BGH,
Beschl. v. 11.9.2007 - 1 StR 273/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 273/07
vom
11. September 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja (nur II)
Veröffentlichung: ja
WÜK Art. 36; StPO § 257
1. Die Widerspruchslösung findet auch bei einer zu
spät erteilten Belehrung über das Recht auf
konsularischen Beistand nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener
Konsularrechtsübereinkommens (WÜK) Anwendung.
2. Zu den Anforderungen an einen solchen Widerspruch.
BGH, Beschl. vom 11. September 2007 - 1 StR 273/07 - LG Regensburg
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 20. Dezember 2006 wird als unbegründet
verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
I.
1. Das Landgericht hat - für den Senat bindend - festgestellt:
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In der Tatnacht kam es zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau D.
B. , dem Tatopfer, im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung
zunächst zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Dabei
fesselte der Angeklagte seiner Ehefrau die Hände auf dem
Rücken; dies gehörte zu den üblichen
Praktiken des Ehepaars. Er riss hierzu Lautsprecherkabel der
Heimkinoanlage ab, weil er die gewöhnlich benutzten Utensilien
- wie Stofftücher oder Handschellen aus dem Erotikfachhandel -
weggeworfen oder unauffindbar verlegt hatte. Seine Ehefrau war
über die Verwendung des Kabels und die
äußerst
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straffe Fesselung, die zu blasigen Hautabhebungen führte,
verwundert. Der Angeklagte führte sodann mit seiner Ehefrau
einvernehmlich - zuletzt bäuchlings übereinander auf
dem Wohnzimmerteppich liegend - den Analverkehr bis zum Samenerguss
durch. Als der Angeklagte ihrem anschließenden Begehren, von
ihr "herunterzugehen" und sie loszubinden, keine Folge leistete,
beschimpfte sie ihn.
Auf Grund dieser Unmutsäußerungen erregt, beschloss
der Angeklagte nunmehr seine Ehefrau zu töten. Er hob ihren
Slip vom Boden auf, zerriss ihn und band ihr damit die
Fußgelenke zusammen. Weiterhin riss er ein zweites
Lautsprecherkabel ab und verschnürte damit ihre Unterschenkel.
Erst jetzt erkannte D. B. - zumal der Angeklagte auf Nachfrage
entsprechende Andeutungen machte - die Gefahr für ihr Leben,
war allerdings infolge der Fesselung widerstandsunfähig. Es
gelang ihr nicht, den Angeklagten umzustimmen. In Ausführung
seines Tötungsvorhabens schlang dieser ein weiteres
Stück Lautsprecherkabel um den Hals seiner Ehefrau und zog bis
zum Todeseintritt zu, wobei er im weiteren Verlauf noch einen
Holzkochlöffel einsetzte, um damit durch Drehbewegungen die
Zugkräfte und die drosselnde Wirkung des Kabels zu
verstärken.
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2. Das Landgericht hat die Tat als Heimtückemord bewertet und
den Angeklagten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die
hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, welche die Verletzung
formellen und materiellen Rechts rügt, ist
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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II.
Die Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt in
seiner Antragsschrift vom 12. Juni 2007 dargelegten Gründen
nicht durch. Näherer Erörterung bedarf nur die
Rüge, die Schwurgerichtskammer habe bei der Ur-
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teilsfindung rechtsfehlerhaft die Aussage des Angeklagten bei seiner
polizeilichen Beschuldigtenvernehmung verwertet, obwohl er bei dieser
Vernehmung als irakischer Staatsangehöriger nicht
über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt worden sei
(Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener
Konsularrechtsübereinkommens [WÜK]).
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1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Nachdem der Angeklagte nach der Tat über Notruf mitgeteilt
hatte, dass er soeben seine Ehefrau erdrosselt habe, wurde er von
Polizeibeamten kurz nach deren Eintreffen vor seiner Wohnung
festgenommen. Etwa fünf Stunden später, am Morgen des
12. September 2005, begann die gegenständliche
Beschuldigtenvernehmung durch den kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter,
der den Angeklagten nach § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a
Abs. 4 StPO, nicht jedoch nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3
WÜK belehrte. Noch bevor der Angeklagte die Tat schilderte,
wurde ein Dolmetscher hinzugezogen, der das gesamte bis dahin erstellte
Protokoll einschließlich der Belehrung übersetzte.
