BGH,
Beschl. v. 13.3.2007 - 5 StR 320/06
5 StR 320/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 13.3.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mordes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13.3.2007 beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Cottbus vom 20. Februar 2006 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) in den Schuldsprüchen dahingehend geändert, dass
die Angeklagten jeweils wegen Totschlags in Tateinheit mit Misshandlung
von Schutzbefohlenen verurteilt sind,
b) in den Strafaussprüchen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht Cottbus hat die beiden miteinander verheirateten
Angeklagten jeweils wegen Mordes in Tateinheit mit Misshandlung von
Schutzbefohlenen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die
Revisionen der Angeklagten haben den aus dem Tenor ersichtlichen
Teilerfolg; sie sind im Übrigen unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts töteten die
Angeklagten durch Unterlassen ihren gemeinsamen Sohn Dennis, der im
Alter von sechs Jahren am 20. Dezember 2001 an Atrophie infolge einer
über mehrere Monate andauernden hochgradigen
Unterernährung verstarb. Dennis wurde als drittes von sieben
gemeinsamen Kindern der Angeklagten und als siebtes von elf Kindern der
Angeklagten A. B. am 4. Januar 1995 geboren. Schon zu dieser Zeit stand
die Familie unter Beobachtung des Jugendamtes. Unzureichende
hygienische Verhältnisse und die Gefahr einer nicht
ordnungsgemäßen Versorgung führten im Mai
1995 zum Entzug des Sorgerechts für Dennis und die anderen
Kinder. Einen Monat später kam Dennis in ein Pflegeheim. Als
er 18 Monate alt war, wog er knapp zehn Kilogramm und war gesund. Von
Seiten des Heims wurde er als sehr lebhaftes, zuweilen auch aggressives
Kind geschildert, welches oft etwas unruhig sei und eines geregelten
Tagesablaufs bedürfe. Am 30. September 1996 kehrte er auf
Antrag der Angeklagten in den elterlichen Haushalt zurück;
zwei Monate später wurde der Sorgerechtsentzug aufgehoben. Bis
Ende 2000 erfolgten Hausbesuche des Jugend- und Sozialamtes, wobei es
jedoch nicht um Dennis ging. Den Mitarbeitern der Ämter fiel
auch in Bezug auf ihn nichts Ungewöhnliches auf. Bei Besuchen
in der Wohnung der Angeklagten bemühten sich diese nicht etwa,
Dennis zu verbergen. Die Erziehung von Dennis gestaltete sich
allerdings für die Angeklagte A. B. , die sich um die Kinder
und den Haushalt fast ausschließlich allein
kümmerte, schwieriger als bei ihren anderen Kindern. Sie
empfand Dennis’ Verhalten oft als
„bockig“ und griff bei ihm auch zu
körperlichen Strafen; so schlug sie ihn mit der flachen Hand
auf das Gesäß oder warf ihn auf das Bett. Um ihn
nachts am Verlassen des Bettes zu hindern, band sie ihm einen
Bademantelgürtel um den Bauch, den sie an den Bettstreben
befestigte. Zudem kam es vor, dass Dennis ohne Abendessen zu Bett gehen
musste, wenn er sich nicht „fügen wollte“.
Wenn dies in Gegenwart des Angeklagten F. B. geschah, brachte er
Dennis, der nach den Angaben der Angeklagten sein
„Liebling“ war, mehrfach „etwas zu essen
ans Bett“, im Übrigen zog er es jedoch vor, nicht
gegen die Erziehungsmethoden seiner dominanten Ehefrau zu opponieren.
