BGH,
Beschl. v. 14.5.2008 - 3 StR 140/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 140/08
vom
14. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 14. Mai 2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 11. Dezember 2007 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Diebstahls und wegen
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung und versuchter
Nötigung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verhängt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung
materiellen Rechts.
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Das Rechtsmittel ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und
Strafausspruch richtet.
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Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung
zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist. Die Feststellungen zum Drogenkonsum des Angeklagten
drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Der vielfach,
u. a. wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestrafte Angeklagte
konsumiert seit den Jahren 1994/1995 Heroin und nahm später
auch Kokain zu sich. Seit 14 Jahren ist er multipel
drogenabhängig. Nach seiner letzten Haftentlassung im Juni
2007 wurde er in ein Methadonprogramm aufgenommen, konsumierte aber
weiterhin Kokain. Die beiden innerhalb von drei Wochen nach seiner
letzten Haftentlassung begangenen abgeurteilten Straftaten beging er
jeweils nach Erhalt von Methadon und nach Beikonsum von Kokain bzw.
Diazepam in der Absicht, mit der jeweiligen Beute seinen Kokainkonsum
zu finanzieren. All dies legt nahe, dass die abgeurteilten Taten auf
einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen. Dass beim Angeklagten
eine für die Unterbringung erforderliche hinreichend konkrete
Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 S. 2 StGB) nicht
besteht, kann jedenfalls nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden,
dass frühere Anordnungen nach § 35 BtMG widerrufen
werden mussten.
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Der Teilaufhebung steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch
das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I
1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist.
Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den
Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen
tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung
für das Revisi-onsgericht nachprüfbar machen (vgl.
BGH, Beschl. vom 13. November 2007 - 3 StR 452/07).
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Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass im Verhältnis des
§ 64 StGB zur vollstreckungsrechtlichen Sonderregelung des
§ 35 BtMG die Unterbringung nach § 64 StGB
grundsätzlich vorgeht (vgl. BGH, Beschl. vom 27. März
2008 - 3 StR 38/08).
5
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der
Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB
durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
6
Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei
Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt
hätte.
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Sost-Scheible Miebach von Lienen
Hubert Schäfer |