BGH,
Beschl. v. 15.5.2002 - 2 StR 441/01
2 StR 441/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
15. Mai 2002
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Mai 2002
beschlossen:
Die Sache wird gemäß § 132 Abs. 2 GVG dem
Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung
folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Ist § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB anwendbar in Fällen, in
denen der Täter einer räuberischen Erpressung das
Tatopfer mit einer mit Platzpatronen geladenen
Schreckschußpistole bedroht, bei welcher der Explosionsdruck
nach vorne austritt, wenn diese innerhalb kürzester Zeit
unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden
kann?
Gründe:
I.
Dem Senat liegt folgender Fall zur Entscheidung vor:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
mit Vorwegvollzug einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren angeordnet.
Nach den Feststellungen betrat der Angeklagte mit einer geladenen
Schreckschußpistole eine Bankfiliale, lud die Pistole durch
und forderte von den beiden anwesenden Bankmitarbeiterinnen mit den
Worten "Geld her, das ist ein Überfall, sofort Geld her, sonst
schieße ich" die Herausgabe von Bargeld. Eine der
Mitarbeiterinnen befand sich in der gesicherten Kassenbox, die zweite
zunächst im Schalterraum; sie flüchtete
später ebenfalls in den Kassenraum. Im angrenzenden
Besprechungsraum führte der Filialleiter ein
Kundengespräch. Der Angeklagte drohte, als ihm nicht sogleich
Bargeld ausgehändigt wurde, mehrfach damit, "alle zu
erschießen"; hierbei deutete er auf die Tür des
Besprechungsraums. Die Mitarbeiterinnen, die die Drohung ernst nahmen,
übergaben ihm daraufhin einen Bargeldbetrag in Höhe
von 34.840 DM, mit welchem der Angeklagte flüchtete. Da sich
nicht feststellen ließ, ob die von dem Angeklagten verwendete
Pistole mit Gas- oder Schreckschußmunition geladen war, ist
das Landgericht zu seinen Gunsten davon ausgegangen, daß nur
Schreckschußmunition verwendet wurde. Eine Bedrohung einer
Person mit der Schreckschußpistole aus kürzester
Entfernung hat das Landgericht nicht festgestellt. Es hat den
Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung unter
Verwendung einer Waffe gemäß §§
253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verurteilt; das Vorliegen eines minder
schweren Falles im Sinne von § 250 Abs. 3 StGB hat es verneint.
Der Senat will die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten im
Schuldspruch sowie im Strafausspruch verwerfen und entgegenstehende
eigene Rechtsprechung aufgeben, wonach es sich bei einer beim Raub zur
Bedrohung verwendeten geladenen Schreckschußpistole nicht um
eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug im Sinne von
§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt, wenn der drohende Einsatz
nicht unmittelbar am Körper des Tatopfers erfolgt. Nach der
bisherigen Rechtsprechung auch des Senats (vgl. etwa NStZ 2002, 31, 33)
stellt eine mit Platzpatronen geladene Schreckschußwaffe, bei
welcher der Explosionsdruck nach vorne austritt, ein
gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB nur dann dar, wenn sie dem Opfer so nahe an den Kopf oder an den
Körper gehalten wird, daß beim (bloßen)
Abfeuern die Wahrscheinlichkeit erheblicher Verletzungen besteht. Wird
eine Schreckschußpistole - wie im vorliegenden Fall - aus
größerer oder nicht näher festgestellter
Entfernung zum Tatopfer zur Drohung eingesetzt, so ist sie nach
bisheriger Rechtsprechung weder als Waffe noch als
gefährliches Werkzeug zu qualifizieren, sondern nur als
"sonstiges Werkzeug" anzusehen, dessen Verwendung von § 250
Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfaßt ist.
An dieser Differenzierung will der Senat nicht festhalten. Er ist
vielmehr der Ansicht, daß eine zur Bedrohung des Raubopfers
eingesetzte geladene Schreckschußpistole jedenfalls dann als
gefährliches Werkzeug im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB anzusehen ist, wenn sie vom Täter innerhalb
kürzester Zeit ohne weitere Zwischenschritte unmittelbar am
Körper der bedrohten Person zum Einsatz gebracht werden kann.
An der beabsichtigten Änderung seiner Rechtsprechung sieht
sich der Senat durch die Rechtsprechung des 1. Strafsenats (vgl.
Beschluß vom 3. November 1998 - 1 StR 529/98;
Beschluß vom 14. April 1999 - 1 StR 642/98), des 3.
Strafsenats (vgl. Beschluß vom 23. Dezember 1998 - 3 StR
467/98; Beschluß vom 19. August 1998 - 3 StR 333/98 = NStZ-RR
1999, 173) und des 4. Strafsenats (vgl. Beschluß vom 19. Mai
1998 - 4 StR 204/98 = NStZ 1998, 511; Beschluß vom 30.
