der Angeklagte G , der in Berlin ein Bauunternehmen betrieb,
kam im September 1997 mit dem Bauleiter B und im Oktober 1998
mit dem Angeklagten H , damals Oberbauleiter der Senatsbauverwal-
tung, überein, seinem Unternehmen - nach Ausschöpfung des diesem zu-
stehenden Kontingents und ohne die gebotenen Ausschreibungen - anstelle
anderer Bauunternehmen Aufträge für Bauleistungen zu erteilen. Vertrags-
abwicklung und Rechnungsstellung erfolgten durch drei vorgeschobene an-
dere Bauunternehmer, die, wie alle Beteiligten wußten, bis zu zehn Prozent
der aus den Scheinver trägen geltend gemachten Werklöhne für ihre Mitwir-
kung an der Verschleierung einbehielten. B bestätigte auf 13 Schein-
r echnungen deren sachliche Richtigkeit. H fertigte in diesen und acht
weiteren Fällen - hier allerdings spätestens jetzt in Kenntnis der Scheinver-
träge und Einbehalte - die Auszahlungsanordnungen. Ein Beamter der Lan-
deshauptkasse verfügte die Zahlungen an die Scheinrechnungssteller. In
zwei weiteren Fällen rechnete G im Einverständnis mit H , der
auch hier die Auszahlungsanordnungen fertigte, noch nicht erbrachte Bau-
leistungen ab. Der Angeklagte K , Bauleiter im Unternehmen des G
 , besorgte in allen Fällen die für die Rechnungsstellungen erforderlichen
Belege.
 

 
 
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 2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten
H wegen Untr eue und der Angeklagten G und K wegen
Beihilfe zur Untreue des H und des B . Das Landgericht hat den
Wert der Bauleistungen des G zu Recht entsprechend den unter Wett-
bewerbsbedingungen ersichtlich zu erzielenden Preisen in Höhe der er halte-
nen Zahlungen festgesetzt und einen Nachteil in Höhe der Einbehalte ange-
nommen (vgl. BGHSt 38, 186, 190 f., 193; 47, 83, 88).
 
Dagegen halten die Verurteilungen wegen Betruges und Beihilfe zum
Betr ug rechtlicher Prüfung nicht stand. Durchgreifende Bedenken bestehen
im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Erregung eines Irrtums. Das
Landgericht geht lediglich in seiner rechtlichen Würdigung (UA S. 28) davon
aus, daß der verantwortliche Mitarbeiter der Landeshauptkasse die Zahlun-
gen auf Grund eines Irrtums veranlaßte. Dadur ch bleibt unklar, aufgrund wel-
cher Tatsachen sich die Strafkammer die Überzeugung einer irr tumsbeding-
ten Auszahlung der überhöhten Vergütungen verschafft hat. Eine Verneh-
mung des zuständigen Kassenbeamten ist ersichtlich unter blieben. Unter
Berücksichtigung aller Umstände liegt die Annahme eines Irrtums jedenfalls
auch nicht nahe. Sind in einer Behör de die Zuständigkeiten für die Rech-
nungsprüfung und Auszahlungsanordnung einerseits und für die kassenmä-
ßige Abwicklung andererseits getrennt, so wird es den mit den Kassenaufga-
ben betrauten Amtsträger im allgemeinen nur interessier en, ob der dafür Zu-
ständige die sachliche und r echnerische Richtigkeit einer Forderung festge-
stellt und die Auszahlung des geschuldeten Betr ages angeordnet hat. Dem-
entsprechend wird er sich aber auch in aller Regel keine Vorstellungen dar-
über machen, ob die Auszahlungsanordnungen in der Sache zu Recht erfolgt
sind (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9).
 
 3. Der Senat schließt aus, daß in einer neuen Hauptverhandlung
Feststellungen zu irrtumsbedingten Verfügungen eines Kassenbeamten ge-
troffen werden können. § 70 LHO Berlin und die dazu erlassenen Ausfüh-
r ungsvorschriften sehen nämlich eine materielle Prüfungspflicht des Kassen-

 
 
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beamten nicht vor. Daher bleibt es bei den Verurteilungen der Angeklagten
wegen Untreue, bzw. Beihilfe hierzu. Die Schuldsprüche sind entsprechend
zu ändern.
 
 Allerdings bedingt der Wegfall der Verurteilungen wegen Betruges
und Beihilfe zum Betrug, die bei den Angeklagten G (§§ 27, 49 StGB)
und K ( §§ 27, 28, 49 StGB) zudem zu einer Änderung der Strafrahmen
führen, die Aufhebung der Einzel- und Gesamtstrafen. Dazu bedarf es keiner
Aufhebung von Feststellungen. Der neue Tatrichter wird die Strafen und die
Gesamtstrafen auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen, freilich ohne
den durch die weitere Gesetzesverletzung erhöhten Schuldumfang, zumes-
sen können. Damit sind zusätzliche Feststellungen nicht ausgeschlossen.
Diese dürfen den bisher getr offenen aber nicht widersprechen. Hinsichtlich
einer - vom Landgericht schon bisher angenommenen - rechtsstaatswidri-
gen Verfahrensverzögerung weist der Senat auf BGHR MRK Art. 6 Abs. 1
Verfahrensverzögerung 16 hin.
 
 Harms Basdorf Gerhardt
 
Br ause Schaal
 
 
 
 
 












 


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