Sodann machte der Angeklagte geständige Angaben zum
Tatgeschehen.
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Bei der Haftbefehlseröffnung am nächsten Tag sagte
der Angeklagte nicht mehr aus. Vom Ermittlungsrichter wurde er
anschließend erstmals darüber belehrt, dass er die
Unterrichtung seiner Auslandsvertretung verlangen könne. Von
diesem Recht machte der Angeklagte Gebrauch; der Versuch einer
sofortigen telefonischen Kontaktaufnahme mit der irakischen Botschaft
scheiterte allerdings. Bei der Exploration durch den psychiatrischen
Sachverständigen ca. ein halbes Jahr später
wiederholte der Angeklagte im Wesentlichen seine Angaben bei der
polizeilichen Beschuldigtenvernehmung. Zu diesem Zeitpunkt war er
bereits durch seinen derzeitigen Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Bo.
vertreten.
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Am 1. Hauptverhandlungstag, dem 9. Oktober 2006, widersprach der
Verteidiger vor Einlassung des Angeklagten zur Sache der Verwertung von
dessen Angaben bei der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung "insofern,
als die Kammer aus dieser für … (den Angeklagten)
negative Schlussfolgerungen ziehen möchte". Gerügt
wurde folgendes: Der Angeklagte sei nicht auf die Möglichkeit
der - kostenlosen - Beiordnung eines Pflichtverteidigers hingewiesen
und es sei kein entsprechender Beiordnungsantrag gestellt worden; er
sei nicht über die Existenz eines Strafverteidigernotrufs
informiert worden; der Dolmetscher habe den kurdischen Dialekt des
Angeklagten nicht beherrscht; es seien verbotene Vernehmungsmethoden
infolge Ermüdung des Angeklagten angewandt worden.
Anschließend gab der Verteidiger für den Angeklagten
eine Erklärung zur Sache ab, die von den bisherigen Angaben
abwich. Am 3. Verhandlungstag, dem 11. Oktober 2006, wurde der
hinzugezogene Dolmetscher als Zeuge vernommen, zudem ein Beschluss
verkündet, mit dem der Widerspruch in allen gerügten
Punkten zurückgewiesen wurde. Am 4. Verhandlungstag, dem 13.
Oktober 2006, wurde der kriminalpolizeiliche Sachbearbeiter
zeugenschaftlich vernommen.
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Am 8. Verhandlungstag, dem 29. November 2006, erhob der Verteidiger
eine Gegenvorstellung und "erneuert(e) den Widerspruch … um
eine weitere rechtliche Sichtweise". Unter Hinweis auf die
Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006
- 2 BvR 2115/01 u.a. (NJW 2007, 499) machte er nunmehr
zusätzlich ein Verwertungsverbot infolge der Verletzung der
Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK
geltend. Am 9. Verhandlungstag, dem 7. Dezember 2006,
verkündete der Vorsitzende einen Beschluss der
Schwurgerichtskammer, mit dem sie die Gegenvorstellung
zurückwies.
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Die Feststellungen zur Tat basieren auf der polizeilichen
Beschuldigtenvernehmung; die Angaben des Angeklagten gegenüber
dem psychiatrischen Sachverständigen hat die Kammer (nur)
"ergänzend" herangezogen (UA S. 16).
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2. Die Verfahrensrüge ist - worauf der Generalbundesanwalt
zutreffend hingewiesen hat - nicht zulässig erhoben. Die
Revisionsbegründung teilt nicht mit (vgl. § 344 Abs.
2 Satz 2 StPO), dass die Gegenvorstellung des Angeklagten vom 29.
November 2006, mit der er den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1
lit. b Satz 3 WÜK erstmals beanstandete, mit Beschluss vom 7.
Dezember 2006 zurückgewiesen wurde. Diese Tatsache ergibt sich
zwar aus den Urteilsgründen, die das Revisionsgericht auf die
Sachrüge ergänzend zu berücksichtigen hat
(UA S. 33 f.). Der Inhalt des Beschlusses wird aber weder in der
Revisionsbegründung noch im Urteil wiedergegeben.
