BGH,
Beschl. v. 15.8.2001 - 2 StR 292/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 292/01
vom
15. August 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung
hier: Revision des Angeklagten C.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 15. August
2001 gemäß §§ 349 Abs. 4, 357 StPO
einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Köln vom 17. November 2000, auch soweit es den Mitangeklagten
W. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Zur Aufhebung des Urteils führt die fehlende
Erörterung der Frage eines etwaigen strafbefreienden
Rücktritts.
1. Nach den Feststellungen hatten der Angeklagte und der
frühere Mitangeklagte W. - der keine Revision eingelegt hat -
den Entschluß gefaßt, von dem Zeugen L. einen
höheren Geldbetrag zu erpressen. Sie vermuteten, daß
dieser mit dem Verschwinden des als vermißt geltenden M. Sch.
und der Ermordung seiner Freundin am K. Eisstadion etwas zu tun habe.
Der Angeklagte hatte heimlich eine Äußerung des
Zeugen L. "Sch. ist tot" mit einem Diktiergerät aufgezeichnet.
Der Zeuge L. sollte annehmen, daß die Erpressung von
Kosovo-Albanern ausgehe, die auch den Angeklagten C. unter Druck
setzten. Ein Bekannter des Angeklagten, H. W. , kampfsporterfahren und
von korpulenter Statur, sollte als angeblicher Kosovo-Albaner dem
Zeugen L. das Band vorspielen und ihn einschüchtern. Die
Angeklagten lockten L. in einen Pkw, erklärten ihm,
Kosovo-Albaner wollten ihn sprechen, und nahmen kurz darauf H. W. in
den Wagen auf. Dieser hielt L. vor, daß er mit dem
Verschwinden des Sch. und dem Eisstadionmord zu tun habe. W. setzte zu
einem Faustschlag auf den Kopf des L. an, den dieser jedoch abwehren
konnte. Daraufhin hielt er ihm eine Pistole an die Schläfe,
spielte ihm das Band vor, verlangte mindestens 25.000 DM und drohte,
ihm selbst und seiner Familie werde etwas passieren, wenn er nicht
zahle. L. erklärte daraufhin, er müsse das Geld erst
von der Bank holen, diese habe aber noch nicht geöffnet. Als
W. wieder ausgestiegen war und die drei auf Vorschlag des
Geschädigten an einem Kiosk einen Kaffee getrunken hatten,
wollte der Angeklagte C. L. zur Bank fahren, um das Geld zu holen.
Dieser weigerte sich jedoch und kündigte an, er werde nicht
zahlen.
Nachdem der Angeklagte C. kurz darauf nochmals bei L. telefonisch
nachgefragt hatte, was mit dem Geld sei und er erneut die Antwort
erhalten hatte, Zahlung sei nicht beabsichtigt, teilte er am Nachmittag
desselben Tages telefonisch mit, er habe sich mit den Albanern
geeinigt, er habe mit der Forderung der Kosovo-Albaner nichts mehr zu
tun. Am nächsten Tag befand sich im Briefkasten des Zeugen L.
ein Umschlag mit dem Diktiergerät und dem vorgespielten Band,
worauf der Angeklagte C. telefonisch hinwies. Nachmittags wiederholte
er gegenüber L. in einem Telefongespräch, er habe
sich mit den Albanern geeinigt. Am folgenden Tag rief er jedoch erneut
an und erklärte, die Albaner seien wieder bei ihm und wollten
ihr Geld.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wäre die
Möglichkeit eines freiwilligen Rücktritts von der
versuchten schweren räuberischen Erpressung (§ 24
StGB) zu prüfen gewesen.
Eine solche Prüfung drängte sich deswegen auf, weil
der Angeklagte C. nach der zweimaligen abschlägigen Antwort
des Zeugen L. , er werde nicht zahlen, ihm das Band mit der
aufgezeichneten Äußerung zur Verfügung
stellte und sich damit eines Nötigungsmittels begab. Im
Zusammenhang damit ist die Äußerung zu sehen, er
habe sich mit den Albanern geeinigt, er habe mit deren Forderung nichts
mehr zu tun. Es ist nicht auszuschließen, daß darin
ein Verhalten liegt, durch das die Angeklagten die
Tatausführung im ganzen und endgültig aufgegeben,
d.h., ihre Geldforderung nicht mehr aufrechterhalten haben (vgl. BGHSt
7, 296, 297; BGH NJW 1980, 602). Die Feststellung, daß der
Angeklagte C. am folgenden Tag erneut anrief und nun erklärte,
die Albaner seien wieder bei ihm und wollten ihr Geld, steht der
endgültigen Aufgabe am Vortag nicht entgegen (vgl. BGHR StGB
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Rücktritt 4). Das Verhalten am
nachfolgenden Tag läßt es zwar auch möglich
erscheinen, daß die Angeklagten nicht darauf verzichteten,
die schwere räuberische Erpressung zu vollenden, sondern sich
lediglich auf ein Nötigungsmittel beschränkten,
nämlich den Einsatz der angeblichen Kosovo-Albaner, so
daß es sich um die sukzessive Ausführung eines
einheitlichen Erpressungsversuchs handeln könnte (vgl. BGHSt
33, 142, 144). Allein der Anruf am nachfolgenden Tag belegt dies -
mangels näherer Feststellungen - aber nicht.
Ob die Alternative eines fehlgeschlagenen Versuchs zum Tragen kommt,
blieb ebenfalls unerörtert.
3. Die Aufhebung des Urteils zugunsten des Angeklagten C. war
gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten W.
zu erstrecken. Denn der sachlich-rechtliche Fehler, der zur Aufhebung
des gegen den Beschwerdeführer ergangenen Urteils
geführt hat, betrifft in gleicher Weise den Schuld- und
Strafausspruch gegen den Nichtrevidenten W. .
Jähnke Detter Bode
Otten Elf |