BGH, Beschl. v. 12.3.2003 - 1 StR 68/03
1 StR 68/03
StPO §§ 22 Nr. 5, 244 Abs. 3
Zur Bescheidung eines Beweisantrags auf Vernehmung von Mitgliedern des erkennenden Gerichts als Zeugen.
BGH, Beschl. vom 12. März 2003 - - LG Schweinfurt
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
12. März 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1. und 2: bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln
zu 3.: bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 4.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
zu 5.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. März 2003 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Schweinfurt vom 6. November 2002 werden als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Das Landgericht hat den Beweisantrag, die beiden Berufsrichter der
erkennenden Kammer als Zeugen zu vernehmen, im Ergebnis
rechtsfehlerfrei zurückgewiesen.
Mit diesem Antrag hatte die Verteidigung die Richter zum Beweise
dafür benannt, daß ein gesondert verfolgter Tatbeteiligter
in der gegen ihn stattgefundenen Hauptverhandlung, bei der diese
Richter ebenfalls mitgewirkt hatten, ein Geständnis erst abgelegt
hätte, nachdem die Verfahrensbeteiligten eine Absprache über
eine Höchststrafe getroffen gehabt hätten und ihm von der
Staatsanwaltschaft zugesichert worden sei, daß zum
Halbstrafenzeitpunkt von einer weiteren Strafvollstreckung abgesehen
werden würde. Das Landgericht hat daraufhin zu diesem Beweisthema
den Verteidiger des gesondert verfolgten Tatbeteiligten und den
zuständigen Oberstaatsanwalt als Zeugen gehört; beide haben
die Existenz einer derartigen Vereinbarung und Zusicherung nicht
bestätigt. Ferner haben die als Zeugen benannten Richter - in die
Beurteilung der Schuld- und Straffrage nicht einbezogene - dienstliche
Erklärungen zu den Beweisbehauptungen abgegeben, die inhaltlich
den Aussagen der beiden Zeugen entsprechen.
Bei dieser Sachlage durfte das Landgericht den aufrechterhaltenen
Beweisantrag auf Vernehmung der beiden Berufsrichter jedenfalls wegen
Prozeßverschleppungsabsicht zurückweisen. Es kann nicht in
das Belieben eines Prozeßbeteiligten gestellt werden, Mitglieder
des erkennenden Gerichts als in der Sache berufene gesetzliche Richter
für Vorgänge in einer gesondert geführten Verhandlung
gegen einen anderen Tatbeteiligten als Zeugen zu benennen und sie damit
gemäß § 22 Nr. 5 StPO von der Ausübung des
Richteramts auszuschließen mit der weiteren Konsequenz, daß
die Hauptverhandlung ausgesetzt und in anderer Besetzung neu begonnen
werden muß. Das Landgericht hat zu Recht zunächst andere
Personen, die ebenfalls an der früheren Verhandlung teilgenommen
hatten, als Zeugen zu der behaupteten Vereinbarung und Zusicherung
gehört. Nachdem diese die behaupteten Tatsachen nicht
bestätigt hatten, dienten die - in zulässiger Weise im
Freibeweisverfahren eingeholten - dienstlichen Erklärungen der als
Zeugen benannten Richter der Klärung der Frage, ob mit dem
Beweisantrag lediglich prozeßfremde Zwecke verfolgt werden (vgl.
BGHSt 45, 354, 361 f.). Da die dienstlichen Erklärungen ergaben,
daß auch die Richter die in ihr Wissen gestellten Tatsachen nicht
bestätigen könnten, konnte das Landgericht bei dem gegebenen
Stand der Beweisaufnahme davon ausgehen, daß der Verteidigung
bewußt war, daß die beantragte weitere Beweiserhebung mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine anderen Erkenntnisse
erbringen würde, und daß der aufrechterhaltene Beweisantrag
nur noch der Verfahrensverzögerung diente. Es bestehen auch keine
Bedenken dagegen, daß die als Zeugen benannten Richter bei dem
Beschluß darüber mitgewirkt haben, ob dem Antrag
stattzugeben sei (vgl. BGHSt 7, 330, 331; 11, 206).
2. Die Abfassung des angefochtenen Urteils (111 Seiten
Beweiswürdigung zu drei Seiten tatsächlicher Feststellungen)
gibt Anlaß zu dem Hinweis, daß die Beweiswürdigung
keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten soll. Sie
soll lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so
festgestellt sind. Es ist regelmäßig untunlich, den gesamten
Inhalt von Protokollen der Telefonüberwachung sowie die
Zeugenaussagen der Reihe nach und in ihren Einzelheiten mitzuteilen
(vgl. nur BGH NStZ 1998, 51 m.N.).
Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit |