BGH,
Beschl. v. 13.5.2003 - 3 StR 128/03
3 StR 128/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
13. Mai 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung
beweiserheblicher Daten;
hier: Revision des Angeklagten G.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Mai
2003 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten G. wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 19. November 2002 mit den Feststellungen aufgehoben,
soweit es diesen Angeklagten und die Mitangeklagten Y. , T. und B.
betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen gewerbs- und
bandenmäßiger Fälschung beweiserheblicher
Daten (§ 269 Abs. 1 und 3, § 267 Abs. 4 StGB) in
5.960 Fällen (Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr;
Summe der Einzelstrafen somit 5.960 Jahre !) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit
seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen
und materiellen Rechts. Die Verfahrensrüge ist nicht
ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs.
2 Satz 2 StPO). Jedoch hat die Sachrüge Erfolg und
führt gemäß § 357 StPO auch zur
Aufhebung der Verurteilungen der nichtrevidierenden Mitangeklagten Y. ,
T. und B. , die ebenfalls wegen gewerbs- und
bandenmäßiger Fälschung beweiserheblicher
Daten in 5.962 (Y. und T. ) bzw. 3.099 Fällen (B. ) zu
Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt wurden.
1. Das Landgericht hat festgestellt: Im Februar 2001 erwarb der
Mitangeklagte A. für 15.000 DM ein
"Telefonkartenaufladegerät", mit dem es möglich war,
den Speicherchip abtelefonierter Telefonkarten der D. GmbH, eines
Tochterunternehmens der Deutschen Telekom AG, nahezu bis zum vollen
Nennwert "wiederaufzuladen", ohne daß dies bei
späterer Verwendung an öffentlichen Kartentelefonen
der D. GmbH
durch das Betriebssystem der Telefone erkannt wurde. A. sowie die
weiteren Mitangeklagten T. und B. kamen in der Folge überein,
sich durch Einsatz derart wiederaufgeladener Telefonkarten für
Anrufe bei von ihnen selbst betriebenen "0190-Servicetelefonnummern"
eine regelmäßige Einnahmequelle zu verschaffen.
Absprachegemäß wandte sich B. an den Angeklagten G.
, um von dessen Firma M. zwei derartige 0190-Rufnummern für
die von ihm ebenfalls in Absprache mit A. und T. gegründete
Firma "Ba. " anzumieten. Daraufhin wandte sich der zu diesem Zeitpunkt
in das Vorhaben noch nicht eingeweihte Angeklagte G. an die Firma I.
GmbH, an die als sogenannte Zuteilungsnehmerin von der
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
0190-Rufnummern vergeben worden waren, und mietete von dieser unter
seiner Firma zwei solche Nummern an. Über deren
Weitervermietung an die Firma "Ba. " schloß er kurze Zeit
später mit B. einen weiteren Vertrag. Zusammen mit B.
erstellte er außerdem eine Audiodatei, auf der eine
Frauenstimme einen Text sexuellen Inhalts sprach. Nach Freischaltung
der beiden Rufnummern wurde dieser Text abgespielt, sobald ein Anruf
einging.
Der Mitangeklagte A. weihte den Mitangeklagten Y. in den Tatplan ein
und übertrug ihm gegen Zusage einer Beteiligung am
Erlös die Aufgabe, mit den wiederaufgeladenen Telefonkarten
von öffentlichen Kartentelefonen der D. GmbH die beiden
0190-Rufnummern anzutelefonieren. In der Folgezeit übergab A.
in der von ihm betriebenen Gaststätte, in der er das
Telefonkartenladegerät aufgestellt hatte, dem Y. Pakete mit
wiederaufgeladenen Telefonkarten der D. GmbH im Nennwert von 50 DM,
deren Speicherchip mittels des Ladegerätes jeweils auf einen
Betrag von 46,80 DM wiederaufgeladen worden war, wobei
ungeklärt ist, ob A. das Aufladen der Karten selbst vornahm
oder dies ebenfalls Aufgabe des Y. war. Y. rief unter Verwendung der
Telefonkarten die beiden 0190-Rufnummern an und verbrachte hierzu
teilweise mehrere Stunden täglich in öffentlichen
Telefonzellen. Wegen der für die Rufnummern anfallenden hohen
"Gebühren" mußte er alle 495 Sekunden eine neue
Telefonkarte einsetzen. Zur Steigerung der Verbindungsminuten warb er
nach wenigen Tagen seinen Bruder Selami Y. und dessen Bekannten Ta. als
weitere "Telefonierer" an.