November 2000 - 4 StR 493/00 = NStZ-RR 2001, 136; Beschluß
vom 26. November 1998 - 4 StR 457/98 = NStZ 1999, 102) gehindert. Er
hat daher mit Beschluß vom 7. Dezember 2001
gemäß § 132 Abs. 3 GVG bei den anderen
Strafsenaten angefragt, ob an entgegenstehender Rechtsprechung
festgehalten werde. Hierauf haben der 1. Strafsenat mit
Beschluß vom 3. April 2002 - 1 ARs 5/02 -, der 3. Strafsenat
mit Beschluß vom 5. März 2002 - 3 ARs 5/02 -, der 4.
Strafsenat mit Beschluß vom 21. Februar 2002 - 4 ARs 6/02 -
mitgeteilt, es werde an der beabsichtigten Entscheidung
entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten. Der 5. Strafsenat hat
mit Beschluß vom 19. Februar 2002 - 5 ARs 6/02 - mitgeteilt,
Rechtsprechung des 5. Strafsenats stehe der beabsichtigten Entscheidung
nicht entgegen, eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes erscheine jedoch wenig sinnvoll.
Der Senat vermag den in den genannten Entscheidungen dargelegten
Argumenten für ein Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung
nicht beizutreten; er legt die Rechtsfrage daher
gemäß § 132 Abs. 2 GVG dem Großen
Senat für Strafsachen zur Entscheidung vor.
II.
1. Durch das 6. Strafrechtsreformgesetz ist der Begriff der
"Schußwaffe" in § 244 a.F. und § 250 a.F.
StGB durch das Begriffspaar "Waffe oder anderes gefährliches
Werkzeug" ersetzt worden. Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der
genannten Normen ist zu schließen, daß Waffen oder
gefährliche Werkzeuge im Sinne der §§ 244
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Abs. 2 Nr. 1 und
Nr. 2 StGB nur solche Gegenstände sein können, die
objektiv gefährlich, d.h. geeignet sind, erhebliche
Verletzungen zu verursachen. Objektiv ungefährliche Tatmittel,
insbesondere solche, die nach dem Willen des Täters nur
subjektive Zwangswirkung auf das Opfer entfalten sollen, unterfallen
danach den Auffangtatbeständen der §§ 244
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b), 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB (vgl. etwa
BGHSt 44, 103, 105; BGH NStZ-RR 1999, 173; zur gesetzgeberischen
Intention vgl. Bericht des Rechtsausschusses zum 6.
Strafrechtsreformgesetz, BTDrucks. 13/9064, S. 18).
Der Begriff der Waffe - als tatbestandlich herausgehobenes Beispiel
gefährlicher Werkzeuge (vgl. BGHSt 44, 103, 105; Geppert, Jura
1999, 599, 600; Küper in Festschrift für Hanack,
1999, S. 569, 572; ders., Strafrecht BT, 4. Aufl. 2000, S. 413;
Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 244 Rdn. 3; Eser in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 244 Rdn.
3; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 244 Rdn. 6) -
erfaßt nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner
Ansicht in der Literatur solche Gegenstände, die ihrer Art und
Bestimmung nach zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen
geeignet sind, insbesondere also die in § 1 WaffG bezeichneten
Waffen im technischen Sinn. Eine mit Schreckschußmunition
geladene Pistole unterfällt diesem Begriff auch dann nicht,
wenn beim Abfeuern der Munition der Explosionsdruck nach vorne aus dem
Lauf austritt (vgl. Eser aaO m.w.Nachw.). Soweit der 3. Strafsenat
hiervon abweichend eine an den Körper gehaltene
Schreckschußpistole als Waffe bezeichnet hat
(Beschlüsse vom 19. August 1998 - 3 StR 333/98 - und vom 23.
Dezember 1998 - 3 StR 467/98), hat er hieran in dem auf die Anfrage des
Senats ergangenen Beschluß vom 5. März 2002 - 3 ARs
5/02 - nicht festgehalten. Dagegen hat der 1. Strafsenat im
Beschluß vom 3. April 2002 - 1 ARs 5/02 - die Ansicht
vertreten, eine geladene Schreckschußpistole - die nach
Auffassung des 1. Strafsenats grundsätzlich als "sonstiges
Werkzeug" im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB
anzusehen ist - werde beim Abfeuern aus kurzer Distanz oder bei einer
Drohung, dies zu tun, zu einer "Waffe" (BA S. 7). Diese Ansicht
führt zu einer mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbaren
Unterscheidung zwischen "gefährlichen" und
"ungefährlichen" Waffen und damit zu weiterer Unklarheit, denn
jedenfalls für die Auslegung von § 250 Abs. 2 Nr. 2
StGB steht das vom 1. Strafsenat herangezogene Unterscheidungskriterium
der "konkreten Verwendung" nicht zur Verfügung.
2. Es kommt daher darauf an, ob die von dem Angeklagten verwendete
Schreckschußpistole als "anderes gefährliches
Werkzeug" im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), 2.
Variante, Abs. 2 Nr. 1 StGB anzusehen ist. Nach dem Willen des
Gesetzgebers des 6. Strafrechtsreformgesetzes soll für eine
Auslegung des Begriffs auf die zur Auslegung des § 223 a Abs.
