BGH,
Beschl. v. 12.10.2000 - 5 StR 407/00
5 StR 407/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 12. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen vorsätzlichen Vollrausches
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2000
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 6. März 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit
den Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen
Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Während die Überprüfung des Urteils aufgrund
der vom Angeklagten geltend gemachten Verfahrensrügen und der
Sachrüge zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten
beschwerenden Rechtsfehler aufgedeckt hat, hat der
Rechtsfolgenausspruch im übrigen keinen Bestand. In seiner
Antragsschrift hat der Generalbundesanwalt insoweit ausgeführt:
"Dagegen hat die Strafkammer rechtsfehlerhaft die Anordnung der
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach
§ 64 Abs. 1 StGB nicht geprüft. Nach den
Urteilsfeststellungen war der Angeklagte alkoholabhängig (UA
S. 15); die Beziehung zur Nebenklägerin durch
regelmäßigen, erheblichen Alkoholkonsum
geprägt (UA S. 7). Aufgrund mehrerer Vorverurteilungen (UA S.
5/6) war dem Angeklagten bewußt, daß er unter
Alkoholeinfluß zu besonders aggressivem Verhalten neigt (UA
S. 7, 16). Obwohl die Strafkammer dem Angeklagten infolge seines
Alkoholkonsums eine Aufhebung der Steuerungs- und
Hemmungsfähigkeit i. S. des § 20 StGB zugebilligt und
ihn wegen Vollrausches verurteilt hat (UA S. 15), hat sie die Frage der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erörtert,
weshalb darüber neu verhandelt werden muß.
Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die
Nachholung einer Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2
Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5). Der Angeklagte hat die Nichtanwendung des
§ 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom
Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Anhaltspunkte
dafür, daß keine hinreichend konkrete Aussicht
besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen oder doch
über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die
akute Sucht zu bewahren (BVerfGE 91, 1 f., 29), sind nicht ersichtlich.
Es kann indes namentlich aufgrund des Verbrechenscharakters der
Rauschtat (UA S. 16) ausgeschlossen werden, daß der
Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung gemäß
§ 64 StGB
auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte, weshalb der
Strafausspruch bestehen bleiben kann."
Dem schließt sich der Senat an.
Harms Basdorf Tepperwien
Gerhardt Brause |