BGH,
Beschl. v. 12.10.2000 - 5 StR 414/99
Zum Begriff der Offensichtlichkeit in § 349 Abs. 2 StPO
BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2000 - 5 StR 414/99
LG Berlin -
5 StR 414/99
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 12. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2000
beschlossen:
Die Gegenvorstellung des Angeklagten S gegen den Beschluß des
Senats vom 17. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Senat hat die Revision des Angeklagten S durch Beschluß
gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich
unbegründet verworfen. Die Gegenvorstellung gibt keine
Veranlassung, diese Entscheidung im Wege der Selbstkorrektur einer
rechtskräftigen Entscheidung aufzuheben. Die im Zusammenhang
mit der Auslegung des in § 349 Abs. 2 StPO verwendeten
Begriffs "offensichtlich" behaupteten Verstöße gegen
Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG, die den Senat ausnahmsweise zu einer
Abänderung seiner nicht weiter anfechtbaren Entscheidung
berechtigen und verpflichten könnten (vgl. dazu BVerfGE 63,
77, 78 f.), liegen nicht vor.
In ihrer Gegenvorstellung verweist die Verteidigung auf Definitionen,
die auf Überlegungen des Initiators der Einführung
des Beschlußverfahrens am 8. Juli 1922 (RGBl. I, 569) - lex
Lobe - zurückgehen. Dieser hielt eine Revision für
offensichtlich unbegründet, wenn sich "die
Unbegründetheit dem Blick eines sachkundigen Beurteilers
sofort aufdrängt" (Lobe JW 1925, 1612). Die herrschende
Meinung in der Literatur hat diese Auslegung des Begriffs mit geringen
Abweichungen übernommen (vgl. die Nachweise bei Hanack in
Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 349 Rdn. 8).
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat sich das
Verständnis von "offensichtlicher" Unbegründetheit
seit Einführung der Beschlußverwerfung, die
zunächst ohne Antrag der Staatsanwaltschaft und ohne
entsprechendes rechtliches Gehör des Angeklagten erfolgen
konnte, jedoch gewandelt. Ohne Festlegung auf eine jeden Einzelfall
erfassende Definition entspricht es ständiger Spruchpraxis,
daß eine Revision auch dann durch Beschluß
verworfen werden kann, wenn der jeweilige Spruchkörper
einhellig die Auffassung vertritt, daß die von der Revision
aufgeworfenen Rechtsfragen zweifelsfrei zu beantworten sind und
daß auch die Durchführung der Hauptverhandlung keine
neuen Erkenntnisse tatsächlicher oder rechtlicher Art erwarten
läßt, die das gefundene Ergebnis in Zweifel ziehen
könnten. Diese Praxis richtet sich eng an Sinn und Zweck der
Regelung des § 349 Abs. 2 StPO aus, die dem Revisionsgericht
den Aufwand einer Hauptverhandlung ersparen will, wenn rechtsstaatliche
Garantien des Beschwerdeführers nicht in Gefahr geraten (vgl.
dazu BVerfG NJW 1982, 925; Tolksdorf in Salger-Festschrift, 1995 S.
393, 407). Sie steht damit auch im Einklang mit dem Gesetzestext, da
der Inhalt des Begriffs "offensichtlich" von dem finalen Zusammenhang
abhängig ist, in dem er gebraucht wird.
Dieses Verständnis liegt der Verwerfung der Revision im
vorliegenden Fall zugrunde, in dem sich der Senat auf umfassende
Ausführungen der Revision, überzeugende Darlegungen
des Generalbundesanwalts in seiner An-
tragsschrift und eine bislang nicht in Zweifel gezogene Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs zum Schutz deliktisch erlangten
Vermögens stützen konnte.
Harms Häger Tepperwien
Raum Brause |