BGH,
Beschl. v. 14.11.2001 - 3 StR 379/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 379/01
vom
14. November 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts am 14.
November 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 16. Mai 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen
gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in sieben
Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren (B.
) und vier Jahren und sechs Monaten (E. ) verurteilt. Die Revisionen
der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte B. den gesondert
verfolgten Bo. , der als früherer Mitarbeiter der
Autoverleihfirma S. AG mit den Gepflogenheiten bei der Abholung von
Fahrzeugen bei Großkunden vertraut war und noch über
Dienstkleidungsstücke mit dem Logo dieser Firma
verfügte, für den Plan gewonnen, mit Hilfe dieser
Kenntnisse und Ausrüstung hochwertige Leihwagen durch die
Vorspiegelung, er hole sie im Auftrag der Firma ab, zu verschaffen.
Danach sollten die Fahrzeuge über ihn, B. , und den
Angeklagten E. an eine jugoslawische Tätergruppe
weitergeleitet werden, die dann die Fahrzeuge in Montenegro verkaufen
sollte. Er selbst sei bereits als Kurierfahrer dieser Gruppe
tätig, der Angeklagte E. sei der Mittelsmann zu dieser
Tätergruppe. Von dem Erlös sollte die eine
Hälfte zwischen ihnen aufgeteilt werden, die andere
Hälfte sollte dem Angeklagten E. und dessen
Hintermännern verbleiben.
In Ausführung dieses Plans gab sich Bo. bei verschiedenen
Firmen als Mitarbeiter der S. AG aus und erreichte durch die
Vorspiegelung einer Berechtigung zur Abholung, daß ihm
Mietwagen dieser Verleihfirma, in einem Fall auch der Firma H. AG,
mitsamt Schlüsseln und Papieren ausgehändigt wurden.
Teilweise wußte er aus seiner früheren
Tätigkeit, daß es sich um Kunden der S. AG handelte,
bei denen solche Fahrzeuge möglicherweise zur Abholung bereit
standen, teilweise kundete er dies erst vor der Tatbegehung aus.
Über die Weitergabe der Fahrzeuge an die Angeklagten B. und E.
ist nur zu einem Teil der Fälle etwas festgestellt.
Das Landgericht hat angenommen, daß sich die Angeklagten B.
und E. sowie der gesondert verfolgte Bo. zu einer Dreierbande
zusammengeschlossen und die festgestellten Betrugstaten
mittäterschaftlich begangen haben.
2. Der Schuldspruch hält einer rechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen nicht,
daß sich die Angeklagten an den von Bo. begangenen
Betrugstaten als Mittäter beteiligt haben.
a) Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Täter begeht, ist in
wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von
seiner Vorstellung umfaßt sind, zu beurteilen. Wesentliche
Anhaltspunkte können sein der Grad des eigenen Interesses am
Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder
wenigstens der Wille hierzu, so daß Durchführung und
Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden
abhängen (BGHSt 37, 289, 291; BGHR StGB § 25 Abs. 2
Mittäter 13, 14 und 18). Die Annahme von
Mittäterschaft erfordert nicht zwingend auch eine Mitwirkung
am Kerngeschehen. Für eine Tatbeteiligung als
Mittäter reicht ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die
Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag aus, der sich auf
eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung
beschränken kann (vgl. BGHSt 40, 299, 301; BGH NStZ 1995, 120;
BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26 und Tatinteresse 2;
BGH NStZ-RR 2000, 327, 328; 2001, 148).
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist hier eine
Mittäterschaft nicht belegt.
Bei der Ausführung der Betrugstaten haben sich die Angeklagten
nach den Feststellungen nicht betätigt. Vielmehr hat Bo.
alleine die jeweiligen Möglichkeiten erkundet und die
Fahrzeuge dann unter Vorspiegelung einer Berechtigung auch allein
abgeholt. Den Urteilsgründen ist weder zu entnehmen,
daß die Angeklagten bei den einzelnen Taten etwa durch die
Auswahl der Fahrzeuge oder deren Abholung mitwirkten, noch
daß sie im Tatzeitpunkt wenigstens Kenntnis von der
jeweiligen Tatbegehung hatten.
Die für die Phase der Planung der Betrugstaten festgestellte
Beteiligung der Angeklagten reicht für eine
Begründung von Mittäterschaft nicht aus. Der
Angeklagte B. hatte danach lediglich eine Information von Bo. , wie man
leicht an solche Leihfahrzeuge kommen könne, aufgegriffen und
ihm das Angebot unterbreitet, diese Fahrzeuge zusammen mit dem
Angeklagten E. zu übernehmen und mit Hilfe der jugoslawischen
Tätergruppe für deren Absatz sowie die
Gewinnbeteiligung von Bo. zu sorgen. Für den Angeklagten E.
beschränkte sich die Beteiligung an der Vorbereitung auf diese
Absatzzusage. Zwar mag der Planungsbeitrag des Angeklagten B. und vor
allem die von beiden gegebene Zusage späterer Verwertung
für den Tatentschluß von Bo. wesentlich gewesen
sein, doch ist zu berücksichtigen, daß die Idee zur
Beschaffung von Leihfahrzeugen ohnehin bereits von Bo. stammte und
daß die Angeklagten ihren Beitrag in der Vorbereitungsphase
nur in genereller Form für die gesamte nachfolgende Tatserie
ohne nähere Kenntnis der jeweils allein von Bo.
durchzuführenden Einzeltaten geleistet haben. Sie hatten nach
Sachlage somit auch keine Tatherrschaft über die konkreten
Taten und ihre Durchführung; deren Ausgang hing nicht vom
Willen der Angeklagten ab.
