BGH,
Beschl. v. 14.11.2003 - 2 StR 394/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 394/03
vom
14.11.2003
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14.11.2003
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 4. Juni 2003 im Ausspruch über die Gesamtstrafen
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in sechs
Fällen
unter Einbeziehung von zwei Einzelstrafen aus einem Strafbefehl des
Amtsgerichts
Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 9. Februar 1999 zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe
von neun Monaten, wegen Betrugs in drei Fällen unter
Einbeziehung von
Einzelstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 18.
Mai 1999 zu einer
weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und wegen Betrugs in zwei
Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus dem Urteil des
Landgerichts
Detmold vom 22. September 1999, aus dem Urteil des Amtsgerichts
Leverkusen
vom 13. April 2000 und aus dem Urteil des Amtsgerichts Köln vom
17. März 2003 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und
drei Monaten verurteilt.
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Der Ausspruch über die drei Gesamtstrafen hat keinen Bestand.
Der
Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme zutreffend
ausgeführt:
"Nach den tatrichterlichen Feststellungen lagen folgende
Vorverurteilungen
des Angeklagten wegen verschiedener Vermögens-, Steuer- und
Insolvenzdelikte
vor:
Nachdem das Amtsgericht Köln zunächst am 17. Oktober
1997 auf eine
Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen erkannt hatte, bezog
wiederum das
Amtsgericht Köln am 19. Juni 1998 diese Einzelstrafen in eine
weitere Verurteilung
ein und bildete hieraus eine (neue) Gesamtgeldstrafe von 320
Tagessätzen
zu 60 DM. Ob diese Geldstrafe erledigt ist, ist dem angefochtenen Urteil
nicht zu entnehmen.
Wegen zweier Betrugstaten (Tatzeiten: 26. September 1998 und
23. Oktober 1998) erkannte das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler mit
Strafbefehl vom 9. Februar 1999 auf eine Gesamtgeldstrafe von 75
Tagessätzen
zu 30 DM. Im Zeitraum zwischen 1994 und dem 31. Januar 1997 hatte der
Angeklagte 28 weitere Einzeltaten verübt, welche das
Amtsgericht Köln am
18. Mai 1999 ahndete. Die Einzelstrafen aus diesem Urteil bezog das
Landgericht
Detmold in die Verurteilung vom 22. September 1999 wegen weiterer
zwölf Einzeltaten, begangen zwischen Ende 1990 und 1992 ein,
und bildete
eine (derzeit verbüßte) Gesamtfreiheitsstrafe von
zwei Jahren sowie eine - inzwischen
bezahlte - Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu 30 DM. Dazu,
ob auch die vom Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler ausgesprochenen
Geldstrafen
vom Landgericht Detmold einbezogen (und mithin vom Angeklagten
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bezahlt) wurden, verhält sich das zu
überprüfende Urteil nicht. Weiterhin verurteilte
ihn das Amtsgericht Leverkusen am 13. April 2000 wegen eines Anfang
November 1999 begangenen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem
Jahr.
Schließlich verhängte wiederum das Amtsgericht
Köln am 17. März 2003 für
vier zwischen dem Jahr 2000 und dem Dezember 2002 verwirklichte
Straftaten
gegen den Angeklagten ebenfalls eine Freiheitsstrafe von einem Jahr.
Die im vorliegenden Verfahren abgeurteilten elf Taten datieren aus dem
Zeitraum 24. Juni 1998 bis 4. Juni 1999. Die Strafkammer hat dem
Strafbefehl
des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 9. Februar 1999 und dem
Urteil
des Amtsgerichts Köln vom 18. Mai 1999 Zäsurwirkung
beigemessen und drei
Gesamtstrafen - von neun Monaten, zwei Jahren und zwei Jahren und drei
Monaten - ausgesprochen. Die Gesamtstrafenbildung erweist sich jedoch
als
nicht frei von Rechtsfehlern.
Ein solcher liegt zunächst darin, daß das Urteil
offen läßt, ob die vom
Amtsgericht Köln festgesetzten Strafen für die
offenbar vor dem 17. Oktober
1997 verübten Taten erledigt sind oder nicht. Denn im Falle
einer Nichterledigung
käme bereits der Verurteilung vom 17. Oktober 1997 eine
Zäsurwirkung
zu, so daß die Einzelstrafen für die vor diesem
Zeitpunkt begangenen Taten für
die Gesamtstrafenbildung mit den verfahrensgegenständlichen
Taten ausschieden.
Aber auch wenn man die Erledigung der vom Amtsgericht Köln am
17. Oktober 1997 und 19. Juni 1998 ausgesprochenen Geldstrafen
unterstellt,
hält die Gesamtstrafenbildung (...) rechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Sofern
insoweit noch keine Erledigung vorläge, hätte die
Strafkammer zwar zutreffend
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der Verurteilung vom 9. Februar 1999 durch das Amtsgericht Neuenahr-
Ahrweiler eine erste Zäsurwirkung beigemessen. In diesem Falle
hätte die
Kammer aber die Einzelstrafen für sämtliche bis zu
diesem Zeitpunkt begangenen
Taten in diese (erste) Gesamtstrafe einbeziehen müssen. Dies
ist jedoch
nicht nur hinsichtlich der noch nicht erledigten Einzelfreiheitsstrafe
aus dem
Urteil des Landgerichts Detmold (Tat 6, Tatzeit: März 1992),
sondern auch in
Bezug auf die vom Amtsgericht Köln am 18. Mai 1999
festgesetzten Freiheitsstrafen
(Tatzeiten bis Anfang 1997) unterblieben. Entgegen der Ansicht der
Kammer kam der letztgenannten Verurteilung damit auch keine
Zäsurwirkung
zu (anders wäre es, wenn die vom Amtsgericht Bad
Neuenahr-Ahrweiler verhängten
Geldstrafen bereits bezahlt wären). Da für die
Gesamtstrafenbildung
nicht die (zufällige) äußere
Verfahrensgestaltung, sondern die materielle
Rechtslage ausschlaggebend sein muß, geht die
Zäsurwirkung von der ersten
der Vorverurteilungen aus (vgl. BGHSt 32, 191, 193). Demnach konnte hier
eine weitere Zäsur erst mit der Verurteilung durch das
Amtsgericht Leverkusen
am 13. April 2000 (Tatzeit: November 1999) eintreten. Da die weiteren
von der
Kammer abgeurteilten Taten vor diesem Zeitpunkt liegen, wäre
diese Einzelstrafe
(sofern nicht auch insofern Erledigung eingetreten ist) in die
vorliegend
zu bildende Gesamtstrafe einzubeziehen. Dies gilt ebenso für
die zu einem
nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2000 begangene, am
17. März
2003 vom Amtsgericht Köln abgeurteilte Tat zum Nachteil eines
ungenannten
Subunternehmens (Fall 2 jenes Urteils), weil insoweit zu Gunsten des
Angeklagten
von einer Gesamtstrafenfähigkeit auszugehen ist. Die vom
Amtsgericht
Köln in jenem Urteil ausgesprochenen weiteren Strafen waren
demgegenüber
- vorbehaltlich einer Erledigung der vom Amtsgericht Leverkusen
ausgesprochenen
Strafe - mit den vorliegenden Taten nicht gesamtstrafenfähig,
so daß
aus diesen noch eine gesonderte Gesamtstrafe festzusetzen wäre.
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Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das dem Angeklagten
auferlegte
Strafübel bei fehlerfreier Gesamtstrafenbildung geringer
ausgefallen
wäre."
Dem schließt sich der Senat an.
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