Durch jedes Telefonat wurde folgender Zahlungsmechanismus in Gang
gesetzt: Für jede Verbindungsminute wurde von dem auf der
manipulierten Telefonkarte gespeicherten, tatsächlich aber
nicht bestehenden Guthaben ein Betrag von 5,70 DM abgezogen. Von dieser
Summe, die die D. GmbH durch den Verkauf der Karte vermeintlich schon
eingenommen hatte, überwies sie 3,63 DM an die Deutsche
Telekom AG. Dieser Betrag entspricht dem Tarif, der bei einem Anruf bei
den 0190-Rufnummern über einen
Privat-Festnetzanschluß der Deutschen Telekom AG angefallen
wäre. Diese leitete hiervon 3,12 DM an die I. GmbH weiter.
Entsprechend den mit der Firma M. des Angeklagten G. getroffenen
vertraglichen Abreden überwies die I. GmbH 2,58 DM pro Minute
abzüglich eines "Disagios" von 2 % und zuzüglich der
Umsatzsteuer an diese Firma weiter. Nach dem mit B. geschlossenen
Vertrag hatte der Angeklagte G.
wiederum 2,4419 DM pro Minute abzüglich eines "Disagios" von
2,5 % und zuzüglich der Umsatzsteuer an die Firma "Ba. "
abzuführen. Die "Disagios" beruhten darauf, daß in
den beiden von dem Angeklagten G. geschlossenen Verträgen
jeweils entgegen der Branchenübung eine vorzeitige Auszahlung
der Beträge schon zwei Wochen nach Ende des Abrechnungsmonats
vereinbart worden war.
Ende März 2001 wurden T. und B. von A. und Y. zu einer ersten
Geldauszahlung gedrängt und mit der Ankündigung unter
Druck gesetzt, ansonsten werde die Anzahl der Anrufe verringert. B.
setzte sich daraufhin mit dem Angeklagten G. telefonisch in Verbindung,
klärte ihn spätestens jetzt über die
Hintergründe des Unternehmens auf und forderte eine erste
Auszahlung. Der Angeklagte G. zeigte sich sofort bereit, mit den
anderen Beteiligten zusammenzuarbeiten, weil auch er sich hierdurch die
Erschließung einer stetigen Einnahmequelle versprach. Er gab
B. aufgrund seines Fachwissens sofort Hinweise, wie die "Telefonierer"
ihre Anrufe auf verschiedene öffentliche Kartentelefone
verteilen müßten, um dem Entdeckungsrisiko
vorzubeugen. Außerdem klärte er B. darüber
auf, daß die 0190-Rufnummern so geschaltet seien,
daß sie von mehreren "Telefonierern" gleichzeitig angerufen
werden könnten. Am 29. März 2001 übergab er
B. eine erste Anzahlung von 2.000 DM in bar. Hierauf steigerten die
"Telefonierer" die Zahl der Anrufe wieder. In der Zeit vom 12. April
bis 6. Juni 2001 wurden mit den beiden 0190-Rufnummern 1.559
Wählverbindungen hergestellt. Für die entsprechenden
Telefonate war der Einsatz von 3.099 wiederaufgeladenen Telefonkarten
erforderlich. Mitte Mai 2001 zahlte der Angeklagte G. für den
Abrechnungszeitraum 12. bis 30. April 2001 an B. 12.891,67 DM in bar
aus. Der Verbleib, insbesondere die weitere Verteilung des Geldes, ist
ungeklärt.