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Dennis verlor spätestens „ab dem dritten bis vierten
Lebensjahr rapide an Gewicht“, da er immer weniger Nahrung zu
sich nahm. Wurde er zum Essen gerufen, blieb er zuweilen im
Kinderzimmer; bei den grundsätzlich gemeinsam im Familienkreis
eingenommenen Mahlzeiten verzehrte er sehr wenig, da er kein Verlangen
nach Nahrung mehr verspürte. Seine Eltern bemerkten, dass er
immer weniger aß und immer dünner wurde,
schließlich nur noch „Haut und Knochen“
war. In den Monaten vor seinem Tode nähte die Angeklagte A. B.
zweimal seine Hose um etwa zehn bis 15 Zentimeter enger, der Angeklagte
F. B. besorgte für Dennis immer kleinere Kleidung beim
Sozialamt. Er schlug mehrmals vor, wegen des Zustands von Dennis einen
Arzt aufzusuchen. Die Angeklagte A. B. beschwichtigte ihren Ehemann
jeweils, indem sie ihm wider besseres Wissen mitteilte, mit Dennis sei
„alles in Ordnung“. Danach drängte der
Angeklagte, der von März 2001 bis März 2002
durchgehend im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
tätig war, auch nicht weiter auf einen Arztbesuch. In den
letzten drei Monaten vor seinem Tode war Dennis schließlich
so schwach, dass er kaum noch laufen konnte und - z. B. beim Spielen -
mit dem Rücken angelehnt sitzen musste. Die Angeklagten
erkannten den lebensbedrohlichen Gesundheitszustand, sie
ließen Dennis dennoch keine Hilfe zuteil werden, womit sie
seinen Tod billigend in Kauf nahmen.
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Im Laufe des 20. Dezember 2001 brach Dennis infolge der sich
über Monate entwickelten Auszehrung zusammen. Die Angeklagte
A. B. , die sich als einzige mit ihm in der Wohnung befand, legte ihn
in sein Bett und brachte ihm Tee, Dennis zeigte aber keine Reaktion.
Den später von ihr festgestellten Tod von Dennis verheimlichte
sie den anderen Familienmitgliedern, auch dem Angeklagten F. B. . Sie
lagerte Dennis Leiche zunächst für ein bis zwei Tage
im Bettkasten und schließlich in einer ungenutzten
Tiefkühltruhe in der Küche. Um das Verschwinden von
Dennis zu erklären, gab sie - auch gegenüber dem
Mitangeklagten - an, Dennis befinde sich aufgrund einer
Diabeteserkrankung in einem Berliner Krankenhaus. Dies
erklärten die Angeklagten schließlich auch
gegenüber der Schulbehörde und
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dem Sozialamt, die sich zuweilen nach Dennis erkundigten, denn dieser
war bereits seit 2001 schulpflichtig, jedoch nie in der Schule oder zu
einer schulärztlichen Voruntersuchung erschienen. Da
zunächst niemand Verdacht schöpfte, blieb der Tod von
Dennis über zweieinhalb Jahre unbemerkt.
2. Soweit sich die Revisionen gegen die Annahme des Schwurgerichts
wenden, Dennis sei aufgrund einer Atrophie verstorben und die
Angeklagten hätten die gebotene Hilfe mit
Tötungsvorsatz unterlassen, sind sie unbegründet.
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a) Die Feststellungen der sachverständig beratenen Strafkammer
zur Todesursache sind ohne durchgreifenden Rechtsfehler getroffen
worden. So ist der Tod von Dennis infolge einer Atrophie aufgrund einer
über mehrere Monate andauernden Unterernährung unter
Ausschluss anderer denkbarer Todesursachen nachvollziehbar belegt. Auch
lässt sich den Urteilsausführungen noch hinreichend
sicher entnehmen, dass Dennis bei entsprechender intensivmedizinischer
Hilfe kurz vor seinem Tode hätte gerettet werden
können.
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b) Auch die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes hält
revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
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aa) Die vom Landgericht zur Begründung des
Tötungsvorsatzes herangezogenen Tatsachen beruhen auf einer
tragfähigen Beweiswürdigung, wenn sich diese auch im
Wesentlichen in der Wiedergabe der verschiedenen, teilweise in sich und
zueinander widersprüchlichen Angaben der Angeklagten
erschöpft. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe
lässt sich noch entnehmen, dass das Tatgericht sich insoweit
auf die für glaubhaft befundenen Angaben des Angeklagten F. B.
gestützt und so die teilweise abweichende Einlassung der
Angeklagten A. B. widerlegt hat.