1 StGB a.F. (= § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB n.F.) entwickelten
Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. Bericht des
Rechtsausschusses zum 6. Strafrechtsreformgesetz,
BTDrucks. 13/9064, S. 18), wonach ein gefährliches Werkzeug im
Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ein körperlicher
Gegenstand ist, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art
seiner Verwendung im konkreten Fall geeignet ist, erhebliche
Verletzungen herbeizuführen (vgl. Tröndle/Fischer,
StGB 50. Aufl. § 224 Rdn. 9, § 244 Rdn. 7
m.w.Nachw.). Auf diese Definition hat der Bundesgerichtshof in zu
§ 250 StGB n.F. ergangenen Entscheidungen verwiesen (vgl. z.B.
BGHSt 45, 249, 250; BGH StV 1999, 92; BGH NStZ 1999, 135; BGH NStZ
1999, 301; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 a Waffe 2). Hierbei
handelte es sich freilich jeweils um Fälle, in welchen eine
tatsächliche Verwendung des Werkzeugs vorlag, das Merkmal der
Gefährlichkeit daher aufgrund der Feststellung einer konkreten
Gefährdung oder Verletzung des Opfers beurteilt werden konnte.
a) Während § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB einen "mittels"
des gefährlichen Werkzeugs verursachten Verletzungserfolg
voraussetzt, enthalten die Vorschriften, die in der Fassung des 6.
Strafrechtsreformgesetzes das Merkmal aufführen, jeweils auch
tatbestandliche Handlungsvarianten, in welchen es weder auf eine
konkret gefährliche Verwendung noch auf eine entsprechende
Verwendungsabsicht ankommt (vgl. § 177 Abs. 3 Nr. 1,
§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), § 250 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. a) StGB); soweit eine Verwendung des Werkzeugs bei der Tat
gegenüber dem bloßen Beisichführen mit
höherer Strafe bedroht ist (§ 250 Abs. 2 Nr. 1,
§ 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB), kann diese Verwendung auch in einer
nötigenden Bedrohung des Tatopfers bestehen. Da das nach
§ 250 Abs. 2 Nr. 1 als Mittel der Gewaltanwendung oder der
Bedrohung eingesetzte gefährliche Werkzeug ein solches ist,
dessen bloßes Beisichführen ohne die Absicht der
Verwendung in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB mit Strafe
bedroht ist, kann zu seiner Bestimmung nicht, wie in § 224
Abs. 1 Nr. 2 StGB, auf die konkrete Art seiner Verwendung
zurückgegriffen werden. In der strafrechtlichen Literatur wird
daher die vom Gesetzgeber erwogene (vgl. BTDrucks. 13/9064, S. 18)
Abgrenzung des "gefährlichen" vom "sonstigen" Werkzeug im
Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 250 Abs. 1
Nr. 1 Buchst. b) anhand der konkreten Verwendung - soweit ersichtlich
einhellig - als verfehlt und systematisch widersprüchlich
angesehen (vgl. etwa Eser in Schönke/Schröder, StGB
26. Aufl. § 244 Rdn. 5; Hoyer in SK-StGB § 244 Rdn.
10; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 244 Rdn. 7;
Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 244 Rdn. 3;
Kindhäuser LPK § 244 Rdn. 7;
Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl., Nachtrag zu § 250
Rdn. 6; Küper in Festschrift für Hanack 1999, S. 569,
578 ff.; ders. JZ 1999, 187 ff.; Arzt/Weber, BT, § 14 Rdn. 57;
Otto, BT 6. Aufl. § 41 Rdn. 52; Graul Jura 2000, 204, 205;
Jäger JuS 2000, 651, 653; Kargl StraFo 2000, 7, 9; Maatsch GA
2001, 75, 76; Streng GA 2001, 359, 360; jeweils m.w.Nachw.). Auch der
3. Strafsenat hat die Anknüpfung an § 224 Abs. 1 Nr.
2 in seiner Stellungnahme zu einer Anfrage des 4. Strafsenats als
ungeeignet (NStZ 1999, 301, 302) und in dem auf die Anfrage des Senats
ergangenen Beschluß vom 5. März 2002 als dogmatisch
verfehlt bezeichnet.
b) Nach Ansicht des Senats liegen § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
a), Abs. 2 Nr. 1 StGB einheitliche Begriffe der Waffe und des
gefährlichen Werkzeugs zugrunde; es kann daher nicht
für die Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ohne
weiteres auf die Rechtsprechung zu § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB
zurückgegriffen, für die Qualifikation nach
§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB aber ein hiervon
unabhängiger Begriff verwendet werden. Eine solche
einheitliche Auslegung entspricht, soweit ersichtlich, auch dem Willen
des Reformgesetzgebers (BTDrucks. 13/9064 S. 18). Die gegenteilige
Auffassung des 1. Strafsenats (Beschluß vom 3. April 2002 - 1
ARs 5/02), die sich auf einzelne Stimmen in der Literatur
stützen kann (vgl. insbesondere Küper in Festschrift
für Hanack 1999, S. 569, 579 ff. m.w.Nachw.), führt
zu einer nicht sachgerechten Vermischung objektiv gefährlicher
(§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Abs. 2 Nr. 1 StGB) und
"sonstiger" Werkzeuge (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB).
