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BGH, Beschluss vom 14. Januar 2003 - 5 StR 478/02


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 14.1.2003 - 5 StR 478/02
5 StR 478/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 14. Januar 2003
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Januar 2003 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 13. Juni 2002 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe und mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt wird,
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und hat einen Schalldämpfer eingezogen.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Daß die Revisionsbegründung an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO scheitert, soweit eine Verletzung der Aufklärungspflicht oder ein Verfahrensverstoß gegen § 261 StPO gerügt werden soll, hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt. Indes ist der Revisionsbegründung, die einen Aufhebungsantrag enthält und in der über die ausgeführten urteilsfremden Beweiswürdigungsbeanstandungen hinaus allgemein eine "Verletzung der Beweiswürdigungspflicht" und Widersprüchlichkeit behauptet wird, insgesamt noch zu entnehmen, daß das Urteil auch wegen Verletzung sachlichen Rechts angefochten werden soll.
Das zulässige Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seinem Hilfsantrag zutreffend ausgeführt:
"Nach ständiger Rechtsprechung handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung (vgl. BGHSt 30, 105, 119) die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewußt zur Tötung ausnutzt. Der in diesem Mordmerkmal zum Ausdruck kommende höhere Unrechtsgehalt des Täterverhaltens liegt darin, daß der Mörder sein Opfer in einer infolge der Arglosigkeit hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, sich zu verteidigen, zu fliehen, Hilfe herbeizurufen, ihn umzustimmen oder dem Anschlag in sonstiger Weise zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (vgl. BGHSt 11, 139, 143, 32, 382, 384; 39, 353, 368 jeweils m. w. N.; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 21). Arglosigkeit des Opfers entfällt, wenn es einen Angriff des Täters für möglich hält. So liegt der Fall hier."
Wie der Generalbundesanwalt anhand der Urteilsfeststellungen im einzelnen zutreffend belegt, "war der Zeuge in der unmittelbaren Tatsituation - bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs - nicht arglos." Hieraus folgert der Generalbundesanwalt ebenso zutreffend folgendes:
"Da weder insoweit noch für das Vorliegen eines sonstigen Mordmerkmals die erforderlichen Voraussetzungen sicher festgestellt werden können - der genaue Hintergrund der Tat und das Tatmotiv waren nicht näher aufzuklären (UA S. 17/18) -, ist der Schuldspruch, der im übrigen keinen Rechtsfehler aufweist, entsprechend umzustellen und der Strafausspruch aufzuheben. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf des versuchten Totschlags nicht anders als gegen den des versuchten Mordes verteidigen können."
Bei dem gegebenen Subsumtionsfehler bedarf es der Aufhebung von Feststellungen nach § 353 Abs. 2 StPO nicht. Der neue Tatrichter hat bei der Neufestsetzung der Strafe für den geänderten Schuldspruch die bisherigen Feststellungen - insbesondere diejenigen zur uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten - zugrunde zu legen, die lediglich durch weitere, ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzbar sind.
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