BGH,
Beschl. v. 15.6.2009 - 3 StR 77/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 77/09
vom
15. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) und
3. auf dessen Antrag - am 15. Juni 2009 gemäß
§ 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 18. Juni 2008 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den
Fällen II 63 bis 72 der Urteilsgründe verurteilt
worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens
und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 62 Fällen
schuldig ist,
bb) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und
bandenmäßigen Betrugs in 72 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Mit seiner Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen
Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen
Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Senat hat das Verfahren in den Fällen II 63 bis 72 der
Urteilsgründe aus prozessökonomischen
Gründen auf Antrag des Generalbundesanwalts eingestellt. Das
Urteil enthält zur Beteiligung des Angeklagten an diesen Taten
einen Widerspruch, der nicht aufgelöst wird. Während
der Angeklagte nach den allgemeinen, den Einzeltaten vorangestellten
Feststellungen an den Taten der Bande von Dezember 1999 bis
einschließlich Januar 2003 beteiligt gewesen sein soll, gehen
die Feststellungen zu den Einzeltaten in den Fällen II 63 bis
72 von Tatzeiten aus, die nach Ende des zuvor festgestellten
Tatzeitraums liegen (März 2003 bis September 2003).
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2. Die Teileinstellung führt zu der aus der Beschlussformel
ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Hinsichtlich der
verbleibenden Taten weist der Schuldspruch durchgreifende Rechtsfehler
nicht auf. Insbesondere ist die Annahme rechtlich
selbständiger Taten noch hinreichend belegt. Die
Urteilsgründe lassen jedenfalls in ihrer Gesamtheit erkennen,
dass der Angeklagte bei allen Taten auch jeweils individuelle
Tatbeiträge leistete, indem er zumindest den jeweiligen
"Vorbereitern" und "Closern" konkrekte Tätigkeiten zuwies
(vgl. BGH NStZ-RR 2008, 275 m. w. N.).
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3. Der Strafausspruch unterliegt hingegen insgesamt der Aufhebung.
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a) Die Zumessung der nach der Teileinstellung verbleibenden
Einzelstrafen ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat in
allen Fällen bei der Wahl des Strafrahmens gegen das
Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB
verstoßen. Die Annahme minder schwerer Fälle des
§ 263 Abs. 5 StGB hat es u. a. mit der Begründung
abgelehnt, dass das betrügerische Geschäftsmodell
"auf einen längeren Zeitraum" angelegt und zur "dauerhaften
Erzielung von Einnahmen bestimmt und auch geeignet" gewesen sei. Diese
Erwägungen gehen in ihrem sachlichen Gehalt nicht
über die Hervorhebung des Umstandes hinaus, dass der
Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat. Da die
Gewerbsmäßigkeit ein die Strafbarkeit
begründendes Merkmal des Qualifikationstatbestandes des
§ 263 Abs. 5 StGB ist, durfte dieser Umstand nicht nochmals im
Rahmen der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden.
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Das Landgericht hat den beanstandeten Erwägungen bei der Wahl
des Strafrahmens wesentliches Gewicht beigemessen. Der Senat kann
deshalb nicht ausschließen, dass sich der Rechtsfehler in den
Fällen II 1 bis 62 auf die Höhe der erkannten
Einzelstrafen ausgewirkt hat.
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b) Die Strafzumessung weist darüber hinaus weitere rechtliche
Mängel auf:
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aa) Im Fall II 1 hat das Landgericht der Strafzumessung einen zu hohen
Schuldumfang zugrunde gelegt. Die Feststellungen belegen lediglich die
Einbindung des Angeklagten in die betrügerische Erlangung der
Notarkosten in Höhe von 1.741 US-Dollar. Dass der Angeklagte
darüber hinaus an weiteren Betrugshandlungen zum Nachteil des
Geschädigten beteiligt war, kann dem Urteil hingegen nicht
entnommen werden. Dies versteht sich auch nicht von selbst, da dieser
Fall von dem sonst üblichen Tatmuster teilweise abweicht.
Für
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die strafschärfende Berücksichtigung eines die
Notarkosten übersteigenden Schadens fehlt deshalb eine
tragfähige Tatsachengrundlage.
bb) Im Fall II 11 hat es das Landgericht unterlassen, eine Einzelstrafe
festzusetzen.
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cc) Auch die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe begegnet für
sich genommen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der
Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, dass die Bemessung der
Gesamtstrafe einer eingehenden Begründung bedarf, wenn sie
sich - wie hier - auffallend von der Einzelstrafe (zwei Jahre sechs
Monate Freiheitsstrafe) entfernt (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB
§ 54 Abs. 1 Bemessung 8). Diesen erhöhten
Anforderungen genügen die lediglich formelhaften
Erwägungen des Landgerichts nicht. Insbesondere
erschließt sich aus der in Bezug genommenen Höhe des
entstandenen Gesamtschadens von 187.000 Euro nicht die nahezu dreifache
Erhöhung der Einsatzstrafe.
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4. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, gemäß
§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Maßstab für die
Anrechnung vom Angeklagten in diesem Verfahren in der Dominikanischen
Republik erlittene Haft festzusetzen.
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Becker von Lienen Sost-Scheible
RiBGH Hubert befindet sich
im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Becker Schäfer |