Eine Anknüpfung an die Auslegung des § 224 Abs. 1 Nr.
2 StGB scheitert, wenn der Täter ein von ihm
mitgeführtes Werkzeug, das keine Waffe im technischen Sinn
ist, bei der Tat zur Bedrohung verwendet. In diesem Fall muß
zwischen "gefährlichen" und "sonstigen" Werkzeugen
unterschieden werden, ohne daß für die
Differenzierung auf eine über die Drohung selbst hinausgehende
konkrete Art der (verletzungsgeeigneten) Verwendung abgestellt werden
kann. In diesem Fall muß es nach Ansicht des Senats auf die
objektive Gefährlichkeit des Werkzeugs ankommen, mit dessen
Einsatz der Täter droht. Es ist daher nicht - in
Anknüpfung an § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB - auf die
Erheblichkeit einer mit einem beliebigen Gegenstand (§ 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB) möglicherweise
zufügbaren Verletzung abzustellen, welche der Täter
(ausdrücklich oder konkludent, ernstlich oder
täuschend) androht, sondern auf die abstrakte
Gefährlichkeit des von ihm verwendeten Werkzeugs. Es schiene
nicht verständlich, die Drohung, das Opfer einer
räuberischen Erpressung zu erwürgen oder aus einem
hoch gelegenen Fenster zu stürzen, mit einer Mindeststrafe von
einem Jahr zu ahnden, die Drohung, es mit Klebeband zu fesseln oder mit
einer brennenden Zigarette zu verletzen (vgl. BGH NStZ 2002, 86 - 4 StR
245/01), dagegen mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren.
c) Für die Bestimmung der Gefährlichkeit eines zur
Drohung verwendeten Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB ist daher nach Ansicht des Senats nicht an § 224 Abs. 1
Nr. 2 StGB, sondern an den Begriff des gefährlichen Werkzeugs
im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB
anzuknüpfen (vgl. BGH NJW 1998, 3130; NStZ 1999, 448, 449;
Kindhäuser in LPK § 250 Rdn. 23). Entgegen einer in
der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. etwa Küper JZ 1999,
187, 192 und in Festschrift für Hanack 1999, 569, 585 ff.;
Geppert Jura 1999, 602; Zopfs JR 1999, 1062, 1063; Graul Jura 2000,
204, 205; Hilgendorf ZStW 112 [2000] 811, 813; Erb JR 2001, 207;
Rengier BT I, 5. Aufl., § 4 Rdn. 25 ff.; Wessels/Hillenkamp BT
II, Rdn. 262 a ff.; ähnlich SK-Günther § 250
Rdn. 8; Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 244 Rdn. 3)
kann die Abgrenzung abstrakt gefährlicher, also den Waffen im
technischen Sinn gleichstehender Werkzeuge von sonstigen Werkzeugen und
Mitteln im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB nicht
nach Maßgabe eines "Verwendungsvorbehalts" oder einer
"konkreten Gebrauchsabsicht" erfolgen, also anhand einer
Verwendungsabsicht, die nach dem eindeutigen Wortlaut des §
250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB gerade nicht erforderlich ist. Das
gilt namentlich auch im Fall der Verwendung zur Drohung, denn ein
ungefährliches Werkzeug wird nicht dadurch objektiv
gefährlich, daß der Täter sich vornimmt,
das Opfer unter Täuschung über die
Verletzungstauglichkeit mit ihm zu bedrohen.
Eine Abgrenzung gefährlicher von sonstigen Werkzeugen
muß vielmehr nach Auffassung des Senats anhand objektiver
Kriterien erfolgen. Eine solche Auslegung wird auch von Teilen der
Literatur vorgeschlagen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl.
§ 244 Rdn. 9; Eser in Schönke/Schröder, StGB
26. Aufl. § 244 Rdn. 5; Hoyer in SK StGB § 244 Rdn.
11, 12; Dencker JR 1999, 33, 36; Schroth NJW 1998, 2861, 2864;
Zieschang JuS 1999, 49; Mitsch ZStW 111 [1999] 65, 79; Otto BT 6. Aufl.
§ 41 Rdn. 53; Kindhäuser/Wallau StV 2001, 18;
Kindhäuser in LPK § 244 Rdn. 6 ff., 11 ff.,
§ 250 Rdn. 23; ders. in NK § 244 Rdn. 6 f.; Kargl
StraFo 2000, 7 ff.; Streng GA 2001, 359, 365 ff.; vgl. auch
Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl. Nachtrag § 250 Rdn.
6, 12; Schlothauer/Sättele StV 1998, 508; Bussmann StV 1999,
613, 621; Maatsch GA 2001, 75, 83); hierbei wird überwiegend
auf eine "objektive Waffenähnlichkeit", eine
"Waffenersatzfunktion" oder eine "objektive Zweckbestimmung"
abgestellt; der 3. Strafsenat hat im Beschluß vom 26. Februar
1999 (NStZ 1999, 301, 302) neben der objektiven Beschaffenheit "eine
generelle, von der konkreten Tat losgelöste ... Bestimmung des
Gegenstandes zur gefährlichen Verwendung" als
Abgrenzungskriterium für § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
a) StGB erwogen.
