BGH,
Beschl. v. 15.3.2000 - 2 StR 46/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 46/00
vom
15. März 2000
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 15. März 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Köln vom 13. Oktober 1999 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im
übrigen wegen "gemeinschaftlicher Einfuhr von in Tateinheit
mit Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 16
Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren verurteilt, einen Geldbetrag für verfallen
erklärt und Betäubungsmittel und
Betäubungsmittelutensilien eingezogen. Dagegen wendet sich die
Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und
materiellen Rechts gerügt wird. Das Rechtsmittel hat Erfolg,
soweit die Maßregelanordnung abgelehnt wurde, im
übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§
349 Abs. 2 StPO). Daß der Angeklagte, soweit er
Betäubungsmittel zum Eigenverbrauch erworben hat, nicht wegen
Besitzes sondern wegen Erwerbs verurteilt worden ist, beschwert ihn
nicht.
Die Ablehnung der Unterbringungsanordnung begegnet durchgreifenden
Bedenken.
Das Landgericht hat zu Recht einen Hang des Angeklagten, berauschende
Mittel - Kokain - im Übermaß zu sich zu nehmen,
bejaht. Nach den Feststellungen begann der Angeklagte, der bereits in
früheren Jahren intensiv Kokain konsumiert hatte und deswegen
verurteilt worden war, ab 1994 erneut mit zunächst
gelegentlichem Kokaingenuß, der sich ab 1997 auf
tägliche Dosen von 1,5 g bis 3 g steigerte. Daß die
Kokainabhängigkeit nicht zu einer verminderten
Schuldfähigkeit bei der Begehung der Taten geführt
hat, steht der Annahme eines Hanges nicht entgegen. Dagegen sind die
Erwägungen, mit denen das Landgericht den Zusammenhang
zwischen der Kokainabhängigkeit und den Straftaten des
Angeklagten abgelehnt hat, nicht rechtsfehlerfrei. Hierzu hat es
sachverständig beraten ausgeführt, daß die
vom Angeklagten verwirklichten Taten weitestgehend auf seiner
narzißtischen Persönlichkeitsstörung, die
von einer dissozialen Entwicklung begleitet werde, beruhe. Sie seien
deshalb nicht auf seinen Hang zur Einnahme berauschender Mittel
zurückzuführen. Dabei setzt sich das Landgericht aber
nicht damit auseinander, daß der Angeklagte von dem
eingeführten Rauschgift - jeweils Heroin und Kokain in Mengen
von 10 bis 40 g - zwei Drittel des Kokains für seinen
Eigenverbrauch abzweigte. Danach liegt auf der Hand, daß die
Betäubungsmittelstraftaten des Angeklagten, der über
keine sonstigen Einnahmequellen verfügte, auch zur
Finanzierung seines Drogenkonsums dienten, die
Kokainabhängigkeit für die Begehung der Straftaten
jedenfalls mitursächlich war. Daß außer
dem Hang weitere Persönlichkeitsmängel eine
Disposition für die Begehung von Straftaten
begründen, steht dem erforderlichen symptomatischen
Zusammenhang nicht entgegen (BGHR StGB § 64 Zusammenhang
symptomatischer 1).
Die Frage der Maßregelanordnung bedarf daher neuer
Verhandlung und Entscheidung. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben,
da auszuschließen ist, daß der Tatrichter bei
Anordnung der Unterbringung eine niedrigere Strafe verhängt
hätte.
Jähnke Niemöller Detter Bode Otten |