BGH,
Beschl. v. 12.1.2005 - 2 StR 449/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 449/04
vom
12.1.2005
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12.01.2005
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Trier vom 21. Juli 2004
a) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefaßt,
daß der
Angeklagte schuldig ist der Einfuhr von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in 122 Fällen jeweils in Tateinheit mit
Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, davon in
102 Fällen in nicht geringer Menge;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "der unerlaubten Einfuhr
sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer
Menge in 122 Fällen" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren und drei
Monaten verurteilt und ein Fahrverbot von drei Monaten
verhängt. Hiergegen
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richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts
gestützte
Revision des Angeklagten mit dem Antrag, den Rechtsfolgenausspruch
aufzuheben.
Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Revisionsantrag eine
Beschränkung
des Rechtsmittels beabsichtigt haben sollte, ist die
Beschränkung
unwirksam, weil er auch geltend macht, er sei bei den Taten
"schuldunfähig,
jedenfalls aber in seiner Schuld vermindert gewesen."
Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zu der aus
der Beschlußformel
ersichtlichen Änderung und Klarstellung des Schuldspruchs und
der Aufhebung
des gesamten Rechtsfolgenausspruchs. Im übrigen ist das
Rechtsmittel unbegründet
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, insbesondere kann der Senat
ausschließen,
daß der Angeklagte bei Begehung der Taten
schuldunfähig war.
1. Der bisherige Schuldspruch des Landgerichts ist in bezug auf die
Konkurrenzverhältnisse mißverständlich und
deshalb klarzustellen. Er ist bei
sachgerechter Auslegung dahin zu verstehen, daß der
Angeklagte schuldig ist
der Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe
zum Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge in 122
Fällen. Dies bestätigen
auch die Urteilsgründe, insbesondere die rechtliche
Würdigung des
Landgerichts (UA S. 7 unter IV.). Dieser Schuldspruch hält
jedoch in den Fällen
II 1-20 der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand, weil
sich diese Taten nur
bei der Einfuhr, nicht aber bei der Beihilfe zum Handeltreiben auf
nicht geringe
Mengen beziehen.
Der Angeklagte hat in den Fällen II 1-20 jeweils einige Gramm
Heroingemisch
für sich und 10 g Heroingemisch für den gesondert
verfolgten C. aus
den Niederlanden eingeführt. Bei dem vom Landgericht
festgestellten Wirkstoffgehalt
von 20 % ergibt dies einen Heroinhydrochlorid-Anteil von jeweils
mehr als 2 g, so daß für die Einfuhr die Grenze zur
nicht geringen Menge
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(1,5 g) überschritten ist. Die für C. mitgebrachten
Heroinmengen von jeweils
10 g waren aber nur zur Hälfte zum Weiterverkauf bestimmt. Die
Handelsmenge,
auf die sich die Beihilfehandlung des Angeklagten bezog, betrug daher
jeweils
5 g Heroingemisch. Bei einem Wirkstoffgehalt von 20 % ergibt dies eine
Wirkstoffmenge von 1 g. Damit erreicht das zum Weiterverkauf bestimmte
Heroin
nicht die Grenzmenge von 1,5 g Heroinhydrochlorid.
In den übrigen 102 Fällen beziehen sich sowohl die
Einfuhr als auch die
Beihilfe zum Handeltreiben auf nicht geringe Mengen, so daß
der Schuldspruch
insoweit Bestand hat.
2. Der Rechtsfolgenausspruch ist insgesamt aufzuheben.
a) Für die Fälle II 1-20 ergibt sich dies schon aus
der Änderung des
Schuldspruchs. Das Landgericht hat für alle 122
Einzelfälle Freiheitsstrafen
von zwei Jahren und zwei Monaten festgesetzt. Der Senat kann nicht
ausschließen,
daß das Landgericht auf der Grundlage des zutreffenden
Schuldspruchs
geringere Einzelstrafen verhängt hätte, zumal das
Landgericht bei der
Strafzumessung annimmt, daß die vom Angeklagten
eingeführten Drogen "zum
größten Teil auch gehandelt worden sind" (UA S. 8),
während sich aus den
Feststellungen ergibt, daß von der eingeführten
Gesamtmenge nur die Hälfte
der für die anderen Konsumenten mitgebrachten Heroinmengen zum
Weiterverkauf
bestimmt waren. Hieraus ergibt sich, daß jeweils deutlich
weniger als
die Hälfte der eingeführten Gesamtmenge zum
Handeltreiben bestimmt war.