Im Mai 2001 wurde das Firmenkonto der M. vom Finanzamt wegen
Steuerschulden gepfändet. Der Angeklagte G. hatte daher keinen
Zugriff mehr auf die von der I. GmbH geleisteten Zahlungen und konnte
dementsprechend auch keine Gelder an die Mitangeklagten weiterleiten.
Er informierte B. , der wiederum die anderen Tatbeteiligten in Kenntnis
setzte. A. und Y. übten daraufhin erneut - teilweise unter
Gewaltandrohung - erheblichen Druck auf T. und B. aus, den weiteren
Geldfluß sicherzustellen. B. stieg daraufhin aus dem
Unternehmen aus. Die anderen Mitangeklagten setzten sich deswegen
erstmals persönlich mit dem Angeklagten G. in Verbindung und
vereinbarten mit diesem eine weitere Zusammenarbeit. Der Angeklagte G.
erklärte, daß wegen der Kontenpfändung neue
0190-Rufnummern freigeschaltet werden müßten. Die
verbliebenen Tatbeteiligten kamen überein, daß statt
der Firma "Ba.
" des B. nunmehr pro forma die Firma H. Idee als Diensteanbieter
auftreten solle, bei der T. zwischenzeitlich beschäftigt war.
Der Angeklagte G. schloß sodann mit der I. GmbH einen neuen
Vertrag über die Anmietung von vier 0190-Rufnummern und mit
der H.
- diese vertreten durch T. - einen Vertrag über die
Weitervermietung dieser Telefonnummern. Diese Verträge
entsprachen inhaltlich den Vereinbarungen, die für die
0190-Rufnummern der "Ba. " geschlossen worden waren. T. nahm in der
Buchhaltung der Firma H. die notwendigen Manipulationen vor, damit vom
Angeklagten G. eingehenden Zahlungen dort unbemerkt durch die
Bücher hätten laufen können.
Nach Freischaltung der neuen 0190-Rufnummern stellten die
"Telefonierer" mit diesen im Zeitraum vom 1. Juni bis 25. August 2001
1.953 Wählverbindungen her. Hierfür war bis
einschließlich 7. August 2001 der Einsatz von 2.861
wiederaufgeladenen Telefonkarten erforderlich. Am 8. August 2001 wurden
Selami Y. und dessen Bekannter Ta. beim Telefonieren festgenommen.
Für die Zeit vom 12. April bis 25. August 2001
überwies die I. GmbH der Firma M. des Angeklagten G. insgesamt
einen Betrag von 138.826,72 DM. Hiervon zahlte dieser 61.952,56 DM an
das Finanzamt, worauf die Kontenpfändung aufgehoben wurde.
Außer den bereits genannten Zahlungen übergab der
Angeklagte G. jeweils in bar im Juni 2001 3.000 DM an Y. und im Juli
und August 2001 24.473 DM bzw. 19.218 DM an T. . Der weitere Verbleib
bzw. die weitere Verteilung dieser Gelder ist ungeklärt.
2. Das Landgericht hat jeden einzelnen Wiederaufladevorgang, der
für die zwischen dem 12. April und dem 7. August 2001
eingesetzten Telefonkarten notwendig war, dem Angeklagten G. als
tatmehrheitlich und in Mittäterschaft begangene gewerbs- und
bandenmäßige Fälschung beweiserheblicher
Daten zugerechnet. Dies hält rechtlicher Prüfung
nicht stand.
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des
Landgerichts. Wer eine abtelefonierte Telefonkarte unberechtigt wieder
auflädt, macht sich gemäß § 269
Abs. 1 StGB strafbar (vgl. LG Würzburg NStZ 2000, 374
für den Gebrauch wiederaufgeladener Telefonkarten).
