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BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 13.12.2006 - 4 StR 421/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 421/06
vom
13.12.2006
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag bzw. nach Anhörung des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13.12.2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten J. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 16. Mai 2006, soweit es ihn betrifft,
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 9 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit wird der Angeklagte freigesprochen und fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte J. des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig ist;
c) mit den Feststellungen im Hinblick auf die Verfalls- und Einziehungsanordnung aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Verfalls- und Einziehungsanordnung sowie über die Kosten der Revision des Angeklagten J. an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten J. des "gemeinschaftlichen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, des gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und der Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich zum gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge", schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Außerdem hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 27.143.000,00 Euro angeordnet und drei Handys eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung materiellen Rechts rügt.
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Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen zum Fall II. 9 der Urteilsgründe (Verabredung zum gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) beschlossen der Angeklagte und der anderweitig verfolgte Co. , “weitere Rauschgiftgeschäfte im großen Stil durchzuführen“, und trafen Vorbereitungen dazu. Zur Konkretisierung der in Aussicht genommenen Geschäfte kam es jedoch nicht, und zwar "entweder aufgrund der ... Verhaftung des Angeklagten J. in Großbritannien wegen illegaler Geldwäsche oder weil der Angeklagte keine Rauschgiftgeschäfte mehr gemeinsam mit dem Zeugen Co. durchführen wollte" (UA 39). Danach ist zugunsten des Angeklagten
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(vgl. BGH StV 1995, 509 f.) davon auszugehen, dass er von der Verbrechensverabredung strafbefreiend zurückgetreten ist (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB).
Der Senat schließt aus, dass sich auf Grund neuer Hauptverhandlung Feststellungen treffen lassen, die eine Verurteilung des Angeklagten tragen könnten. Er spricht ihn daher insoweit frei; dies führt zur Änderung des Schuldspruchs.
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2. Trotz des Teilfreispruchs kann die Gesamtstrafe bestehen bleiben. Im Hinblick auf die für die übrigen Taten verhängten Einzelstrafen (10 Jahre, 8 Jahre 6 Monate, 6 Jahre, 7 Jahre 3 Monate, 5 Jahre 6 Monate, 4 Jahre 6 Monate, 7 Jahre 6 Monate und 5 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe) kann davon ausgegangen werden, dass das Landgericht bei Wegfall der für den Fall II. 9 verhängten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten keine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als 13 Jahre und 6 Monate verhängt hätte. Der Senat erachtet die Gesamtstrafe im Übrigen auch als angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1, Abs. 1 b Satz 3 StPO.
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3. Die Verfalls- und die Einziehungsanordnung müssen allerdings aufgehoben werden. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:
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"Die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB in der erkannten Höhe kann ... keinen Bestand haben.
Die Schätzung des Umfangs des Erlangten gemäß § 73 b StGB ist nicht frei von Rechtsfehlern.
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Es ist bereits rechtsfehlerhaft, dass sich die Kammer in den Fällen 2 (UA S. 16 ff.) und 8 (UA S. 36 f.) der Urteilsgründe am Verkauf der Gesamtmenge der jeweils gelieferten Betäubungsmittel orientiert hat (UA S. 110 f.), obwohl im Fall 2 eine Teilmenge von 539 kg Haschisch vom französischen Zoll sichergestellt (UA S. 20) und im Fall 8 die gesamte Liefermenge an den Geschäftspartner B. zurück gegeben wurde (UA S. 36 f.).
Darüber hinaus begegnet es durchgreifenden Bedenken, dass die Kammer ohne nähere Begründung davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe den gesamten Erlös aus den Betäubungsmittelgeschäften gemäß den §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB erlangt. 'Erlangt' ist ein Vermögensvorteil dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. BGH NStZ 2003, S. 198 f.). Dies hat die Kammer in Bezug auf den Gesamterlös der Betäubungsmittelgeschäfte nicht festgestellt. Dieser Schluss ist nach den getroffenen Feststellungen auch nicht offensichtlich. Danach war der Angeklagte als Teil einer in ganz Europa tätigen Organisation von Rauschgifthändlern nur für den Transport der Drogen innerhalb Europas inklusive deren Zwischenlagerung und Verteilung zuständig (UA S. 9). Daraus folgt nicht, dass der Angeklagte selbst und nicht lediglich ein anderer Teil dieser Organisation die erzielten Erlöse erhalten hat. Eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung käme nur dann in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411 … und BGH NStZ 2003, S. 198 f.) [und er diese auch hatte]. Dafür fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Eine weitergehende Zurechnung erfolgt dagegen nicht (vgl. dazu Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren Rdnr. 259 ff. und Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 73 Rdnr. 10). ... Als hinreichend sicher 'erlangt' gemäß den §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB sind daher derzeit nur die Erlösanteile anzusehen, die der Angeklagte an seine Mittäter wie den Zeugen S. in Höhe von 200.000 DM (UA S. 14) und an den Mitangeklagten C. in Höhe von 30.000 Gulden (UA
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S. 20) weitergeleitet hat (vgl. BGH NStZ 2003, S. 198 f.). Die Verfallsanordnung ist aber insgesamt aufzuheben, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass in der Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen zum Umfang des Erlangten getroffen werden können. ...
Die Einziehung der sichergestellten Mobiltelefone ist ebenfalls aufzuheben. Für deren Anordnung fehlt es gemäß § 74 Abs. 1 StGB an Feststellungen, dass diese Telefone für die der Verurteilung zugrunde liegenden Betäubungsmittelgeschäfte des Angeklagten gebraucht worden sind.“
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann


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