BGH,
Beschl. v. 14.12.2005 - 5 StR 481/05
5 StR 481/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 14.12.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14.12.2005 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 3. Juni 2005 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Strafausspruch aufgehoben. Die weitergehende Revision wird nach
§ 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Im
Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu acht Jahren
Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den aus
dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. 1. Die Beweiswürdigung des
angefochtenen Urteils unterliegt durchgreifenden sachlich-rechtlichen
Bedenken, soweit sich das Schwurgericht von einem Beginn der mit dem
Messer geführten Tötungshandlungen bereits in der
ersten Phase des Streits mit dem Opfer unmittelbar vor der
Wohnungstür des Angeklagten überzeugt hat. Dies ist
unter den gegebenen Umständen allein mit untersuchten
Blutspuren des Opfers an der Tür und einem Hinweis auf die
eigene - sonst im Urteil weitgehend als widerlegt erachtete -
Einlassung des Angeklagten nicht ausreichend zu belegen. Der Senat
vermag dem Urteil auch nicht zu entnehmen, dass ein solcher
Messereinsatz von zwei
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zeugenschaftlich vernommenen Nachbarinnen bekundet worden
wäre, die das Tatgeschehen partiell beobachtet haben. Dieser
sachlich-rechtliche Beweiswürdigungsmangel berührt
indes nicht den Schuldspruch. Angesichts der Feststellungen zur
Gesamtheit der dem Opfer mit Tötungsvorsatz versetzten
Messerstiche vor dem Hintergrund der ebenfalls rechtsfehlerfrei
getroffenen Feststellungen zum Vortatgeschehen steht der Schuldspruch
wegen nicht durch Notwehr gerechtfertigten, mit Angriffswillen
verübten Totschlags auch unter der Voraussetzung eines Beginns
der Tatausführung auf dem ersten Treppenabsatz unterhalb der
Wohnung des Angeklagten nicht in Frage. Der Senat schließt
zudem unter Berücksichtigung der aus dem Urteil ersichtlichen
gesamten Beweislage aus, dass ein neues Tatgericht hierzu weitergehende
Feststellungen zum Nachteil des Angeklagten treffen könnte, so
dass es bei dem unveränderten Schuldspruch - auf der Grundlage
eingeschränkter Feststellungen - sein Bewenden haben kann. 2.
Dies zieht indes die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Ihm
hätte ein entsprechend eingeschränkter Schuldumfang
zugrunde gelegt werden müssen. Dieser hebt sich von dem im
angefochtenen Urteil angenommenen durch einen etwas späteren
Tatbeginn ab, verbunden mit einem vorangegangenen intensiveren Angriff
des Tatopfers auf den Angeklagten als Tatanlass. Das neue Tatgericht
wird der ihm obliegenden Strafrahmenbestimmung und der eigentlichen
Strafzumessung diesen eingeschränkten Schuldumfang zugrunde zu
legen haben. Der Aufhebung weiterer Feststellungen bedarf es nicht;
zulässig sind allerdings ergänzende Feststellungen,
die den sonstigen bisher rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
nicht widersprechen. Bei der Strafzumessung wird der Umstand, dass der
Angeklagte „auch andere
Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt
hätte finden können“ (UA S. 23), schwerlich
strafschärfend zu berücksichtigen sein (vgl.
Trönd-
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le/Fischer, StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 76a; Franke in
MüKo-StGB § 46 Rdn. 87).
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