BGH,
Beschl. v. 15.1.2002 - 1 StR 494/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
15. Januar 2002
in der Strafsache gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Januar 2002
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 26. Juli 2001 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die vom Landgericht hilfsweise innerhalb eines anderen als des
tatsächlich zugrundegelegten Strafrahmens zugemessene
Freiheitsstrafe gefährdet den Bestand des Urteils hier nicht.
Das wäre nur dann anders, wenn die den Strafausspruch
tragenden Gründe des Urteils rechtfehlerhaft wären
und es deshalb nach Vorstellung des Tatrichters auf die an sich
unzulässige Hilfserwägung ankommen sollte (siehe
BGHSt 7, 359, 360). So aber verhält es sich nicht, weil die
den Strafausspruch tragenden Erwägungen rechtsfehlerfrei sind.
Insbesondere hat die Strafkammer gesehen, daß neben der
Anwendung des Strafrahmens für den minder schweren Fall
(§ 250 Abs. 3 StGB) auch die Möglichkeit einer dem
Angeklagten günstigeren doppelten Milderung des
Normalstrafrahmens gemäß § 21 und
§ 46a, jew. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB, in Betracht kam
(UA S. 30/31). Sie hat die Wahl des angewendeten Strafrahmens kurz
begründet. Das genügte hier.
2. Das Unterbleiben einer Gesamtstrafenbildung mit Freiheitsstrafen aus
vorangegangenen Verurteilungen des Angeklagten begegnet keinen
sachlich-rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat zutreffend dem
Urteil des Amtsgerichtes Straubing vom 9. September 1999 eine
Zäsurwirkung beigemessen, die der Bildung einer Gesamtstrafe
gemäß § 55 StGB entgegenstand.
Durch die nachträgliche Gesamtstrafenbildung soll ein
Angeklagter, dessen mehrere Straftaten in verschiedenen Verfahren
abgeurteilt werden, nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt
werden, als wenn alle Taten in einem, und zwar dem zuerst
durchgeführten Verfahren, abgeurteilt worden wären.
Von diesem Urteil geht eine Zäsur dergestalt aus,
daß alle vor diesem Zeitpunkt begangenen Taten in die
Gesamtstrafe einzubeziehen sind. Der Tatrichter, dem sich die Frage
nachträglicher Gesamtstrafenbildung stellt, muß sich
deswegen jeweils in die Lage desjenigen Richters versetzen, dessen
Entscheidung für eine nachträgliche Einbeziehung in
Betracht kommt. Alle Strafen für die vor jenem Urteil
begangenen Taten - aber auch nur diese - sind auf eine Gesamtstrafe
zurückzuführen. Hat sich der Täter - wie
hier - nach dem früheren Urteil erneut strafbar gemacht, so
sind insoweit eine Einzelstrafe oder eine oder mehrere weitere
Gesamtstrafen festzusetzen (vgl. BGHSt 32, 190, 193; BGHR StGB
§ 55 Abs. 1 Satz 1 Anwendungspflicht 1 und
Zäsurwirkung 1, 4; BGH wistra 1998, 344; sog.
"Rückprojektion", vgl. auch BGHSt 44, 179, 181).
Da nach dem zeitlichen Ablauf alle den Urteilen des Amtsgericht
Straubing vom 9. September und 2. Dezember 1999 sowie des Landgerichts
Regensburg vom 17. Januar 2001 (Berufungsurteil) zugrundeliegenden
Taten durch das Urteil vom 9. September 1999 hätten geahndet
werden können, hat das Berufungsurteil vom 17. Januar 2001
gesamtstrafenrechtlich gesehen keine eigenständige Bedeutung.
Es wäre nämlich nicht ergangen, wenn alle jene Taten
am 9. September 1999 abgeurteilt worden wären. Deshalb ist das
Urteil vom 17. Januar 2001 als auf das Urteil vom 9. September 1999
"zurückprojiziert" zu behandeln. Von diesem Urteil geht eine
Zäsur aus, die das Landgericht zutreffend
berücksichtigt hat.
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