BGH,
Beschl. v. 13.12.2006 - 5 StR 459/06
5 StR 459/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
13.12.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13.12.2006
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam
vom 8. Juni 2006 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der
Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet
verworfen, dass der Angeklagte wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe von 15 Jahren und unter Einbeziehung der durch das
Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 20. Oktober 2005
verhängten Strafen unter Auflösung der dort
gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15
Jahren verurteilt ist.
Ferner wird die Urteilsformel dahingehend ergänzt, dass die
vom Angeklagten in Österreich erlittene Freiheitsentziehung im
Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
dadurch den Nebenklägerinnen entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen. Indes wird die Gebühr um ein Viertel
ermäßigt und die im Revisionsverfahren entstandenen
gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten je zu
einem Viertel der Staatskasse auferlegt.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags (in einem
besonders schweren Fall) unter Einbeziehung zweier anderweitig
verhängter Geldstrafen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als
Gesamtstrafe verurteilt und
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den Pkw des Angeklagten eingezogen. Die dagegen mit der
Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt
den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg.
1. Nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts
verabredete sich der Angeklagte am Abend des 24. August 2004 mit seinem
Bekannten K. . Dieser erwartete Geld vom Angeklagten, das aus einer
Zahlung von Ö. stammen sollte. Der Angeklagte nahm K. gegen
22.30 Uhr am U-Bahnhof Neukölln in seinen Pkw Mercedes auf und
fuhr zur nahe gelegenen Wohnung des Ö. . Dieser stieg hinten
rechts in den Pkw des Angeklagten. K. begrüßte
Ö. aus dem Wagen heraus. Eine unbekannt gebliebene Person
stieg hinter dem Fahrer ein. Ob sich darüber hinaus eine
weitere unbekannte Person in dem Fahrzeug befand, konnte nicht
völlig ausgeschlossen werden. Der Angeklagte fuhr aus Berlin
heraus auf die BAB 13 in Richtung Cottbus bis zur Abfahrt Halbe. Gegen
24.00 Uhr bog er Richtung Halbe fahrend 83 m weit in den
nächstgelegenen Waldweg ein, bis eine Weiterfahrt aufgrund
einer Anhöhe nicht mehr möglich war. Der Angeklagte
wendete sein Fahrzeug, kehrte auf die Landstraße
zurück und folgte dem nächsten, einem von einem
Waldparkplatz abgehenden Waldweg 350 m weit in den Wald hinein.
„Der Angeklagte und mindestens ein weiterer unbekannter
Mittäter veranlassten K. und Ö. nun, das Fahrzeug zu
verlassen und erschossen sie“ (UA S. 13) - mit je vier
Kopfschüssen aus einer Pistole - nahezu zeitgleich. Der
Angeklagte fuhr weiter nach Lauchhammer, den Wohnort seines Bruders,
und sodann nach Stallgast, wo er selbst wohnte.
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Am Morgen des 25. August 2004 erschien der Angeklagte - noch vor der
Öffnung von dessen Werkstatt - hektisch und nervös
bei dem Zeugen S. und begehrte die Umrüstung seines Pkw auf
Winterräder. Anschließend ließ er eine
Komplettreinigung seines Fahrzeugs - unter besonderem Hinweis auf
Flecken auf dem Fahrer- und Beifahrersitz - vornehmen.
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2. Das Landgericht hat es in seinen Feststellungen und
beweiswürdigenden Erwägungen offen gelassen, ob der
Angeklagte oder ein unbekannt gebliebener Mittäter die beiden
Tatopfer getötet hat. Solches gefährdet den Bestand
des Schuldspruchs aber nicht.
