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BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - 1 StR 167/08


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 15.4.2008 - 1 StR 167/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 167/08
vom
15.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15.4.2008 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23. Januar 2008 wird im Maßregelausspruch aufgehoben, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs sachlich zusammentreffenden Fällen, davon in drei Fällen zugleich mit Anstiftung zur vorsätzlichen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt. Zugleich hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und den teilweisen Vorwegvollzug von drei Jahren und sechs Monaten angeordnet. Das Rechtsmittel, das auf die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs beschränkt worden ist, führt zum Wegfall der Unterbringungsanordnung (§ 349 Abs. 4 StPO).
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I. Die Beschränkung des Rechtsmittels allein auf die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs der neben der Maßregel verhängten Freiheitsstrafe ist hier unwirksam; es erfasst den gesamten Maßregelausspruch. Die Frage des Vorwegvollzugs kann hier nicht losgelöst von der Frage der Anordnung der Maßregel beurteilt werden, da die Dauer des Vollzugs auch von der Einschätzung der Behandlungsbedürftigkeit abhängt (vgl. BGH, Beschl. vom 18. Dezember 2007 - 3 StR 516/07).
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II. Die Unterbringungsanordnung kann nicht bestehen bleiben.
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1. Auch nach Umgestaltung des § 64 Abs. 1 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) in eine „Soll-Vorschrift“ hat der Tatrichter zunächst festzustellen, ob beim Angeklagten ein Hang vorliegt, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Dispositi-on zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss (vgl. nur BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; Hanack in LK-StGB 11. Aufl. § 64 Rdn. 40). „Im Übermaß“ bedeutet, dass der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2004, 39, 40). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die sachverständig beratene Strafkammer in den Urteilsgründen nicht darzulegen vermocht.
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Nach den Feststellungen ist der Angeklagte „polytoxikoman“. Seit seinem 14. Lebensjahr soll er Alkohol konsumiert haben und „in Kontakt mit Be-
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täubungsmitteln“ gewesen sein. Aus „gelegentlichem Haschischkonsum“ habe sich „ein regelmäßiger Konsum dieser Droge“ entwickelt. Mit 18 Jahren habe er „regelmäßig Amphetamine“ konsumiert. „Gelegentlich“ seien auch andere Drogen, „etwa Heroin“, hinzugekommen. Bei seiner Inhaftierung habe er „unter Entzugserscheinungen wie Schweißausbrüchen und Schlafstörungen“ gelitten. Darüber hinaus habe der Angeklagte eine ausgeprägte Leidenschaft zum Spielen an Automaten, die sich als „unmittelbare Folgeerscheinung der Suchtmittelabhängigkeit“ darstelle. Nähere Einzelheiten über das Bestehen des Hangs bei Begehung der einzelnen Taten teilen die Urteilsgründe nicht mit.
2. Unabhängig davon ist nicht erkennbar, dass die abgeurteilten Taten Symptomwert für einen Hang des Angeklagten zum Missbrauch berauschender Mittel haben, sich also in ihnen seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert, wie dies etwa bei Beschaffungskriminalität typisch ist. Eine solche Annahme liegt hier schon deshalb fern, weil der Angeklagte mit seinem Vater und seinem Bruder eine Vielzahl von gut organisierten Einkaufsfahrten nach V. -- in den Niederlanden getätigt, zur Reduzierung des eigenen Risikos teilweise professi-onell das Rauschgift über einen Kurier nach Deutschland eingeführt hat, um es dann hier gewinnbringend zu veräußern.
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3. Der Senat kann ausschließen, dass eine neue Verhandlung Feststellungen ergeben könnte, die eine den Angeklagten beschwerende Unterbringungsanordnung (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO) rechtfertigen. Er erkennt daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf deren Wegfall (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 354 Rdn. 26f m.w.N.).
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Nack Boetticher Kolz
Elf Sander


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