BGH,
Beschl. v. 13.1.2005 - 3 StR 473/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 473/04
vom
13.01.2005
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 13. Januar
2005 gemäß §§ 44, 349 Abs. 2 und 4
StPO einstimmig beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur
Begründung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck
vom 30. August 2004 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluß des Landgerichts Lübeck vom
11. November
2004, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig
verworfen worden ist, gegenstandslos.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil
in den Fällen II. 1, 3, 4, 6, 8, 9, 12, 13, 18 - 22, 26, 29, 32
und 33 sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den
zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Hehlerei" (nach dem Ergebnis
der rechtlichen Würdigung: "gewerbsmäßiger
Hehlerei") in fünf Fällen,
gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwölf
Fällen, schweren Bandendiebstahls,
Diebstahls, Unterschlagung und Beihilfe zum Betrug zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe
von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des
Angeklagten
führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte wegen
gewerbsmäßiger
Hehlerei und wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei
verurteilt
worden ist, sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
1. Die Urteilsgründe genügen in den genannten
Fällen nicht den Anforderungen
des § 267 StPO:
a) Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO sind die für
erwiesen erachteten Tatsachen
anzugeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden
werden. Hierzu hat der Tatrichter auf der Grundlage einer
vorausgegangenen
rechtlichen Subsumtion die Urteilsgründe so abzufassen,
daß sie erkennen
lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven
und subjektiven
Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen
können
(vgl. zur Feststellung der Tatbestandsmerkmale
Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile
in Strafsachen 27. Aufl. Rdn. 281 ff., insbes. 287). Daran fehlt es
hier. Der in
Abschnitt II. der Urteilsgründe mitgeteilte Sachverhalt ist
vielfach unvollständig
und erlaubt eine ausreichende revisionsrechtliche Nachprüfung
des Schuldspruches
nicht (vgl. BGH NStZ 2000, 607 f.). Eine ergänzende
Heranziehung
des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe ist nicht
möglich, da sich die
Beweiswürdigung in der Mitteilung erschöpft, die
Angeklagten hätten die Taten
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übereinstimmend und glaubhaft gestanden, und sich die
rechtliche Würdigung
auf die Angabe des Endergebnisses beschränkt.
b) Ferner müssen nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO die
zur Anwendung
gebrachten Strafgesetze bezeichnet werden. Enthält eine
Strafvorschrift mehrere
Begehungsformen, muß ersichtlich sein, in welcher Form der
Tatbestand
nach Auffassung des Gerichts erfüllt ist
(Meyer-Goßner/Appl aaO Rdn. 415).
Das wäre hier insbesondere bei den Hehlereifällen
erforderlich gewesen, da
der Tatbestand des § 259 Abs. 1 StGB vier verschiedene
Alternativen (Ankauf,
Sichverschaffen, Absatz und Absatzhilfe) kennt; nur in einem Teil
dieser Fälle
versteht sich die angewandte Begehungsform auf Grund des mitgeteilten
Sachverhalts von selbst.
2. Im einzelnen ergeben sich aus der unzureichenden Darstellung folgende
Rechtsmängel:
a) Der Tatbestand der Hehlerei nach § 259 StGB setzt voraus,
daß ein
anderer die Sache gestohlen oder sonst durch ein
Vermögensdelikt an sich
gebracht hat. Hehler kann somit nicht sein, wer an der Vortat als
Täter oder
Mittäter beteiligt war. Hier hätte sich in den
Fällen 1, 4, 8 und 29 die Prüfung
aufgedrängt, ob der Angeklagte S. nicht als Mittäter
am Diebstahl beteiligt
war. Er hat in diesen Fällen Mitbeteiligten den Auftrag
erteilt, ein bestimmtes
Gerät zu entwenden, um es sodann an ihn zu übergeben,
damit er es verkaufen
bzw. für sich verwenden kann (Fall 8). Dies spricht
dafür, daß er nicht nur
den Plan für diese Taten entwickelt hat, sondern durch die
Auftragserteilung für
ein bestimmtes Tatobjekt und die anschließende Verwertung ein
erhebliches
eigenes Tatinteresse und auch Anteil an der Tatherrschaft hatte.