Der Gesetzgeber hat § 269 Abs. 1 StGB den Tatbestandsvarianten
der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) so weit
nachgebildet, wie es ihm unter Beachtung der Besonderheiten der
elektronischen Datenverarbeitung möglich erschien (vgl.
kritisch - jew. m. w. N. - Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl.
§ 269 Rdn. 1; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl.
§ 269 Rdn. 1). Die Speicherung oder Veränderung
beweiserheblicher Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr ist
danach nur strafbar, wenn bei Wahrnehmung der manipulierten Daten eine
unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde.
Gleiches gilt für den täuschenden Gebrauch derartiger
Daten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Speicherchip einer Telefonkarte enthält beweiserhebliche
Daten im Sinne des § 269 Abs. 1 StGB und nicht lediglich ein
Datenverarbeitungsprogramm (vgl. dazu Cramer in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 269 Rdn.
8). Ist die Karte unbenutzt, beinhalten die gespeicherten Daten die
konkludente Erklärung des ausgebenden
Telekommunikationsunternehmens, daß der Inhaber der Karte
berechtigt ist, Kartentelefone des Unternehmens bis zu einem
Gebührenbetrag zu nutzen, der dem Nennwert der Karte
entspricht. Mit jedem Telefonat wird diese Erklärung durch das
Betriebsprogramm des Kartentelefons - und damit mittelbar durch das die
Karte ausgebende Unternehmen - dahin geändert, daß
die Berechtigung nur noch in Höhe des noch nicht verbrauchten
Guthabens besteht. Ist das gesamte Guthaben abtelefoniert, beinhaltet
die Karte demgemäß die Aussage, daß sie
dem Karteninhaber keine Berechtigung zum Telefonieren mehr verleiht.
Die entsprechenden, auf dem Chip der Karte gespeicherten Daten werden
verändert, wenn die Karte manipulatorisch wieder aufgeladen
wird. Denn hierdurch wird der Karte wieder die konkludente Aussage
verliehen, daß ihr Inhaber die Telefone des ausgebenden
Unternehmens bis zu einem Gebührenbetrag benutzen darf, der
der wiederaufgeladenen Summe entspricht. Damit wird die Beweisrichtung
der gespeicherten Erklärung geändert.
Würde diese Aussage als verkörperte
Gedankenerklärung der menschlichen Wahrnehmung
zugänglich gemacht, läge eine verfälschte
Urkunde vor, denn es würde der Anschein erweckt, der
Aussteller der Urkunde - das kartenausgebende Unternehmen - habe die
Erklärung so abgegeben, wie sie nunmehr nach dem
manipulatorischen Eingriff vorliegt. Dem steht nicht entgegen,
daß die auf dem Kartenchip gespeicherten Daten in der Regel
nicht dafür bestimmt sind, in einer verkörperten
Gedankenerklärung der menschlichen Wahrnehmung eines Dritten
zugänglich gemacht zu werden. Denn da gemäß
§ 270 StGB der Täuschung im Rechtsverkehr die
fälschliche Beeinflussung einer Datenverarbeitung im
Rechtsverkehr gleichsteht, werden von § 269 Abs. 1 StGB auch
solche elektronisch gespeicherten Daten erfaßt, die allein
dazu vorgesehen sind, einen rechtlich erheblichen
Datenverarbeitungsvorgang zu beeinflussen. Im Hinblick darauf erscheint
es auch zweifelhaft, ob überhaupt die Möglichkeit
bestehen muß, daß die gespeicherten Daten der
menschlichen Wahrnehmung zugänglich gemacht werden
können (so aber Cramer aaO). Dies bedarf hier aber keiner
Entscheidung. Denn das auf dem Kartenchip gespeicherte (Rest-)Guthaben
und damit die konkludente Erklärung des kartenausgebenden
Unternehmens lassen sich über ein Kartenlesegerät
sichtbar machen; entsprechend wird beim Einsatz einer Telefonkarte das
Restguthaben auf dem Display des Kartentelefons angezeigt.
b) Die Verurteilung des Angeklagten G. kann jedoch deswegen keinen
Bestand haben, weil das Landgericht dessen Handlungen als
mittäterschaftliche Tatbeiträge zu den
Datenfälschungen eingestuft hat (§ 25 Abs. 2 StGB),
ohne sich mit der Frage zu befassen, ob sie nicht nur
Beihilfehandlungen (§ 27 Abs. 1 StGB) darstellen.