Dieser zutreffenden objektiven Bestimmung des gefährlichen
Werkzeugs folgt auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in
Fällen, in denen der Täter mit dem Einsatz eines
Messers droht; dieses wird in ständiger Rechtsprechung als
abstrakt "gefährliches" Werkzeug angesehen, dessen drohender
Einsatz ohne weiteres § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB
unterfällt (vgl. etwa BGH NStZ 1999, 136; NStZ-RR 2001, 41;
BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1; vgl. auch BayObLG
NJW 1999, 2535 f.; OLG Hamm NJW 2000, 351 f.). Hiervon löst
sich die Behandlung einer zur Drohung verwendeten geladenen
Schreckschußpistole, die nach bisheriger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes nur dann als gefährliches Werkzeug im
Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB anzusehen ist, wenn sie
unmittelbar am Körper des Opfers zum (drohenden) Einsatz
gebracht wird.
d) Eine geladene Schreckschußpistole ist ein
waffenähnliches Werkzeug mit hohem
Gefährdungspotential. Zwar ist sie nicht im technischen Sinne
zur Verletzung von Menschen bestimmt; sie ist aber objektiv geeignet,
erhebliche Verletzungen hervorzurufen. In der kriminaltechnischen und
rechtsmedizinischen Literatur ist wiederholt auf ihre
Gefährlichkeit hingewiesen worden. Art und Umfang
möglicher Verletzungen hängen von
äußeren Bedingungen und dem Waffentyp ab und sind so
um so erheblicher, je näher sich die Waffe am Körper
des Opfers befindet. Ein aufgesetzter Schuß mit einer
Platzpatrone führt regelmäßig zu
Aufplatzungen der Haut, je nach Waffenart auch zu schweren Verwundungen
tieferliegenden Gewebes. Beim Ansetzen der Waffe an Kopf,
Schläfe, Augen oder Hals kann ein Schuß auch
tödliche Wirkung haben (vgl. etwa Apel Gewerbearchiv 1985,
295; Sattler/Wagner, Kriminalistik 1986, 485; Rothschild/Krause
ArchKrim 1996, 65; Rothschild NStZ 2000, 406).
Bei der Tatbegehung unter drohender Verwendung eines derart
verletzungsgeeigneten Gegenstands kann es für die Einordnung
als gefährliches Werkzeug ebenso wie beim Einsatz eines
Messers nach Auffassung des Senats nicht maßgeblich darauf
ankommen, ob sich der Täter in einer räumlichen
Entfernung zu dem Opfer befindet, welche die Zufügung einer
erheblichen Körperverletzung (gerade) noch nicht gestattet,
wenn sich die von dem Werkzeug ausgehende Gefahr innerhalb
kürzester Zeit und im unmittelbaren Fortgang des Geschehens
tatsächlich realisieren kann, also nicht etwa weitere
Vorbereitungshandlungen zur Herbeiführung der
Einsatzbereitschaft erfordert. Ein Täter, der eine
durchgeladene und schußbereite Schreckschußpistole
zunächst nur aus der Entfernung von wenigen Metern auf sein
Opfer richtet, um eine echte Waffe vorzutäuschen, kann mit
wenigen Schritten und in Sekundenschnelle das Opfer erreichen und ihm
erhebliche Verletzungen zufügen. Um gegebenenfalls die
Drohungswirkung zu verstärken, wird eine weitere
Annäherung an das Opfer in diesen Fällen
regelmäßig näher liegen als etwa die Abgabe
eines folgenlosen Schreckschusses aus größerer
Entfernung. Es erscheint wenig sachgerecht, die Anwendung des
Strafrahmens des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hier von der
Unterschreitung einer - gegebenenfalls in Zentimetern zu bemessenden -
Mindestdistanz abhängig zu machen. Die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes hat eine ähnliche Differenzierung zu Recht
auch nicht bei der Verwendung anderer objektiv gefährlicher
Werkzeuge (vgl. etwa BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1
[Messer] - BGH NStZ-RR 1999, 174 [Kampfhund]) vorgenommen. Für
den Begriff der (einen Unterfall des gefährlichen Werkzeugs
darstellenden) Waffe im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat
auch die in BGHSt 45, 92, 94 abgedruckte Entscheidung des 4.
Strafsenats mit überzeugenden Gründen von einer
Berücksichtigung eines konkreten Einsatzes oder einer
Einsatzabsicht abgesehen. Soweit der 1. Strafsenat in BGHSt 45, 249,
251 entschieden hat, ein Täter, der eine ungeladene Pistole
zur Drohung gegenüber dem Opfer einsetze und das mit scharfer
Munition geladene Magazin in seiner Jackentasche bei sich
führe, verwende kein objektiv gefährliches Tatmittel
im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, kann diese Abgrenzung
hier dahinstehen, denn anders als dort ließ sich im
vorliegenden Fall die von der durchgeladenen
Schreckschußpistole ausgehende Gefahr innerhalb von
Sekundenbruchteilen realisieren. Die Schaffung einer Gefahr, welche
sich nach Kenntnis des Täters in der tattypischen Belastungs-
und Streßsituation ohne weiteres - etwa bei Bewegungen des
Opfers, Hinzukommen weiterer Personen, u.s.w. - in schwerwiegenden
Verletzungen realisieren kann, mag anders zu beurteilen sein als die
Schaffung eines Verletzungspotentials, welches zu seiner Realisierung
weiterer bewußter Entscheidungen des Täters und
technischer Vorbereitungen bedarf.