Besonders
deutlich wird dies im Fall 1, in dem er den Auftrag erteilte, einen
bestimmten
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Minibagger auf dem von ihm selbst als Niederlassungsleiter verwalteten
Betriebsgelände
der Fa. M. in B. wegzunehmen. Dabei wäre in diesem
Fall weiter zu prüfen gewesen, ob der Angeklagte nicht
Alleingewahrsam
an den auf dem Gelände gelagerten Geräten hatte. Denn
dann würde Diebstahl
als Vortat ausscheiden und Unterschlagung durch den Angeklagten
selbst in Betracht kommen, die bereits in der Erteilung des
Wegnahmeauftrags
liegen könnte. Im Fall 8 liegt die Annahme von
mittäterschaftlichem Diebstahl
besonders nahe, weil hier der Angeklagte einen anderen beauftragt hat,
einen
für ihn selbst benötigten Elektroherd zu entwenden.
Der Senat weist in diesem
Zusammenhang darauf hin, daß Mittäter eines
Diebstahls auch sein kann, wer
selbst am Tatort nicht mitwirkt, jedoch die übrigen
Voraussetzungen von Mittäterschaft
erfüllt (BGHSt 33, 50, 53).
b) Im Fall 6 ist fraglich, ob eine Hehlereihandlung vorliegt. Es wird
nicht
mitgeteilt, welche der Alternativen des § 259 Abs. 1 StGB
angenommen worden
ist. Die Sachverhaltsschilderung deutet darauf hin, daß die
Strafkammer
an Absatzhilfe gedacht hat. Denn danach gestattete der Angeklagte den
Dieben,
die Beute bei ihm vorübergehend einzulagern, "um ihnen beim
Absatz zu
helfen". Bloßes Einlagern für einen
späteren Verkauf bereitet jedoch den Absatz
erst vor und stellt noch keine Absatzhilfe dar (st. Rspr.; vgl. BGH
wistra
1993, 61 f.; NStZ 1993, 282 f.). Allerdings käme bei dieser
Sachlage Begünstigung
nach § 257 StGB in Betracht, die von der Strafkammer nicht
geprüft worden
ist.
c) Der Tatbestand der Hehlerei erfordert zudem das subjektive
Tatbestandsmerkmal
"sich oder einen Dritten zu bereichern". Eine solche
Bereicherungsabsicht
mag zwar bei Tatumständen wie hier nahe liegen, doch macht
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dies eine entsprechende tatrichterliche Feststellung - ähnlich
wie beim Erfordernis
des Eigennutzes beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln -
nicht entbehrlich.
Denn es ist durchaus vorstellbar, daß ein Beteiligter, der
sich generell
durch Straftaten eine Einnahmequelle erschließen will,
gleichwohl im Einzelfall
Hilfeleistungen auch aus Gefälligkeit erbringt. Dies betrifft
insbesondere die
Fälle 6, 18 und 32, in denen nicht ersichtlich ist,
daß der Angeklagte einen Erlösanteil
bekommen sollte. Auch im Fall 3 ist dies nicht eindeutig. Zwar wird
mitgeteilt, daß er von dem Verkäufer Sch. einen
Erlösanteil von
5.000 DM erhalten hat, doch fehlt es an der Angabe, was er dem
Vortäter zu
zahlen hatte.
Sollte es dem Angeklagten darauf angekommen sein, einen
Vortäter
durch seine Absatzbemühungen zu bereichern, würde
auch dies für die Erfüllung
des Tatbestandes nicht ausreichen. Denn Dritter im Sinne des §
259 StGB
kann nicht ein Vortäter sein (BGH NStZ 1995, 595).
d) Soweit der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger
Bandenhehlerei verurteilt
worden ist, fehlt es an ausreichenden Feststellungen, ob er als Hehler
Mitglied
der Bande geworden war und ob sämtliche nach § 260 a
StGB abgeurteilten
Fälle der Bande zugerechnet werden können.
aa) In den Urteilsgründen wird vorab festgestellt,
daß der Angeklagte
sich mit vier anderen Personen verabredet habe, sich durch
Diebstähle und
den anschließenden Verkauf der Beute eine Einnahmequelle zu
schaffen. Näheres
zum Inhalt und den Umständen dieser Verabredung wird nicht
mitgeteilt.
Dies wäre erforderlich gewesen, zumal sich aus den sonstigen
Feststellungen
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Umstände ergeben, die gegen eine Bandenmitgliedschaft des
Angeklagten
sprechen könnten.