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bb) So hat die Strafkammer ihre Überzeugung, dass die
Angeklagten den Tod von Dennis billigend in Kauf genommen und nicht
mehr auf eine von allein einsetzende Besserung vertraut haben, aus dem
sich verschlechternden Zustand und der hieraus resultierenden, auch
ihnen erkennbaren Gefährdung des Jungen gewonnen. Dieser
Schluss auf die geistige Vorwegnahme und Billigung seines
möglichen Todes war - auch unter Berücksichtigung,
dass die Billigung der Tötung des eigenen Kindes
naturgemäß die Überschreitung
höchster Hemmschwellen voraussetzt (vgl. BGHR StGB §
212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 50) - jedenfalls aufgrund der Kenntnis
der Angeklagten davon, dass Dennis nur noch „Haut und Knochen
war“ sowie kaum mehr aus eigener Kraft laufen und ohne
Stütze sitzen konnte, und weil deswegen die Hinzuziehung eines
Arztes zwischen ihnen diskutiert wurde, möglich und ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Damit ist bedingter
Tötungsvorsatz zumindest für die letzte Phase des
Gesamtverhaltens der Angeklagten noch ausreichend belegt.
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Das vom Tötungsvorsatz getragene Unterlassen von
Hilfsmaßnahmen war auch kausal für den Tod von
Dennis. Dieser hätte kurz vor seinem Tode noch gerettet werden
können. Es versteht sich zudem von selbst, dass bei
pflichtgemäßem Handeln zu dem Zeitpunkt, als die
Angeklagten die tödliche Gefährdung ihres Kindes
erkannten, dessen Leben verlängert worden wäre.
3. Die Annahme des Mordmerkmals der grausamen Begehungsweise hat
hingegen keinen Bestand.
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Das Mordmerkmal „grausam“ wird durch eine
gefühllose und unbarmherzige Gesinnung des Täters und
die Billigung von Tatumständen gekennzeichnet, welche es
bedingen, dass dem Opfer durch die Tötungshandlung besondere
Schmerzen oder Qualen zugefügt werden (vgl. BGHSt 3, 180, 181;
BGH NJW 1986, 265, 266). Hierzu hat das Schwurgericht bezogen auf die
dafür maßgebliche Phase des vom
Tötungsvorsatz getragenen Unterlassens keine
tragfähigen Feststellungen getroffen.
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a) Es hat zwar im Ansatz zutreffend darauf abgestellt, dass Verhungern
regelmäßig besonders starke körperliche und
seelische Schmerzen verursacht (vgl. BGH MDR bei Dallinger 1974, 14;
BGH, Beschl. v. 31. März 2004 - 5 StR 351/03; Senatsbeschluss
nach § 349 Abs. 2 StPO vom 10. Oktober 2006 - 5 StR 212/06
[Fall Jessica, Presseerklärung des BGH Nr. 139/2006]).
Ausgehend hiervon, hat es die Tötung von Dennis als
„grausam“ gewürdigt, denn er habe immer
wieder nach Nahrung verlangt und sie nicht erhalten. Solches wird von
der Gesamtheit der im Urteil getroffenen gesicherten Feststellungen
nicht getragen.
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Danach lag die vom Tötungsvorsatz getragene Tathandlung im
Unterlassen geeigneter Hilfsmaßnahmen, nicht in der
Verweigerung von Nahrung. Letzteres ist nicht belegt. Die geschilderten
Vorfälle, bei denen Dennis ohne Abendessen bleiben musste, hat
das Landgericht nicht zeitlich oder mengenmäßig
eingeordnet, nach dem Gesamtzusammenhang ist nur auf gelegentliche
Maßnahmen zu schließen; eine relevante Ursache
für den Tod von Dennis kann hierin nicht gesehen werden. Auch
den ohne weitere Würdigung nebeneinander gestellten
Einlassungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Angeklagten
Dennis von ihm verlangte Nahrung verweigert hätten. Vielmehr
legt das Schwurgericht seiner Überzeugung vom Tatgeschehen
zugrunde, dass Dennis die zur Verfügung stehende Nahrung nicht
in ausreichendem Umfang verzehrt hat, wie die Schilderungen der
gemeinsamen Mahlzeiten und einer Kaffeerunde im Beisein der Mutter des
Angeklagten F. B. belegen.
