BGH,
Beschl. v. 15.2.2001 - 3 StR 546/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 546/00
vom
15. Februar 2001
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 15. Februar 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 13. September 2000 in dem ihn betreffenden Strafausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das
Amtsgericht - Strafrichter - Oberhausen zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von
Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) zu einer
Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt worden ist. Mit seiner Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Nach
den Urteilsfeststellungen hatte er dem Mitangeklagten F. auf dessen
Bitte hin mindestens ein Gramm Haschisch übergeben.
Die Verfahrensvoraussetzung der sachlichen Zuständigkeit des
Landgerichts ist gegeben, da es zur Entscheidung über die beim
Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Oberhausen erhobene
Anklage durch Verbindung (§ 4 StPO) mit dem bei ihm
rechtshängigen Strafverfahren wegen Vergewaltigung u.a. gegen
den Mitangeklagten F. zuständig geworden ist. Ob die
Verbindung zweckmäßig war, hat das Revisionsgericht
nicht zu überprüfen (Pfeiffer in KK 4. Aufl.
§ 4 Rdn. 11). Ein Fall des Ermessensmißbrauchs ist
jedenfalls nicht gegeben, weil beiden Angeklagten dieselbe Tat des
unerlaubten Überlassens von Betäubungsmitteln an eine
Person unter 18 Jahren zur Last lag und somit ein sachlicher
Zusammenhang im Sinne von § 3 StPO bestand. Der
spätere Wegfall dieses Zusammenhangs durch die Teileinstellung
des Verfahrens gegen den Mitangeklagten F. gemäß
§ 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung ließ die
sachliche Zuständigkeit des Landgerichts unberührt
(§ 269 StPO). Zwar hat das Amtsgericht insoweit einen
Verfahrensfehler begangen, als es die Akten dem Landgericht direkt zur
Prüfung der Übernahme vorgelegt hat, obwohl das
Hauptverfahren noch nicht eröffnet war und deshalb wegen der
fortbestehenden Dispositionsbefugnis der Staatsanwaltschaft deren
Zustimmung zur Abgabe des Verfahrens erforderlich gewesen wäre
(vgl. BGHR StPO § 4 Verbindung 5; Pfeiffer in KK aaO Rdn. 1).
Dieser Verfahrensfehler führte jedoch nicht zur Unwirksamkeit
des Verbindungsbeschlusses.
Hinsichtlich des Schuldspruchs weist die angefochtene Entscheidung aus
den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen
den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Jedoch hat der
Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand. Hierzu hat der
Generalbundesanwalt folgendes ausgeführt:
"a) Zu Recht macht die Verteidigung insoweit vorweg geltend, dass die
Darlegungen des Landgerichts zur Frage der erheblichen Verminderung der
Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers in keiner Weise
den Begründungsanforderungen der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes genügen. Weder der jeder Substantiierung
entbehrende Hinweis auf die ´schlüssigen und
nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dr. Fl.
´ noch die Tatsache, dass sich der Angeklagte nicht darauf
berufen hat, infolge Alkoholgenusses ´in seiner
Steuerungsfähigkeit erheblich
beeinträchtigt´ gewesen zu sein (UA S. 10/11),
ermöglichen dem Revisionsgericht eine Prüfung der
Richtigkeit des Ergebnisses, § 21 StGB sei im vorliegenden
Fall nicht anwendbar. Die Urteilsfeststellungen lassen - mangels
jeglicher Angaben etwa zur aufgenommenen Alkoholmenge (....), zum
Körpergewicht des Beschwerdeführers, zum Trinkbeginn,
zum Tatzeitpunkt - nicht einmal eine Berechnung der
Blutalkoholkonzentration zu, auch fehlt es an jeder Konkretisierung von
psychodiagnostischen Kriterien, aus denen sich die Annahme, der
Angeklagte sei zur Tatzeit uneingeschränkt
schuldfähig gewesen, ableiten ließe.
b) Unabhängig davon ist das Strafmaß, auf welches
das Landgericht erkannt hat, gemessen an dem festgestellten Tatvorwurf,
derart exorbitant erhöht, dass es dem Erfordernis, gerechter
Schuldausgleich zu sein, nicht mehr entspricht, und zwar auch unter
Berücksichtigung der auf UA S. 13 oben zutreffend als
strafschärfend angeführten Gesichtspunkte."
Dem schließt sich der Senat an. Ein Absehen von Strafe
gemäß § 29 Abs. 5 StPO kommt bei der Abgabe
von Betäubungsmitteln nicht in Betracht.
Die Zurückverweisung der Sache an den Strafrichter war
gemäß § 354 Abs. 3 StPO geboten.
Kutzer Rissing-van Saan Pfister von Lienen Becker |