3. Soweit der 1., 3., 4. und 5. Strafsenat in ihren Antworten auf die
Anfrage des Senats für die unterschiedliche Behandlung von
Messern und geladenen Schreckschußpistolen auf den Inhalt der
Täterdrohung abstellen, vermischt dies objektive und
subjektive Gesichtspunkte sowie die Verwendung von Werkzeugen zur
Verletzung und zur Drohung und greift auf die frühere
Rechtsprechung zur Verwendung sog. Scheinwaffen zurück; es ist
nicht ersichtlich, wie damit dem vom 1. Strafsenat gegen den
Anfragebeschluß hervorgehobenen "Erfordernis der objektiven
Gefährlichkeit bei solchen Gegenständen, die erst
durch die konkrete Art der Verwendung gefährlich sind"
(Beschluß vom 3. April 2002 - 1 ARs 5/02), genügt
werden soll. Der 3. Strafsenat hat ausgeführt, ein
Täter, der mit einer (geladenen) Schreckschußpistole
aus größerer Distanz drohe, bringe damit nicht die
Drohung zum Ausdruck, er werde sich auf das Opfer zubewegen und ihm
einen aufgesetzten Schuß versetzen; vielmehr drohe er an, aus
der Distanz zu schießen, dies sei aber objektiv
ungefährlich (BA S. 4; ebenso der 4. Strafsenat - 4 ARs 6/02,
BA S. 4 f.; ähnlich 1. Strafsenat - 1 ARs 5/02, BA S. 7; 5.
Strafsenat - 5 ARs 6/02, BA S. 3). Dagegen werde bei Bedrohung mit
einem Messer aus größerer Distanz die Drohung zum
Ausdruck gebracht, sich dem Opfer anzunähern und es aus naher
Distanz zu verletzen, das Werkzeug also objektiv gefährlich
einzusetzen.
Diese Differenzierung wird nach Ansicht des Senats weder der objektiven
Gefährlichkeit der genannten Gegenstände noch der
subjektiven Bedrohungssituation des Opfers gerecht, auf welche die
Strafsenate mittelbar abstellen. Hinsichtlich ihrer abstrakten
Gefährlichkeit besteht der behauptete Unterschied zwischen
Messern und geladenen Schreckschußpistolen nicht; ein aus
einer Entfernung von mehreren Metern vorgehaltenes Messer ist objektiv
nur abstrakt, nicht aber konkret gefährlich. Es wird dies auch
nicht dadurch, daß der Täter - täuschend
oder nicht - androht, er werde es unter Umständen konkret
gefährlich verwenden. Es gilt insoweit nichts anderes als
für andere vom Bundesgerichtshof als "gefährlich"
angesehene Werkzeuge (vgl. etwa BGH StV 1999, 91
[Holzknüppel]; NStZ-RR 1999, 355 [Besenstiel]; NStZ 1999, 174
[Hund]; NStZ 2000, 530 [Kraftfahrzeug]; NStZ 2002, 86 [Zigarette];
Beschlüsse vom 16. Juni 1998 - 4 StR 255/98
[Schranktür]; vom 15. Februar 2001 - 3 StR 6/02
[Kugelschreiber]; vom 22. Mai 2001 - 3 StR 130/01 [Injektionsspritze];
vom 22. November 2001 - 2 StR 400/01 [Winkeleisen]). Wer dagegen aus
einer Entfernung von einigen Metern mit einer geladenen
Schreckschußpistole droht, die das Opfer für eine
echte Schußwaffe hält, droht mit einem gerade auch
aus der Distanz unmittelbar lebensgefährlichen oder
tödlichen Einsatz, übt also eine ungleich
höhere Bedrohungswirkung aus. Die Ansicht, die hierin
zusätzlich liegende Täuschung müsse zu einer
Privilegierung des Täters führen, hat eine
willkürlich wirkende Ungleichbehandlung zur Folge,
für welche sachliche Gründe, nämlich
Unterschiede in der vom Gesetz verlangten objektiven
Gefährlichkeit der verwendeten Gegenstände, nicht
erkennbar sind.
