BGH,
Beschl. v. 14.3.2002 - 3 StR 26/02
3 StR 26/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
14. März 2002
in der Strafsache gegen
wegen Beihilfe zur versuchten unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 14. März 2002
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kleve vom 1. Oktober 2001 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur versuchten
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die
Revision des Angeklagten, der die Verletzung materiellen Rechts
rügt, ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wendet.
Dagegen hat das Rechtsmittel zum Strafausspruch Erfolg. Hierzu hat der
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. Februar 2002
ausgeführt:
"Die Strafkammer hat die Strafe dem nach § 27 Abs. 2 i.V.m.
§ 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 29a
Abs. 1 BtMG entnommen. Erst danach hat sie geprüft, ob ein
minder schwerer Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt,
und dies allein wegen der sehr hohen Menge der
Betäubungsmittel verneint (UA S. 17). Dies ist in zweifacher
Hinsicht rechtsfehlerhaft.
Die Ausführungen lassen besorgen, dass das Gericht bei der
Prüfung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, die Tatsache,
dass es sich bei der Tat des Angeklagten um eine bloße
Beihilfe handelt, nicht mitberücksichtigt hat. Gesetzlich
vertypte Strafmilderungsgründe - wie hier § 27 und
§§ 22, 23 StGB - sind nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in die Prüfung
einzubeziehen (BGHR StGB vor § 1/minder schwerer
Fall/Gesamtwürdigung, unvollständige 4;
Strafrahmenwahl 3 jew. m.w.N.). Das Urteil muss für das
Revisionsgericht erkennen lassen, dass der Tatrichter sich bewusst war,
dass schon ein solcher gesetzlicher Milderungsgrund allein - oder
zusammen mit weiteren für den Angeklagten sprechenden
Umständen - Anlass sein kann, einen minder schweren Fall zu
bejahen. Dies gilt umso mehr, wenn sich der bei Annahme eines minder
schweren Falles ergebende Strafrahmen (hier: Höchststrafe von
fünf Jahren) für den Angeklagten erheblich
günstiger darstellt als der nach § 49 Abs. 1 StGB
gemilderte (hier: Höchststrafe von elf Jahren und drei
Monaten). Hier hat die Kammer zwar miterwogen, dass die Einfuhrhandlung
im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Das Vorliegen des vertypten
Milderungsgrundes des § 27 StGB hat sie aber nicht erkennbar
in die Gesamtwürdigung einbezogen.
Soweit das Gericht nur auf die große Rauschgiftmenge
abgestellt hat, hat es zudem nicht beachtet, dass die Strafe jedes von
mehreren Tatbeteiligten nach dem Maß seiner individuellen
Schuld zuzumessen ist. Maßgeblich für die Bemessung
der Strafe des Gehilfen ist daher das im Gewicht seines Tatbeitrages
zum Ausdruck kommende Maß seiner Schuld, wenn auch unter
Berücksichtigung des ihm zurechenbaren Umfangs und der Folgen
der Haupttat (BGH wistra 2000, 463). Der Tatbeitrag des Angeklagten war
hier aber nur von untergeordneter Bedeutung. Seine Aufgabe bestand
lediglich darin, den Haupttäter zu begleiten und ihm
schützend zur Seite zu stehen. Die sehr knappen
Erwägungen der Strafkammer zu der Frage, ob ein minder
schwerer Fall vorliegt, lassen nicht erkennen, dass dieser Umstand in
die Abwägung einbezogen worden ist.
Da das Gericht schulderschwerend lediglich die hohe Menge der
Betäubungsmittel berücksichtigt hat, kann nicht mit
Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er bei Einbeziehung der
Umstände, dass der Angeklagte sich lediglich der Beihilfe
schuldig gemacht und einen nur geringen Tatbeitrag geleistet hat, einen
minder schweren Fall bejaht hätte."
Dem kann der Senat sich nicht verschließen.
Rissing-van Saan Winkler Pfister von Lienen Becker |