Dem entspricht, daß nach der Rechtsprechung derjenige, der
durch eine vor der Tat abgegebene Erklärung seine Mitwirkung
bei der Beuteverwertung zusagt und dann diese Zusage auch
einhält, nicht Mittäter, sondern nur Anstifter oder
Gehilfe bei der Vortat und außerdem Hehler ist (vgl. BGHSt 8,
390 f.; s. auch BGHSt 33, 50 f.).
3. Für die neue Verhandlung gibt der Senat folgende Hinweise:
a) Die Annahme einer Betrugsbande setzt den Zusammenschluß
von mindestens drei Personen voraus, die sich zur Begehung von
Betrugstaten verbunden haben. Bei der festgestellten Beteiligung der
Angeklagten an den einzelnen Betrugshandlungen des Bo. liegt dies eher
fern. Dagegen kommt in Betracht, daß die Angeklagten B. und
E. als Mitglieder der als "jugoslawischen Tätergruppe"
bezeichneten Hehlerbande gehandelt haben. Denn bevor der Angeklagte B.
an Bo. herantrat, war er bereits Kurierfahrer dieser Gruppe und der
Angeklagte E. "Kontaktmann" zu ihr; zudem war er nach der Aussage des
Zeugen R. an weiteren Autoschiebereien beteiligt.
b) Für die Erfassung der Beteiligung der beiden Angeklagten am
Absatz der einzelnen Fahrzeuge als gewerbsmäßige
Hehlerei nach § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder als
gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach § 260 a
Abs. 1 StGB kommt es auf den Nachweis der konkreten Tatbeteiligung im
Einzelfall an, die allerdings auch in der bloßen Vermittlung
der einzelnen Fahrzeuge an andere Mitglieder der Bande bestehen kann.
c) Ob die Angeklagten durch ihre Vorgespräche mit Bo. ,
insbesondere durch die Zusage späterer Verwertung, sich
zugleich als Anstifter oder Gehilfen strafbar gemacht haben,
hängt unter anderem davon ab, ob bei dieser Handlung die
Haupttat ausreichend bestimmt war. Dabei gelten für den
Anstifter höhere Anforderungen (BGHSt 34, 63 ff.) als
für den Gehilfen (BGHSt 42, 138). Grundsätzlich kann
sich eine Beteiligungshandlung auch auf eine Mehrzahl von Taten des
Haupttäters beziehen, zu der angestiftet oder ein
fördernder Beitrag erbracht wird. Allerdings wird dann zu
fordern sein, daß die Teilnehmer wenigstens in Umrissen eine
Vorstellung von Anzahl und Zeitraum der Taten haben. Dabei
könnte hier von Bedeutung sein, daß die Angeklagten
es durch die Gestaltung ihrer Bereitschaft, entsprechende Fahrzeuge zu
übernehmen und abzusetzen, in der Hand hatten, die Zahl und
Frequenz der Betrugstaten zu beeinflussen.
Dabei wird zu prüfen sein, ob der Wechsel der
geschädigten Firma (H. statt S. ) im Fall II. 4 und der
Tatmodalität im Fall II. 2 (Abholung von einer Werkstatt statt
vom Kunden) eine nur unwesentliche Abweichung von der Vorstellung der
Beteiligten ist. 28
Konkurrenzrechtlich kommt es in solchen Fällen auf die Art des
Tatbeitrags des einzelnen Beteiligten an (vgl. BGH NStZ 2000, 83).
Zwischen der Beteiligung an der Vortat und der späteren
Hehlereihandlung besteht grundsätzlich Tatmehrheit (vgl.
Ruß in LK, 10. Aufl. § 259 Rdn. 46). Sollte in einem
Einzelfall eine Beteiligung eines der Angeklagten am Absatz des
jeweiligen Fahrzeugs nicht nachgewiesen werden können,
ändert dies nichts daran, daß er sich -
gegebenenfalls - der Anstiftung oder Beihilfe zum Betrug schuldig
gemacht hat.
d) Das Verbot der Schlechterstellung nach §§ 331, 358
Abs. 2 StPO steht einer Änderung des Schuldspruchs nicht
entgegen (vgl. Ruß in KK, 4. Aufl. § 331 Rdn. 2).
Allerdings dürfen weder die Gesamtstrafe, noch die jeweiligen
Einzelstrafen für die abgeurteilten Einzeltaten, auch wenn sie
jetzt unter dem Gesichtspunkt der Hehlerei erfaßt werden
sollten, höher ausfallen als bisher. Sollte der neue
Tatrichter neben der Aburteilung dieser Einzeltaten (oder wenigstens
eines Teils von ihnen) zusätzlich die Beteiligung an der
Vortat des Bo. als Anstiftung, bzw. Beihilfe zu dessen Betrug erfassen,
so steht die bisherige unrichtige rechtliche Behandlung der angeklagten
Taten der Verhängung einer weiteren Einzelstrafe
hierfür nicht entgegen.
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