Auch die tatsächlichen Annahmen der Senate überzeugen
insoweit nicht: In der Mehrzahl der Fälle wird der
Täter, der aus der Entfernung mit einem Messer droht, seine
Entschlossenheit, das Opfer gegebenenfalls zu erstechen, ebenso
vortäuschen wie der mit einer Schreckschußpistole
drohende Täter seinen Willen, das Opfer zu
erschießen. Kommt das Opfer einer Bedrohung mit einer
Schreckschußpistole dem Verlangen des Täters nicht
ohne weiteres nach, so liegt es aus dessen Sicht fern, zur
Verstärkung der Bedrohung aus größerer
Distanz einen (Schreck-)Schuß abzugeben; vielmehr liegt es
nach aller Erfahrung nahe, daß er, wenn seiner Forderung
nicht bei der ersten Drohung Folge geleistet wird, nicht alsbald
unverrichteter Dinge fliehen, sondern eine Verstärkung seiner
Drohung unternehmen wird, indem er die Pistole unmittelbar am
Körper zum (drohenden und ggf. verletzenden) Einsatz bringt.
Auch insoweit ist daher der behauptete Unterschied zur Drohung mit
einem Messer nicht gegeben. Wird statt dessen in der genannten Weise
auf den (mehr oder minder zutreffenden) Erklärungsinhalt der
(konkludenten) Drohung abgestellt, so wird die vom Gesetzgeber
beabsichtigte Differenzierung anhand der objektiven
Gefährlichkeit des Werkzeugs gerade aufgegeben; es wird damit
an die Rechtsprechung zum "sonstigen Werkzeug" im Sinne von §
250 Abs. 1 Nr. 2 a.F. StGB angeknüpft, diese aber in unklarer
Weise mit der Problematik sog. "Scheinwaffen" vermengt.
4. Die Differenzierung kann entgegen der Ansicht des 5. Strafsenats (BA
S. 3) auch nicht darauf gestützt werden, daß der
Gesetzgeber bislang keinen Anlaß gesehen habe, den Verkauf
von Schreckschußpistolen einzuschränken. Auch Messer
unterfallen - bis auf Ausnahmen - ebenso wie zahlreiche andere generell
gefährliche Gegenstände den Regelungen des
Waffengesetzes nicht; das am 10. Mai 2002 vom Bundestag beschlossene
Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (vgl. Gesetzentwurf der
Bundesregierung, BTDrucks. 14/7758; Beschlußempfehlung und
Bericht des Innenausschusses, BTDrucks. 14/8933) sieht dagegen
für Schreckschußwaffen die Einführung eines
sog. "kleinen Waffenscheins" vor (vgl. Anlage 1 zu § 1 Abs. 4
WaffG, Ziff. 2.7; Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 WaffG, Abschnitt 2,
Unterabschnitt 2, Ziff. 1.3; Unterabschnitt 3, Ziff. 2.1). Die
Gesetzeslage spricht daher gerade für eine Einordnung von
Schreckschußwaffen unter den Begriff des
gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr.
1 Buchst a), Abs. 2 Nr. 1 StGB.
III.
Der Senat ist daher der Ansicht, daß jedenfalls eine geladene
und schußbereite Schreckschußpistole auch dann ein
gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB ist, wenn der Täter sie zur Bedrohung aus einer
Entfernung von einigen Metern einsetzt, wenn sich die objektive
Gefährlichkeit des Werkzeugs im unmittelbaren Fortgang des
konkreten Tatgeschehens in kürzester Zeit realisieren kann.
Die der bisherigen Rechtsprechung und den Antworten der anderen
Strafsenate auf die Anfrage vom 7. Dezember 2001 zugrundeliegende
Differenzierung insbesondere zwischen der drohenden Verwendung von
Messern und geladenen Schreckschußpistolen überzeugt
nicht; sie führt, da sachliche Unterschiede nicht gegeben
sind, nach Auffassung des Senats entweder zu einer
willkürlichen Besserstellung desjenigen, der zur Drohung eine
abstrakt gefährliche Schreckschußpistole einsetzt,
oder zur willkürlichen Schlechterstellung des Täters,
der beim Raub ein Messer bei sich führt oder mit seinem
Einsatz droht.
1. Die vom 1., 3., 4. und 5. Strafsenat hervorgehobenen praktischen
Schwierigkeiten im Hinblick auf Beweisprobleme sieht der Senat nicht.
Die Senate halten das Kriterium eines möglichen Einsatzes
binnen kürzester Zeit für nicht sachgerecht, da es
für die Tatgerichte zu unter Umständen schwierigen
Beweiserhebungen über die örtlichen Gegebenheiten,
den Abstand zwischen Täter und Opfer, die
Behändigkeit des Täters sowie sonstige
Umstände der Möglichkeit eines raschen Einsatzes des
Werkzeugs führe. Diese möglichen Schwierigkeiten
bestehen aber nach dem von den Senaten vertretenen
"Entfernungs-Kriterium" gleichermaßen; die Feststellung, ob
der Täter mit einer Schreckschußpistole aus einer
Entfernung von 90 cm oder 1 m drohte, sowie die Beweiserhebung
über seinen Kenntnisstand zur konkreten Verletzungsgefahr
können mindestens ebenso schwierig sein wie die Feststellung,
ob die Schreckschußpistole binnen kürzester Zeit
hätte zum Einsatz gebracht werden können.