Darüber hinaus hat das Landgericht zu viele tatmehrheitlich
zusammentreffende Einzeltaten angenommen.
aa) Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande
zusammen, um fortgesetzt Straftaten nach den §§ 263
bis 264 oder 267 bis 269 StGB zu begehen (vgl. § 267 Abs. 4
StGB), hat dies nicht zur Folge, daß jedes von einem der
Bandenmitglieder aufgrund der Bandenabrede begangene Betrugs- oder
Urkundenfälschungsdelikt den anderen Bandenmitgliedern ohne
weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des
§ 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist
für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien
festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitglieder hieran als
Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie
gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag
geleistet haben. Mitglied einer Bande kann auch derjenige sein, dessen
Tatbeiträge sich nach der Bandenabrede auf Beihilfehandlungen
beschränken (BGH NStZ 2000, 318 zum Abdruck in BGHSt 47, 214
bestimmt). Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw.
Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter
Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die von
der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfaßt sind.
Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der
Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft
oder jedenfalls sein Wille Tatherrschaft auszuüben, d. h. ob
objektiv oder jedenfalls aus seiner Sicht die Ausführung der
Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt (st. Rspr.; s.
die Nachw. bei Tröndle/Fischer aaO § 25 Rdn. 6).
Eine Abgrenzung zwischen Mittäterschaft bei oder Beihilfe zu
den Datenfälschungen war auf Grundlage der vom Landgericht
getroffenen Feststellungen zu den Tatbeiträgen des Angeklagten
G. unerläßlich. Dieser trat in die Bande erst ein,
als die Voraussetzungen für die Manipulation der Telefonkarten
schon geschaffen waren und die Tatserie bereits lief. Auch danach hatte
er mit dem Wiederaufladen der Telefonkarten unmittelbar nichts zu tun.
Dies war Sache des Mitangeklagten A. bzw. des Mitangeklagten Y. .
Tatherrschaft des Angeklagten ist ebensowenig erkennbar wie sein Wille
hierzu. Seine vorsätzlichen Beiträge zu den
Datenfälschungen können allein darin gesehen werden,
daß er durch die Hinweise für die "Telefonierer",
die Auszahlung von Teilen der Erlöse und den
Abschluß der erforderlichen Verträge zur
Freischaltung der vier 0190-Rufnummern für die Firma H. andere
Bandenmitglieder bzw. Tatbeteiligte psychisch darin bestärkte,
mit ihrem Tun fortzufahren, nämlich weiterhin Telefonkarten
aufzuladen (A. bzw. Y. ) und die Karten für Anrufe bei den
0190-Rufnummern einzusetzen (die "Telefonierer"). Zwar hatte der
Angeklagte G. ein Interesse daran, daß die Telefonkarten
weiterhin aufgeladen und abtelefoniert wurden. Dies war jedoch nicht
das eigentliche Ziel seiner Mitwirkung. Ihm kam es vielmehr wesentlich
darauf an, daß durch den Einsatz der Karten die
Zahlungsautomatik ausgelöst wurde, die ihm unberechtigte
Einnahmen verschaffte. Sein Interesse war daher maßgeblich
auf die Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils
gerichtet (vgl. § 263 a StGB), nicht auf die von anderen
Bandenmitgliedern geleisteten - schon für sich strafbaren -
Vorbereitungshandlungen in Form der Wiederaufladung der Telefonkarten.