Schließen sich mehrere Personen zur gemeinsamen Begehung von
Diebstählen zusammen, um anschließend die Beute
durch einen Dritten verkaufen
zu lassen, so können sie ihm die Beute zum einen - auch in der
Art einer
ständigen "Geschäftsbeziehung" - zum An- und
Weiterverkauf anbieten,
zum anderen können sie ihn aber als Bandenmitglied
einbeziehen, das dann
den Weiterverkauf für die (gemischte) Bande bewerkstelligt.
Welche der beiden
Konstellationen vorliegt, hat der Tatrichter nach Bewertung der
maßgeblichen
Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei werden neben
dem Inhalt
etwaiger Abreden insbesondere die Erlösverteilung und
Risikotragung von
wesentlicher Bedeutung sein (vgl. zur ähnlichen Problematik
beim Bandenhandel
BGH StraFo 2004, 253). Zu alledem ist den Urteilsgründen -
abgesehen
davon, daß im Fall 29 der Erlös verteilt worden ist
- nichts zu entnehmen. Die
zu einzelnen Fällen festgestellte Handhabung spricht sogar
eher gegen eine
Bandenmitgliedschaft. So wird zu Fall 26 mitgeteilt, daß der
Angeklagte aus
der Gesamtbeute, die u. a. aus einer "größeren
Anzahl" von DVD-Playern bestand,
nur zwei DVD-Player von den Dieben übernommen und "mit Gewinn"
abgesetzt habe. Dies deutet daraufhin, daß er die Ware
abgekauft und im Eigeninteresse
weiterverkauft hat. Bei einem Handeln für die Bande
wäre eine
Auskehrung des Erlöses, nicht aber die Erzielung eines
"Gewinns" zu erwarten
gewesen. Entsprechendes gilt im Fall 33, bei dem die Diebe von 318
erbeuteten
Bügeleisen 313 selbst absetzten und nur fünf dem
Angeklagten für je 10 €
verkauften.
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bb) Auch bei Annahme einer Bandenmitgliedschaft des Angeklagten
wäre
weiterhin zu prüfen gewesen, ob er die jeweilige Tat "als
Mitglied der Bande"
begangen hat, also ein ausreichender Bandenbezug feststellbar ist (vgl.
BGHR
StGB § 260 Abs. 1 Bande 1). Dies mag bei Taten, die
entsprechend der Bandenabrede
von mehreren Bandenmitgliedern begangen werden, auf der Hand
liegen und keiner näheren Begründung
bedürfen. Anders liegt es indes bei Taten,
an denen keine weiteren Bandenmitglieder oder nur
außenstehende Personen
beteiligt sind oder die nach ihrer Begehungsweise der Bandenabrede
nicht entsprechen. Bei den hier abgeurteilten Sachverhalten
fällt auf, daß als
Vortäter und - eingeweihte - Abnehmer zahlreiche weitere
Personen mitgewirkt
haben, die nicht der Bande zugerechnet worden sind, ohne daß
den Urteilsgründen
die Kriterien entnommen werden können, nach welchen gleichwohl
die
Zuordnung als Bandentat erfolgt ist. Besonders fraglich ist der
Bandenbezug in
dem bereits aus anderen Gründen der Aufhebung unterliegenden
Fall 18, in
dem die Vortat kein Diebstahl, sondern eine Unterschlagung durch ein
Nichtbandenmitglied
war, und der Beutegegenstand lediglich an ein Bandenmitglied,
den Mitangeklagten Ho. , weitergegeben worden ist. Entsprechendes
gilt im Fall 21, bei dem kein anderes Bandenmitglied beteiligt war,
vielmehr der
Angeklagte von einem Dritten entwendete Geräte diesem ab- und
sodann weiterverkaufte.
Soweit die Strafkammer dazu festgestellt hat, dies sei im
"Bandeninteresse"
erfolgt, fehlt es an jeglicher Begründung; insbesondere ist
nichts
dazu zu entnehmen, daß die übrigen Bandenmitglieder
am Verkaufserlös beteiligt
worden wären.
3. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen
Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben. Daß im Fall 5
Ausführungen dazu fehlen,
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ob H. an dem LKW mit Ladung Allein- oder Mitgewahrsam hatte und somit
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Diebstahl oder Unterschlagung vorliegt (vgl. BGHR StGB § 242
Abs. 1 Gewahrsam
6, 7), beschwert den Angeklagten nicht. Entsprechendes gilt
für den
Fall 7, in dem der Verkauf des Computers nicht unter dem Gesichtspunkt
einer
Hehlerei geprüft worden ist.
Tolksdorf Winkler Pfister
von Lienen Hubert |