Ein Zweck des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist, das
Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, allein anhand der
Revisionsbegründung über die Schlüssigkeit
einer Verfahrensrüge zu befinden (BVerfGE 112, 185, 212). Der
Revisionsführer muss daher die den Mangel enthaltenden
Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das
Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen
kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten
Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG aaO 208 m. Nachw. zur
st. Rspr. des BGH). Diesen Anforderungen wird die
Revisionsbegründung hier nicht gerecht. Auch unter
ergänzender Heranziehung der Urteilsgründe ist
für den Senat nicht erkennbar, aufgrund welcher Tatsachen und
welcher Erwägungen das Landgericht von
uneingeschränkter Verwertbarkeit der Beschuldigtenvernehmung
ausgegangen ist. Dies wäre für ein im Wege der
Abwägung zu beurteilendes Beweisverwertungsverbot relevant.
Daher hätte die Revisionsbegründung den Beschluss mit
seinem wesentlichen Inhalt mitteilen müssen.
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- 7 -
3. Die Rüge wäre auch unbegründet. Zwar
wurde die Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3
WÜK verletzt, indem der Angeklagte nicht
"unverzüglich" nach seiner Festnahme auf sein Recht auf
konsularischen Beistand hingewiesen wurde. Insoweit war der Widerspruch
in der Hauptverhandlung jedoch verspätet, da diese
Pflichtverletzung erst nach dem gemäß § 257
StPO maßgeblichen Zeitpunkt geltend gemacht wurde. Die
Zeugenvernehmungen des Dolmetschers und des kriminalpolizeilichen
Sachbearbeiters erfolgten bereits am 2. und 3. Verhandlungstag; die -
den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK
erstmals beanstandende - Gegenvorstellung wurde erst am 8.
Verhandlungstag erhoben. Daher kann dahinstehen, ob hier aus dem
Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ein
Beweisverwertungsverbot zu folgern gewesen wäre.
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a) Generell gilt, dass Angaben des Angeklagten, die im
Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen die
Verfahrensgrundsätze des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO
(Schweigerecht sowie Recht zur Verteidigerkonsultation) oder sonstige
Belehrungspflichten aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art.
20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG erlangt wurden, gleichwohl
verwertet werden können, wenn der (verteidigte) Angeklagte
nicht bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt
widersprochen hat (BGHSt 50, 272, 274; zur Widerspruchslösung
vgl. BGHSt 38, 214; 39, 349, 352; 42, 15, 22 f.; BGH NJW 1997, 2893;
NStZ 1997, 502; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 26.
Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 28 f.). Dies ist ebenso der Fall, wenn eine
Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand
gemäß Art. 36 WÜK nicht rechtzeitig
erfolgte; auch dieses Recht konkretisiert den Grundsatz des fairen
Verfahrens (vgl. BVerfG [Kammer] NJW 2007, 499, 501). Inwieweit anderes
anzunehmen wäre, wenn die Belehrung nach Art. 36 Abs. 1 lit. b
Satz 3 WÜK nicht nachgeholt worden wäre, braucht der
Senat hier nicht zu entscheiden. Denn insoweit könnte die
fehlende Belehrung dafür verantwortlich sein, dass der - nicht
informier-
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te - Herkunftsstaat außerstande ist, dem Angeklagten bei der
Verteidigung behilflich zu sein, damit dieser den Belehrungsmangel
rechtzeitig rügen kann (vgl. IGH, Urt. vom 27. Juni 2001 -
Fall "LaGrand" - Rdn. 90 f., ICJ-Reports 2001, 464 = JZ 2002, 91, 92;
BVerfG aaO 503).