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Darüber hinaus ist zu besorgen, das Schwurgericht habe
für die Würdigung der Tötung als
„grausam“ zusätzlich auf ein Durstleiden
von Dennis abgestellt. Auch unter Berücksichtigung der nahezu
unkommentiert eingerückten Obduktionsergebnisse ist nicht
belegt, dass Dennis unter mangelnder Flüssigkeitsversorgung
litt. Insoweit entbehren bereits die Feststellungen, Dennis habe unter
Durstgefühlen gelitten und der Angeklagte F. B.
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habe dies wahrgenommen bzw. die Angeklagten hätten ihn nicht
ausreichend mit „Trinken“ versorgt, einer
tragfähigen Grundlage.
Jedenfalls aber ist nicht belegt, dass Dennis zu dem Zeitpunkt, als die
Angeklagten mit Tötungsvorsatz handelten, unter Hunger litt.
Denn er starb nach den Feststellungen nicht an den Folgen akuten
Verhungerns, vielmehr hatte sich sein unterernährter,
letztlich zum Tode führender Zustand während eines
längeren - mindestens dreijährigen - Zeitraumes
langsam entwickelt. In diesem Zusammenhang hat sich das Schwurgericht
den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen
R. angeschlossen, wonach Kinder mit chronischer
Mangelernährung kein Verlangen nach Essen und Trinken mehr
verspüren und dieser Zustand bei Dennis bereits seit
Frühjahr/Sommer 2000 vorlag. Ab wann die Angeklagten den Tod
von Dennis geistig vorwegnahmen und sich damit abfanden, letztlich also
mit bedingten Tötungsvorsatz handelten, ist ebenso wie die
Tatsachengrundlage, auf der dieser Schluss (vgl. oben 2 b, bb) beruht,
nicht zeitlich eingeordnet worden. Die für den
Tötungsvorsatz relevanten Anknüpfungspunkte lagen
aber ersichtlich nicht schon im Frühjahr/Sommer 2000 vor. Ab
diesem Zeitpunkt schließt die Strafkammer bei Dennis
Hungergefühle aus. Zur Erfüllung des Merkmals
„grausam“ ist aber erforderlich, dass das Opfer die
besonderen Schmerzen oder Qualen während des
tatbestandsmäßigen Geschehens - Handeln mit
Tötungsvorsatz - erlitten hat (BGH NJW 1986, 265, 266). Auch
wenn das Erreichen des Zustands, in dem Dennis keinen Hunger mehr
verspürte, quälend gewesen sein mag, ist jedenfalls
für diesen früheren Zeitraum kein
Tötungsvorsatz nachweisbar.
