BGH,
Beschl. v. 14.5.2003 - 2 StR 98/03
2 StR 98/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 14. Mai 2003
in der Strafsache gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 14. Mai
2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 4. November 2002 aufgehoben:
a) im Ausspruch über die Einzelstrafe für die
gefährliche Körperverletzung (begangen am 13.
März 2002) und
b) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher
Körperverletzung und wegen versuchter gefährlicher
Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und drei Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die
Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das
Rechtmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der
Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im
übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
II.
Der Ausspruch über die Einzelstrafe für die
gefährliche Körperverletzung (begangen am 13.
März 2002) hat keinen Bestand.
Bei dieser Tat hatte die Angeklagte, der der Tatrichter für
den Tatzeitpunkt rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 21
StGB zugebilligt hat, dem Opfer mit bedingtem Tötungsvorsatz
ein Messer in den Bauch gestoßen, anschließend aber
seine Rettung veranlaßt. Zutreffend ist der Tatrichter davon
ausgegangen, daß die Angeklagte vom Totschlagsversuch
freiwillig zurückgetreten ist.
Bei der Strafzumessung für diese Tat hat der Tatrichter einen
minder schweren Fall gemäß § 224 Abs. 1
letzter Halbsatz StGB verneint auch unter Berücksichtigung,
daß die Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht wurden.
Der Tatrichter hat dabei insbesondere strafschärfend gewertet:
"Durch ihre Tat hat sich die Angeklagte bewußt über
das höchste Rechtsgut eines Menschen hinweggesetzt und
letztlich den Tod des Opfers in Kauf genommen."
Dies ist eine rechtsfehlerhafte Strafzumessungserwägung. Ist
der Täter vom Versuch einer Straftat strafbefreiend
zurückgetreten, gleichwohl aber wegen eines zugleich
verwirklichten vollendeten Delikts zu bestrafen, darf jedenfalls der
auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht
strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGHSt 42,
43 f.). Daß der Tatrichter hier mit dem
anschließenden Satz (die Angeklagte hat andererseits nach dem
Stich alles unternommen, um das Leben des Geschädigten zu
retten) die strafschärfende Überlegung relativiert,
räumt den Rechtsfehler nicht in seinem gesamten Gewicht aus.
Der Senat kann - trotz der maßvollen Strafe - nicht mit
Sicherheit ausschließen, daß der Tatrichter ohne
die rechtsfehlerhafte Erwägung eine niedrigere Strafe
verhängt hätte.
Hinzu kommt, daß der Tatrichter in den
Urteilsgründen nicht deutlich macht, ob er von der
Milderungsmöglichkeit gemäß
§§ 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht hat. Das
Urteil verhält sich hierzu nicht. Die
Strafzumessungserwägungen beschränken sich insoweit
darauf zu betonen, daß auch die Bejahung der Voraussetzungen
des § 21 StGB nicht zur Annahme eines minder schweren Falles
führt.
Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe
nach sich. Die zugehörigen Feststellungen können
jedoch bestehen bleiben, da sie vom Rechtsfehler nicht berührt
sind. Ergänzende - nicht in Widerspruch stehende -
Feststellungen sind insoweit möglich.
Die Teilaufhebung zwingt hier nicht zur Aufhebung der weiteren
Einzelstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe für die Tat vom
13. Februar 2002.
Daß der Tatrichter bei dieser zugunsten der Angeklagten
gewertet hat, daß neben der Strafe die Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist, beschwert die
Angeklagte jedenfalls nicht.
Rissing-van Saan Bode Rothfuß Fischer Roggenbuck- . .
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