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b) Der Widerspruch des verteidigten Angeklagten bedarf
regelmäßig einer Begründung, in der -
zumindest in groben Zügen - anzugeben ist, unter welchem
Gesichtspunkt der Angeklagte den zu erhebenden oder bereits erhobenen
Beweis für unverwertbar hält. Die Begründung
muss die Angriffsrichtung erkennen lassen, die den
Prüfungsumfang durch das Tatgericht begrenzt
(ausdrücklich offen gelassen in BVerfG aaO 504; vgl. in diesem
Sinne zur Angriffsrichtung einer Verfahrensrüge im
Revisionsverfahren BGH NStZ 2007, 161, 162; Cirener/Sander JR 2006, 300
jew. m.w.N.). Hierfür spricht namentlich:
Widerspricht der verteidigte Angeklagte etwa der Verwertung der Aussage
einer Vernehmungsperson über seine Angaben im
Ermittlungsverfahren, weil er nicht über sein
Aussageverweigerungsrecht belehrt worden sei, wird das Tatgericht keine
Veranlassung haben, möglichen anderen Verfahrensfehlern im
Einzelnen nachzugehen. Das Gericht wird dann beispielsweise nicht - von
sich aus - den seinerzeit hinzugezogenen Dolmetscher dazu
hören, inwieweit er sich mit dem Angeklagten
verständigen konnte und ob er den von diesem gesprochenen
Dialekt hinreichend beherrscht; auch zu Ermittlungen und
(freibeweislichen) Beweiserhebungen im Zusammenhang mit der Belehrung
über das Recht auf konsularischen Beistand - etwa dazu, ob der
Angeklagte in einem früheren Verfahren schon einmal
über dieses Recht unterrichtet worden war - ist das Gericht
nicht gehalten. Müsste es alledem stets von Amts wegen
nachgehen, würde dies auch dem verfassungsrechtlichen Gebot
der straffen Durchführung der Hauptverhandlung zuwiderlaufen
(vgl. nur BGH NJW 2007, 2501, 2504 m.w.N.). Dagegen dient der befristet
zu erhebende Widerspruch - bis zum
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durch § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt - der gebotenen
Verfahrensförderung, ohne dem verteidigten Angeklagten
unzumutbare Anforderungen aufzuerlegen (BGHSt 42, 15, 23).
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c) Der Widerspruch des Angeklagten vom 9. Oktober 2006 bezog sich auf
eine Reihe vermeintlicher - tatsächlich nicht vorliegender
oder jedenfalls im Ergebnis unbeachtlicher - Verfahrensfehler, nicht
jedoch auf eine Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit dem Recht auf
konsularischen Beistand. Insoweit war der - erst mit der
Gegenvorstellung erhobene weitere - Widerspruch verspätet im
Sinne von § 257 StPO.
Die verschiedenen Angriffsrichtungen des Widerspruchs vom 9. Oktober
2006 gehen aus dem Wortlaut des Verteidigerschriftsatzes eindeutig
hervor. In diesen Punkten hat das Gericht den Widerspruch auch alsbald,
am 11. Oktober 2006, verbeschieden. Dass es dem Angeklagten bei
Erhebung dieses Widerspruchs nicht um den Verstoß gegen Art.
36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ging, ergibt sich gerade daraus,
dass er diese Angriffsrichtung deutlich später, am 29.
November 2006, eigens mit einer Gegenvorstellung "nachgeschoben" hat.
Dies geschah erst, als die an der gegenständlichen
Beschuldigtenvernehmung beteiligten Zeugen schon längst
entlassen waren und die Verfahrensbeteiligten sich hierzu hatten
erklären können (§ 257 Abs. 1 und 2 StPO).
Eine frühere Geltendmachung des Verstoßes war dem
Angeklagten auch zumutbar, zumal er bereits am Tag nach der
polizeilichen Beschuldigtenvernehmung über sein Recht auf
konsularischen Beistand belehrt worden war.
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d) Der Beschwerdeführer hat weder im Rahmen der
Gegenvorstellung noch im Rahmen der Revision vorgetragen, dass er
gehindert war, auch im Hinblick auf den Verstoß gegen Art. 36
Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK rechtzeitig Widerspruch zu erheben.
Unbeschadet dessen wäre eine späte Kenntnisnahme
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des Angeklagten oder des Verteidigers von der grundlegenden
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch ohne Relevanz (in
vergleichbarem Sinne BGH NStZ 2005, 582; StV 2005, 373).
III.
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Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch das
Mordmerkmal der Heimtücke hat das Landgericht zutreffend
bejaht.