Auch wenn rein psychische Unterstützungshandlungen im
Einzelfall einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag
begründen können, lag daher nach den getroffenen
Feststellungen eine derartige Bewertung eher fern. Sie durfte vom
Landgericht jedenfalls nicht ohne nähere Begründung
vorgenommen werden.
bb) Unabhängig davon, ob sich der Angeklagte G. durch seine
Tatbeiträge als Mittäter oder lediglich als Gehilfe
an der Fälschung beweiserheblicher Daten beteiligt hat, kann
ihm nicht jedes einzelne Wiederaufladen einer Telefonkarte als
rechtlich selbständige Tat im Sinne des § 53 Abs. 1
StGB zugerechnet werden.
Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter,
mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die
Frage, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich
zusammentreffen, nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes für jeden der Beteiligten gesondert zu
prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der
Umfang des Tatbeitrags oder der Tatbeiträge jedes Beteiligten.
Hat daher ein Mittäter, mittelbarer Täter oder
Gehilfe, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht
beteiligt ist, einen alle Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag
bereits im Vorfeld erbracht, werden ihm die jeweiligen Taten der
Mittäter, Tatmittler oder Haupttäter als
tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den
einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52
Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die Mittäter,
Tatmittler oder Haupttäter die ihnen zurechenbaren Taten
gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist
demgegenüber ohne Belang (vgl. nur BGH wistra 2001, 336, 337
m. w. N.; aA. für Mittäterschaft und mittelbare
Täterschaft bei bösgläubigem Tatmittler:
Stree in Schönke/Schröder aaO § 52 Rdn. 21).
Da der Angeklagte G. an dem Wiederaufladen der Telefonkarten nicht
unmittelbar beteiligt war, hätte das Landgericht daher
prüfen müssen, welche seiner Handlungen als
Tatbeiträge hierzu in Betracht kommen und für welche
nachfolgenden Wiederaufladevorgänge sie sich fördernd
auswirkten, so daß sie diese in seiner Person zur Tateinheit
zusammenfaßten. Dabei wäre zusätzlich zu
beachten gewesen, daß mehrere Beiträge zu derselben
Tat der Mit- oder Haupttäter nur eine
mittäterschaftlich oder als Gehilfe begangene Straftat
darstellen (vgl. für die Beihilfe BGH NStZ 1999, 513, 514;
Tröndle/Fischer aaO § 27 Rdn. 13 m. w. N. aus dem
Schrifttum). Auch dies hat das Landgericht versäumt.
3. Die dargestellten Rechtsfehler liegen auch den Verurteilungen der
Mitangeklagten T. , B. und Y. zugrunde. Gemäß
§ 357 StPO ist die Urteilsaufhebung daher auf sie zu
erstrecken.
a) Der Angeklagte T. war nach den Feststellungen mit dem Wiederaufladen
der Telefonkarten ebenfalls nicht unmittelbar befaßt. Seine
Aktivitäten beschränkten sich nach den
Urteilsgründen im ersten Tatabschnitt auf die Teilnahme an der
Tatplanung und Bandenabrede. Im zweiten Tatabschnitt vereinbarte er mit
A. , Y. und G. die Fortführung des Tatplans durch Anmietung
von vier neuen 0190-Rufnummern über die Firma H. , nahm die
notwendigen buchhalterischen Manipulationen bei dieser Firma zur
Durchschleusung der erwarteten Zahlungen vor, schloß den
Vertrag mit dem Angeklagten G. ab und ließ sich von diesem
zweimal Bargeldbeträge aus den eingegangenen Erlösen
aushändigen. Auch bei ihm war daher eine Erörterung
der Frage notwendig, ob diese Tatbeiträge nicht lediglich als
Beihilfehandlungen zur Veränderung der beweiserheblichen Daten
auf den Telefonkarten bewertet werden können.