Das Landgericht hat mit der Strafzumessung ferner nicht zugunsten des
Angeklagten
erwogen, daß sich seine festgestellte
Heroinabhängigkeit zu seinen
Gunsten auswirken kann. Danach läßt sich nicht
ausschließen, daß sich diese
Unzulänglichkeiten der Strafzumessung auch auf die Bemessung
der Einzelfreiheitsstrafen
in den übrigen Fällen zum Nachteil des Angeklagten
ausgewirkt
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haben. Auf die weiteren in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
dargelegten
Bedenken gegen die Strafzumessung kommt es somit nicht mehr an.
b) Das Landgericht hat es desweiteren rechtsfehlerhaft unterlassen, eine
Entscheidung darüber zu treffen, ob der Angeklagte in einer
Entziehungsanstalt
unterzubringen ist (§ 64 StGB). Die Prüfung dieser
Frage drängte sich im
vorliegenden Falle auf.
Das Landgericht hat zum Drogenkonsum des 23-jährigen
Angeklagten
im wesentlichen festgestellt, daß er im Alter von 13 Jahren
mit dem Rauchen
von Haschisch begann. Nach 1 ½ Jahren folgte der Konsum von
"Chemie, Pillen,
Pilzen und LSD." Mit 18 Jahren konsumierte er erstmals Heroin, das er
zunächst rauchte und seit dem Tod seiner Mutter im Jahre 2002
intravenös
konsumierte. Seit dem Jahr 2000 nahm der Angeklagte täglich
Heroin. Anfangs
bezog der Angeklagte das Heroin von den gesondert verfolgten H. und C.,
mit
denen er die Droge gemeinsam konsumierte. Im Februar 2002 begann er
schließlich mit den vom Landgericht abgeurteilten
Beschaffungsfahrten in die
Niederlande, um für sich und die beiden anderen Heroin zu
besorgen. Im Juni
2003 unterzog sich der Angeklagte einer Entgiftungsmaßnahme,
der sich ein
Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung anschloß. Die
Therapie brach er nach
Verstößen gegen die Hausordnung ab. Nachdem er
seinen Heroinkonsum insoweit
zeitweise eingestellt hatte, fuhr er ab Oktober 2003 erneut zur
Heroinbeschaffung
in die Niederlande (Fälle II, 117-122). Insgesamt
führte der Angeklagte
bei seinen Beschaffungsfahrten mehr als 2 kg Heroingemisch aus den
Niederlanden ein. Das Landgericht geht nach alledem davon aus,
daß der seit
zehn Jahren drogenerfahrene Angeklagte heroinabhängig ist und
die von ihm
begangenen Straftaten auf seine
Betäubungsmittelabhängigkeit zurückgehen.
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Angesichts dieser Umstände lag eine
Maßregelanordnung nach § 64
StGB in einer Weise nahe, daß das Fehlen der Prüfung
unter diesem Gesichtspunkt
einen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Mangel darstellt. Die
Strafkammer hätte - unter Hinzuziehung eines
Sachverständigen (§ 246 a
StGB) - prüfen müssen, ob die Gefahr besteht,
daß der Angeklagte infolge seiner
Abhängigkeit rückfällig werden und ob dem
durch die Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt begegnet werden kann, so daß er von seiner
Drogensucht
geheilt oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor einem
Rückfall in die
Drogensucht bewahrt werden kann (vgl. BVerfGE 91, 1). Durch die genannte
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind der Wortlaut des
§ 64 Abs.
2 StGB und die vom Generalbundesanwalt zitierte Entscheidung BGHSt 28,
327, 328 überholt; vielmehr setzt die
Maßregelanordnung eine hinreichend
konkrete Erfolgsaussicht voraus. Angesichts der eigenen
Therapiebemühungen
kann dies bei dem Angeklagten nicht ohne weiteres verneint werden. Der
Maßregelanordnung steht auch nicht entgegen, daß
das Landgericht eine erhebliche
Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der
Tatbegehung
verneint hat (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2;
Tröndle/Fischer, StGB
52. Aufl. § 64 Rdn. 11 m.w.N.).
Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die
Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (vgl. BGHSt 37, 5). Die Nichtanwendung
des § 64 StGB ist vom Rechtsmittelangriff des Angeklagten auch
nicht ausgenommen
worden (vgl. BGHSt 38, 362).
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3. Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, daß die
Zäsurwirkung
der Geldstrafe vom 16. Juli 2003 nicht deshalb entfällt, weil
das Landgericht
gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB davon
abgesehen hat, diese Geldstrafe in die
Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 32, 190; 44,
179,
184; Tröndle/Fischer aaO § 55 Rdn. 9 a m.w.N.).
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wegen Urlaubs an der
Unterschrift gehindert.
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