BGH,
Beschl. v. 12.5.2004 - 5 StR 46/04
5 StR 46/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
12.05.2004
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12.05.2004
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Chemnitz vom 26. September 2003 nach
§ 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Fall II.2.
der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit wird
der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen,
die auch die hierdurch entstandenen
notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen
hat,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit
den zugehörigen Feststellungen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung
über die Bildung einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe
und über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels
an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in vier
Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten
verurteilt.
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Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der
Sachrüge
den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Erfolg. Im
übrigen ist das Rechtsmittel
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat im Fall II.2. der Urteilsgründe eine
Untreue
mit folgenden Feststellungen begründet:
Der Angeklagte und der Zeuge R erwarben 1998 sämtliche
Geschäftsanteile der A E GmbH und vertraten die Gesellschaft
als
alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Die
frühere Alleingesellschafterin
der GmbH, die A GmbH & Co. KG, hatte eine 1994 beschlossene
Kapitalerhöhung über 950.000 DM nicht vollzogen und
war - schon in Liquidation
befindlich - seit dem 31. Januar 2001 überschuldet. Auch die
vom
Angeklagten geführte GmbH geriet in erhebliche wirtschaftliche
Schwierigkeiten.
Um sich der nach § 16 Abs. 3, § 19 Abs. 1 GmbHG
bestehenden
Haftung in Höhe von 717.000 DM zu entziehen, trat der
Angeklagte als Vertreter
der GmbH am 2. März 2001 die gegen die KG i. L. bestehende -
wertlose
- Einlageforderung ohne Gegenleistung an die F KG ab. Dadurch
sollte der künftige Insolvenzverwalter der GmbH über
das Bestehen des gegen
den Angeklagten gerichteten Anspruchs getäuscht werden. Zwar
sei die
Einlageforderung in der Bilanz der GmbH unter „sonstige
Vermögensgegenstände“
als „Forderung gegen Gesellschafter“ ausgewiesen
gewesen. Der
durch die Abtretung wenigstens hervorgerufene Schein und die Buchung der
Abtretung hätten aber nicht mehr sichergestellt, daß
ein dem Angeklagten
nachfolgender Vertreter den Anspruch gegen den Angeklagten
hätte erkennen
können.
2. Diese Erwägungen des Landgerichts halten
sachlich-rechtlicher
Prüfung nicht stand. Zwar hat der Bundesgerichtshof in
ständiger Rechtsprechung
anerkannt, daß in den Fällen unordentlicher
Buchführung ein Nachteil
im Sinne des § 266 StGB als schadensgleiche
Vermögensgefährdung angenommen
werden kann, soweit die Durchsetzung berechtigter Ansprüche er-
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heblich erschwert, wenn nicht gar verhindert worden ist (vgl. BGHSt 47,
8, 11
m.w.N.). Dafür liegen nach den Feststellungen des Landgerichts
aber keine
Anhaltspunkte vor. Die Einstellung der Einlageforderung in die Bilanz
der
GmbH als „Forderung gegen Gesellschafter“ war nicht
geeignet, die Durchsetzung
des gegen den Angeklagten bestehenden Anspruchs erheblich zu
erschweren. Zwar wurde damit der Angeklagte als Mehrheitsgesellschafter
nicht persönlich als Verpflichteter bezeichnet. Solches war
hier aber auch
nicht erforderlich, weil sich der Bilanz schon aus der Bezeichnung
„Gesellschafter“
- bei seit 1998 unverändert zwei Gesellschaftern - ein
deutlicher
Hinweis auf den Angeklagten entnehmen ließ. Auch die Buchung
der Abtretung
war zur Verschleierung des Anspruchs gegen den Angeklagten ungeeignet.
Der Ausbuchung der Einlageforderung gegen die KG i. L. stand - infolge
der im übrigen nach § 399 BGB unwirksamen Abtretung -
nämlich keine
Gegenbuchung gegenüber. Dieser Umstand war sogar geeignet, die
besondere
Aufmerksamkeit des Insolvenzverwalters der GmbH auf die Abtretung
zu lenken und dadurch die Geltendmachung des Anspruchs gegen den
Angeklagten sogar noch zu fördern. Der ab dem 2. Mai 2001
tätig gewordene
Insolvenzverwalter hat den Einlageanspruch gegen den Angeklagten dann
auch gerichtlich durchgesetzt.
Damit vermag das Vorgehen des Angeklagten hier nicht mehr als einen
nicht strafbaren Versuch einer Untreue zu begründen.
Der Senat schließt aus, daß eine neue
Hauptverhandlung zu weitergehenden,
den Angeklagten belastenden Feststellungen wird führen
können,
und spricht den Angeklagten deshalb entsprechend § 354 Abs. 1
StPO selbst
frei (vgl. BGH NJW 1999, 1562, 1564).
3. Der Wegfall der Einsatzstrafe von einem Jahr und acht Monaten
Freiheitsstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach
sich. Dagegen
können die übrigen Freiheitsstrafen von zwei mal acht
und sechs Monaten
bestehenbleiben. Der Senat schließt aus, daß die
Bemessung dieser
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milden Strafen durch die aufgehobene Einsatzstrafe beeinflußt
war. Der neue
Tatrichter wird demnach aus diesen Strafen eine neue
Gesamtfreiheitsstrafe
zu bilden haben.
Harms Häger Raum
Brause Schaal |