Außerdem kam aus den oben dargelegten Gründen eine
Verurteilung wegen 5.962 tatmehrheitlich zusammentreffender Einzeltaten
nicht in Betracht.
b) Gleiches gilt hinsichtlich des Mitangeklagten B. . Seine
Tatbeiträge waren auf den ersten Tatabschnitt
beschränkt und erschöpften sich an der Teilnahme an
Tatplanung und Bandenabrede, der Gründung der Firma "Ba. ",
der Anmietung der beiden 0190-Rufnummern vom Angeklagten G. , der
Erstellung der Audiodatei mit diesem Angeklagten, der Weitergabe der
von G. erhaltenen Tips für die "Telefonierer" und der
Entgegennahme und Weiterleitung von Bargeld aus den bei G.
eingegangenen Erlösen.
c) Bezüglich des Mitangeklagten Y. ist nicht geklärt,
ob er selbst Telefonkarten wiederaufgeladen hat. Festgestellt ist
allein, daß er derartige Karten abtelefoniert hat. Auch
hierin liegt nicht ohne weiteres ein mittäterschaftlicher
Beitrag zum Aufladen der Karten. Seine Verurteilung kann auch nicht
deswegen bestehen bleiben, weil er durch das Abtelefonieren der Karten
die veränderten Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr
gebrauchte und damit die dritte Tatbestandsalternative des §
269 Abs. 1 StGB verwirklichte. Denn er hat nicht alle Karten selbst
abtelefoniert. Vielmehr waren auch sein Bruder und dessen Bekannter Ta.
als "Telefonierer" aktiv, so daß die Zahl der ihm
anzulastenden Einzeltaten nach den bisherigen Feststellungen offen ist.
4. Dagegen kann die Verurteilung des Mitangeklagten A. bestehen
bleiben. Sie wird von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht
berührt. Dabei ist ohne Belang, daß nach den
Feststellungen offen bleibt, ob das Wiederaufladen der Karten von ihm
oder dem Mitangeklagten Y. vorgenommen wurde. Denn aus dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe folgt, daß der
Angeklagte A. auch im Falle des Tätigwerdens des
Mitangeklagten Y. Tatherrschaft über jeden einzelnen
Aufladevorgang ausübte, da das Aufladen in seiner
Gaststätte mit dem von ihm zur Verfügung gestellten
Aufladegerät vorgenommen wurde.
5. Für das weitere Verfahren sieht der Senat Anlaß
zu folgendem Hinweis:
Das maßgebliche Interesse der Angeklagten und das
Hauptgewicht ihrer Taten lag nicht in der Datenfälschung,
sondern im Einsatz der manipulierten Telefonkarten, um über
die geschilderte Zahlungsautomatik unberechtigte Erlöse aus
den betriebenen 0190-Rufnummern zu erlangen. Dies erfüllt den
Tatbestand des Computerbetruges (§ 263 a StGB)
unabhängig davon, ob bei einem Gebrauch der manipulierten
Telefonkarten allein zum kostenfreien Telefonieren nur eine
Leistungserschleichung (§ 265 a StGB) vorgelegen
hätte (vgl. hierzu Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 a
Rdn. 59 und § 265 a Rdn. 42; Hefendehl NStZ 2000, 348, 349).
Das strafrechtliche Gewicht der Taten wird daher nur unzureichend
erfaßt, wenn sich die Verurteilung auf die Fälschung
beweiserheblicher Daten und damit auf die Ahndung von Handlungen
beschränkt, die für das Gesamtvorhaben der
Angeklagten nur vorbereitenden Charakter hatten. Die nunmehr zur
Entscheidung berufene Strafkammer wird daher zu prüfen
haben, ob es nicht angemessen erscheint, den gemäß
§ 154 a StPO aus dem Verfahren ausgeschiedenen Tatvorwurf des
Computerbetruges nach § 154 a Abs. 3 Satz 1 StPO wieder in das
Verfahren einzubeziehen. Auch in diesem Falle wird § 358 Abs.
2 Satz 1 StPO zu beachten sein.
Tolksdorf Miebach von Lienen Becker Richter am Bundesgerichtshof
Hubert ist urlaubsbedingt an der Unterzeichnung gehindert.
Tolksdorf- . .
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