2. Soweit der 4. Strafsenat ausgeführt hat, die Strafdrohung
des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB reiche bei Verwendung
einer Schreckschußpistole aus, weil die Verwendung zur
Drohung im Strafrahmen des Absatz 1 straferhöhend gewertet
werden könne, ist dies eine rechtspolitische Bewertung, die
das Ergebnis schon voraussetzt. Da der Strafrahmen des § 250
Abs. 1 StGB bis zu 15 Jahren reicht, könnte dasselbe Argument
auch für Messer, Waffen oder andere gefährliche
Werkzeuge angeführt werden.
3. Übereinstimmend haben die anderen Strafsenate eingewandt,
die beabsichtigte Änderung der Rechtsprechung widerspreche
einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung und biete dieser
gegenüber keine Vorteile. Dem vermag der Senat nicht zu
folgen. Von einer gefestigten Rechtsprechung seit der Neufassung des
Tatbestands im Jahre 1998 kann nach Ansicht des Senats nicht gesprochen
werden. Ausdrückliche Entscheidungen zum Verhältnis
des § 250 Abs. 2 Nr. 1 zu dem Begriff des
gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr.
1 Buchst. a) StGB liegen nicht vor; die Strafsenate haben sich vielmehr
in einer Vielzahl von Einzelfallsentscheidungen mit einer - im Sinne
von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB - konkret gefährlichen
Verwendung einzelner Gegenstände befaßt. Dabei ist
diese Anknüpfung selbst ungeklärt geblieben (der 3.
Strafsenat bezeichnet sie im Beschluß vom 5. März
2002 als "dogmatisch verfehlt"; der 4. Strafsenat im Beschluß
vom 21. Februar 2002 als "nicht möglich"; der 1. Strafsenat
hält den von ihm vertretenen Gefährlichkeitsbegriff
dagegen für "kongruent" mit dem des § 224 Abs. 1 Nr.
2 StGB); auch die vom 3. und 1. Strafsenat verwendeten Begriffe der
"Waffe" stimmen, wie sich aus den Beschlüssen vom 5.
März 2002 - 3 ARs 5/02; BA S. 3 - und vom 3. April 2002 - 1
ARs 5/02, BA S. 7 - ergibt, nicht überein. Zutreffend ist
allerdings, daß alle Strafsenate des Bundesgerichtshofes -
wenngleich mit im einzelnen unterschiedlichen Begründungen -
die Verwendung von Schreckschußwaffen zur Drohung aus
größerer Distanz bislang nur als Fall des §
250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB angesehen haben. Ob dieser in der
kurzen Zeit seit der Neufassung in einzelfallsorientierter
Rechtsprechung entstandenen Auffassung - die eine in sich geschlossene
Systematik noch nicht formuliert hat, in der strafrechtlichen Literatur
überwiegend abgelehnt, jedenfalls aber als unklar angesehen
wird (vgl. Streng GA 2001, 359, 364) - das Gewicht einer an
Kontinuität und Rechtssicherheit orientierten
ständigen Rechtsprechung zukommt, mag bezweifelt werden. Ihr
kommt jedenfalls dann geringeres Gewicht zu, wenn sie zu sachlich nicht
gerechtfertigten und ungerechten Ergebnissen führt. Das ist
aber nach Auffassung des Senats der Fall: Folgt man der an eine
Täuschungsabsicht anknüpfenden Auffassung zur
Bestimmung der objektiven Gefährlichkeit eines zur Drohung
verwendeten Werkzeugs, so führt das zu einer sachlich nicht
erklärbaren unterschiedlichen Behandlung von (generell
gefährlichen) Messern und (generell gefährlichen)
geladenen Schreckschußwaffen: Die drohende Verwendung eines
Messers aus größerer Entfernung in der Absicht, es
keinesfalls einzusetzen, führt zur Mindeststrafe von
fünf Jahren, die Drohung mit einer geladenen
Schreckschußpistole aus 1,5 m Entfernung in der Absicht, sie
bei Weigerung des Opfers für einen aufgesetzten
Schuß einzusetzen, dagegen zur Mindeststrafe von drei Jahren.
4. Die beabsichtigte Änderung der Rechtsprechung
würde nach Ansicht des Senats auch nicht zu der in der
Literatur gelegentlich befürchteten Ausuferung des Begriffs
des gefährlichen Werkzeugs und seine Erstreckung auf alle
denkbaren Gegenstände des täglichen Gebrauchs
führen. Eine solche Gefahr besteht nur dann, wenn der im
Gesetzgebungsverfahren vertretenen Ansicht gefolgt wird, die Auslegung
des Begriffs müsse sich an der Rechtsprechung zu §
223 a StGB a.F. orientieren. Die vom Senat beabsichtigte einheitliche
Auslegung des Begriffs in § 250 StGB (sowie in
§§ 177, 244 StGB) würde dagegen zu einer
sachgerechten Begrenzung der Qualifikation auf generell
gefährliche Gegenstände führen, ohne auf
subjektive Vorstellungen des Opfers, mögliche
Täuschungsabsichten des Täters sowie auf die im
einzelnen schwierigen Differenzierungen zur Problematik der sog.
"Scheinwaffen" zurückgreifen zu müssen.
Jähnke Bode Solin-Stojanovic Rothfuß Fischer
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