BGH,
Beschl. v. 14.1.2010 - 4 StR 93/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 93/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung
von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 14. Januar
2010 gemäß §§ 154 a Abs. 1 Nr. 1,
Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird
a) mit Zustimmung des Generalbundesanwalts der Vorwurf des jeweils
tateinheitlich begangenen Ausspähens von Daten
gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO von
der Verfolgung ausgenommen;
b) das angefochtene Urteil des Landgerichts Münster vom 20.
November 2008, soweit es die Angeklagten betrifft,
aa) in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass die
Verurteilungen wegen tateinheitlich begangenen Ausspähens von
Daten entfallen;
bb) hinsichtlich der Angeklagten V. , Ch. und N. jeweils im gesamten
Strafausspruch und hinsichtlich des Angeklagten P. in den
Aussprüchen über die in den Fällen I. bis
III. der Anklage verhängten Einzelstrafen und über
die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der
- 3 -
Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten V. , Ch. und N. des
Ausspähens von Daten in Tateinheit mit gewerbs- und
bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten
mit Garantiefunktion in vier Fällen, davon in zwei
Fällen mit gewerbs- und bandenmäßigem
Computerbetrug, und den Angeklagten P. des Ausspähens von
Daten in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger
Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei
Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit
Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen
Computerbetrug, und der Beihilfe zur Fälschung von
Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig gesprochen. Es hat die
Angeklagten V. und N. jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren, den Angeklagten Ch. zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und den
Angeklagten P. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
und drei Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die
Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts; die Angeklagten P. , Ch.
und N. beanstanden ferner das Verfahren.
1
Die Revisionen haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen
Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Vorwurf des jeweils tateinheitlich begangenen
Ausspähens von Daten wird mit Zustimmung des
Generalbundesanwalts aus verfahrensökonomischen
Gründen gemäß § 154 a Abs. 1 Nr.
1, Abs. 2 StPO von der Verfolgung
3
- 4 -
ausgenommen. Nach Auffassung des Senats erfüllt das
bloße Auslesen von auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte
gespeicherten Daten, um mit diesen Daten Kartendubletten herzustellen,
nicht den Tatbestand des Ausspähens von Daten. § 202
a Abs. 1 StGB setzt u.a. voraus, dass der Täter sich oder
einem anderen den Zugang zu Daten, die gegen unberechtigten Zugang
besonders gesichert sind, unter Überwindung der
Zugangssicherung verschafft. Der Überwindung einer solchen
Zugangssicherung bedarf es aber nicht, wenn diese lediglich ausgelesen
werden sollen. Dies ist ohne Weiteres mittels eines
handelsüblichen Lesegeräts und der ebenfalls im
Handel erhältlichen Software möglich. Dass Daten
magnetisch und damit nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind,
stellt keine besondere Sicherung gegen unberechtigten Zugang dar.
Vielmehr handelt es sich gemäß § 202 a Abs.
2 StGB nur bei Daten, die auf diese Weise gespeichert sind, um Daten im
Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift. Schon daraus ergibt sich, dass
nicht schon diese Art der Speicherung eine besondere Sicherung im Sinne
des § 202 a Abs. 1 StGB darstellt, sondern dass
darüber hinaus Vorkehrungen getroffen sein müssen,
die den unbefugten Zugriff auf Daten ausschließen oder
zumindest erheblich erschweren (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. §
202 a Rdn. 8). Der Senat sieht sich an einer Änderung des
Schuldspruchs durch das Urteil des 3. Strafsenats vom 10. Mai 2005 - 3
StR 425/04 (NStZ 2005, 566) gehindert. Mit Rücksicht darauf,
dass sich der Abschluss des Revisionsverfahrens durch die
Durchführung des zur Klärung der Rechtsfrage
erforderlichen Anfrageverfahrens und die möglicherweise danach
gebotene Anrufung des Großen Senats für Strafsachen
erheblich verzögern würde, sieht der Senat von der
Klärung dieser Rechtsfrage in diesem Verfahren ab. Zudem
fällt das mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
Geldstrafe bedrohte Vergehen des Ausspähens von Daten
gegenüber dem Verbrechen der Fälschung von
Zahlungskarten mit Garantiefunktion nicht beträchtlich ins
Gewicht.
- 5 -
2. Die Beschränkung der Strafverfolgung führt zu
entsprechenden Änderungen der Schuldsprüche.
4
Zwar fällt die Verwirklichung des Straftatbestandes des
§ 202 a StGB neben der Fälschung von Zahlungskarten
mit Garantiefunktion nicht beträchtlich ins Gewicht. Der Senat
kann aber gleichwohl nicht ausschließen, dass die
Verurteilung der Angeklagten auch wegen Ausspähens von Daten
die Bemessung der Einzelstrafen beeinflusst hat, weil das Landgericht
die tateinheitliche Verwirklichung auch dieses Straftatbestandes bei
allen Angeklagten ausdrücklich strafschärfend
gewürdigt hat. Dies nötigt hinsichtlich der
Angeklagten V. , Ch. und N. jeweils zur Aufhebung des gesamten
Strafausspruchs. Hinsichtlich des Angeklagten P. haben aus dem
vorgenannten Grund die in den Fällen I. bis III. der Anklage
verhängten Einzelstrafen sowie der Ausspruch über die
Gesamtstrafe keinen Bestand. Dagegen weist die Zumessung der gegen ihn
im Fall VI. der Anklage wegen Beihilfe zur Fälschung von
Zahlungskarten mit Garantiefunktion verhängte Einzelstrafe von
einem Jahr und sechs Monaten keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten auf.
5
- 6 -
Die zu Grunde liegenden Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen
und können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende
Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind
möglich.
6
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann RiBGH Dr. Mutzbauer ist infolge Urlaubs gehindert zu
unterschreiben
Tepperwien |