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b) Zudem ist die innere Tatseite zur Verwirklichung des Mordmerkmals
„grausam“ nicht tragfähig belegt. Zwar hat
das Landgericht ausgeführt, dass die Angeklagten die Schmerzen
körperlicher und seelischer Art von Dennis erkannt und ihn
dennoch ohne jegliches Mitgefühl, herzlos und bis zuletzt
unbarmherzig seinen Qualen überlassen hätten. Dies
schließt es im Wesentlichen allein aus der Tathandlung,
nämlich dem Unterlassen von Hilfeleistun-
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gen trotz Kenntnis der fortschreitenden Auszehrung des Jungen, ohne auf
die besonderen Umstände im Tatbild und der
Täterpersönlichkeiten einzugehen: Dennis
äußerte kein Hungergefühl, die Angeklagten
waren mit einer kindgerechten Haushaltsführung und der
Erziehung der Kinder offensichtlich nicht nur in Bezug auf Dennis
heillos überfordert, sie leiden beide unter psychischen
Beeinträchtigungen. Hierzu ist trotz der rechtsfehlerfreien
Annahme noch nicht erheblich verminderter Schuldfähigkeit
aufgrund sachverständiger Beratung festgestellt worden, dass
die Angeklagte A. B. eine
Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie angstvolle
und depressive Zustände hat und der Angeklagte F. B. mit einem
Intelligenzquotienten von 55 an einer Intelligenzminderung vom Grade
einer Debilität leidet, weswegen seine Fähigkeit zu
problemlösendem Denken und Erkennen von
Ursache-Wirkungszusammenhängen sehr eingeschränkt
ist. Deshalb hätte es der eingehenden Erörterung
bedurft, ob den Angeklagten aufgrund ihrer
Persönlichkeitsstruktur das mögliche Leiden des immer
stärker abmagernden Dennis angesichts des Fehlens
zuverlässiger Beweisanzeichen für Schmerzen oder
seelische Qualen tatsächlich bewusst war und ihr Unterlassen
von Abhilfe nicht auf einer von Gedanken- und Hilflosigkeit
geprägten, durch Passivität gekennzeichneten
Lebensführung beruhte, sondern tatsächlich
darüber hinausgehend einer gefühllosen,
unbarmherzigen Gesinnung entsprang, wofür insgesamt keine
ausreichenden Anhaltspunkte vorliegen. Die unzulängliche
Berücksichtigung der persönlichkeitsbedingten
Besonderheiten der Angeklagten (vgl. BGH, Urt. v. 16. Mai 1972 - 5 StR
193/72; BGH NStZ 1982, 379) weckt die Besorgnis, das Schwurgericht habe
es zum Nachweis der Grausamkeit für genügend
erachtet, dass sich die Angeklagten der harten Auswirkungen ihrer Tat -
des Todes des Kindes - bewusst waren.
4. Der Schuldspruch wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen hat
Bestand. Insoweit belegen die Feststellungen in noch ausreichendem
Maße jedenfalls eine böswillige
Vernachlässigung der Fürsorgepflicht der Angeklagten
für Dennis und die dadurch herbeigeführte
Schädigung von dessen Gesundheit, die sich über die
drei Jahre des Verfalls des Kindes erstreckte
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und schließlich zu dessen - erst in der Endphase billigend in
Kauf genommenem - Tod führte (§ 225 Abs. 1 Nr. 1
dritte Var., Abs. 3 Nr. 1 erste Alt. StGB).
5. Der Senat schließt angesichts des Zeitablaufs und der
besonderen Tatentwicklung aus, dass das Landgericht das Mordmerkmal der
Grausamkeit oder sonstige Mordmerkmale tragende Feststellungen noch
treffen könnte. Er ändert deshalb den Schuldspruch
von Mord auf Totschlag, wovon schon die Anklage ausging.
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Aufgrund des geänderten Schuldspruchs bedarf die Bemessung der
Strafen erneuter schwurgerichtlicher Prüfung auf der Grundlage
der bisherigen rechtsfehlerfreien Feststellungen. Das neue Tatgericht
darf hierzu nur solche ergänzenden Feststellungen treffen, die
den bisherigen nicht widersprechen. Für die neue
Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Schwurgericht
ohne Wertungsfehler eine Strafrahmenverschiebung nach § 13
Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB abgelehnt hat, hier ablehnen musste.
Gleichwohl wird die Annahme eines besonders schweren Falls des
Totschlags im Sinne von § 212 Abs. 2 StGB angesichts der
Gesamtheit der Feststellungen
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nicht in Betracht kommen. Der Senat hat die Ahndung mit -
gegebenenfalls zu staffelnden - zeitigen Freiheitsstrafen im oberen
Bereich des Strafrahmens einem neuen Tatgericht zu überlassen.
Basdorf Häger Gerhardt
Schaal Jäger |