1. Heimtückisch im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB
handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit
des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Das Opfer muss gerade
auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein, wobei für die
Beurteilung die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz
geführten Angriffs maßgebend ist (st. Rspr.; vgl.
BGH NStZ 2005, 688, 689; 2006, 502, 503; Urt. vom 20. Juli 2004 - 1 StR
145/04; Urt. vom 2. Februar 2005 - 1 StR 473/04). An dieser
Ursächlichkeit der Arglosigkeit für die Wehrlosigkeit
fehlt es, wenn sich das Opfer vom Täter
verteidigungsunfähig machen ließ, bevor dieser den
Entschluss zu dem Angriff fasste (vgl. BGHSt 32, 382; Eser in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 211 Rdn.
24a; Schneider in MüKo-StGB § 211 Rdn. 139).
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2. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Bewertung
durch das Landgericht frei von Rechtsfehlern.
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Freilich wäre das Mordmerkmal der Heimtücke nicht
verwirklicht, wenn sich nach Beginn des mit Tötungsvorsatz
geführten Angriffs an der - so die Feststellungen des
Landgerichts: undolos herbeigeführten - Lage von D. B. keine
relevanten Änderungen mehr ergeben hätten. So liegt
der Fall hier jedoch nicht. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den
Tötungsentschluss
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fasste, waren die Verteidigungsmöglichkeiten seiner Ehefrau
zwar infolge der einvernehmlichen Sexualpraktiken
eingeschränkt. Die Hände waren auf ihrem
Rücken gefesselt; sie lag bäuchlings auf dem
Teppichboden.
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Gleichwohl war D. B. infolge Arglosigkeit wehrlos. Denn bei
rechtzeitigem Erkennen des Tötungsentschlusses wäre
sie in dieser Situation zu wirksamerer Gegenwehr imstande gewesen, um
den Anschlag auf ihr Leben wenigstens deutlich zu erschweren. Der
Angeklagte musste noch ihren Slip aufheben und zerreißen,
weiterhin ein zweites Lautsprecherkabel abreißen und mit
beidem ihre Fußgelenke und Unterschenkel fesseln, bevor sie
endgültig widerstandsunfähig war. Es liegt auf der
Hand, dass D. B. in dieser Zeit geeignete
Verteidigungsmaßnahmen - Tritte gegen den Angeklagten oder
Versuche, aufzustehen und wegzulaufen - hätte ergreifen
können. Derartiger hypothetischer Erwägungen im
Urteil bedarf es hier daher nicht. Da die Wehrlosigkeit von D. B. also
mit der Fesselung der unteren Extremitäten noch weiter
vertieft wurde, ist entscheidend, dass sie währenddessen von
dem kurz zuvor gefassten Tötungsentschluss nichts ahnte, die
ihr drohende Gefahr vielmehr erst während des
anschließenden Wortwechsels erkannte.
In diesem Sinne hat das Landgericht als Ursache für die
Wehrlosigkeit nicht nur angesehen, "dass D. B. die zunächst
beiderseits rein sexuell motivierte Fesselung ihrer Handgelenke
freiwillig … vornehmen" ließ, sondern vor allem
auch, dass sie "die vor Anlegung der Fußfesseln eingetretene
Änderung der Motivlage des Angeklagten zu spät
bemerkt(e) …, um effektiv intervenieren zu können"
(UA S. 20). Das Urteil stellt ausdrücklich heraus: "Das
Anlegen der Fußfesseln stellte den ersten mit
Tötungsvorsatz geführten Angriff des Angeklagten dar.
D. B. war davon zu überrascht, um sich zu wehren" (UA S. 34).
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Die - weiteren - Ausführungen der Revision, die Arglosigkeit
von D. B. könnte schon Tage vor der Tat allgemein "entfallen"
gewesen sein, weil der Angeklagte ihr gegenüber
geäußert habe, er werde sie töten, wenn sie
schlechten Umgang habe und den gemeinsamen Sohn "da hineinziehe", und
weil sie den Angeklagten seinerzeit - nicht ausschließbar -
beleidigt habe, liegen angesichts der Feststellungen zur Tat neben der
Sache.
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Nack Wahl Boetticher
Kolz Elf |