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Zwar wäre das Schwurgericht in Beachtung des Grundsatzes in
dubio pro reo verpflichtet gewesen, mangels sicher zu treffender
Feststellungen zur Person des Schützen bei dem Angeklagten von
der ihm günstigsten Möglichkeit - Schütze
ist der Mittäter - auszugehen (vgl. BGHR StPO § 261
in dubio pro reo 8). Dies stellt das Beweisergebnis des Schwurgerichts,
der Angeklagte sei Mittäter, aber nicht in Frage. Nach der
fehlerfreien Schlussfolgerung des Tatrichters aus den
Umständen der Tatausführung und den
Verletzungsbildern war jedenfalls ein die beiden Opfer
nötigender Einsatz eines zweiten Täters erforderlich,
um mit nur einer zur Verfügung stehenden Pistole die zwei mit
dem Pkw des Angeklagten in den Wald verbrachten Männer im
Wesentlichen zeitgleich erschießen zu können.
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Der Annahme von Mittäterschaft steht - auch unter
Berücksichtigung des Gebots, die dem Angeklagten jeweils
günstigste Möglichkeit zugrundezulegen (vgl. BGHR
aaO) - nicht entgegen, dass es das Landgericht unterlassen hat,
ausdrücklich zu erörtern, ob die nicht
völlig ausgeschlossene Mitwirkung eines weiteren
Täters für den Angeklagten Günstigeres
ergeben hätte. Die Wertung des Landgerichts, der schweigende
Angeklagte komme nicht als Gehilfe in Betracht, beruht auch in jener
Variante der Mitwirkung von zwei weiteren Mittätern auf einer
in der Gesamtschau ausreichenden Tatsachengrundlage. Nur der Angeklagte
hatte vor der Tat Kontakt zu den Opfern, er fuhr die Opfer im zweiten
Anlauf an einen an der Fahrtstrecke zu seinem Wohnort gelegenen
ausreichend von der Landstraße entfernten Tatort. Er
verfügte vor der Tat über eine Waffe und Munition.
Ein Vertrauter des Angeklagten schildert eine zur Lage des Angeklagten
passende Tat- und Fluchtsituation eines Freundes. Nur für den
Angeklagten haben sich Hinweise für ein
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Tatmotiv ergeben. All dies belegt einen erheblichen Umfang an der
Tatbeteiligung und ein eigenes Tatinteresse (vgl. BGHSt 37, 289, 291).
3. Die Auffassung der Revision, das Landgericht habe das auf massive
Beseitigung von Spuren und die Beschaffung falscher Alibis
ausgerichtete Nachtatverhalten zu Unrecht schuldbegründend
bewertet, trifft nicht zu, zumindest beruht hierauf der Schuldspruch
nicht. Letztlich hat das Schwurgericht nur darauf hingewiesen, dass
auch das Verhalten des Angeklagten im Einklang mit der Annahme seiner
Täterschaft stehe.
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4. Indes begegnet die Annahme eines besonders schweren Falles des
Totschlags (§ 212 Abs. 2 StGB) durchgreifenden Bedenken. Die
hierfür als tragend herangezogene Annahme besonders intensiver
Tatausführung durch den Angeklagten beruht nicht auf einer
hinreichend sicheren Tatsachengrundlage (vgl. BGH StV 2002, 235). Die
Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe zwei Menschen
auf hinrichtungsähnliche Weise getötet, legt nahe,
dass das Schwurgericht bei der Strafzumessung zu Unrecht von einer
eigenhändigen Erschießung der Opfer durch den
Angeklagten ausgegangen ist. Ebenso fehlt der vom Landgericht
angenommenen sorgfältig vorbereiteten und geplanten
Tatausführung schon mangels sicherer Feststellungen zum
Zeitpunkt des Tötungsentschlusses die gebotene objektive
Grundlage.
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Der Senat wandelt deshalb den Strafausspruch lebenslange
Freiheitsstrafe in die höchste zeitige Freiheitsstrafe von 15
Jahren um und bildet mit den bereits einbezogenen Geldstrafen eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren. Es ist auszuschließen,
dass die Schwurgerichtskammer für die jedenfalls objektiv
hinrichtungsähnliche Tötung von zwei Menschen auf
eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
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Außerdem bestimmt der Senat den für die
Freiheitsentziehung in Österreich anzuwendenden
Anrechnungsmaßstab.
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