BGH,
Beschl. v. 15.9.2006 - 2 StR 280/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 280/06
vom
15.9.2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 15.09.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. Y. wird das Urteil des
Landgerichts Kassel vom 25. November 2005 im Gesamtstrafenausspruch,
soweit es den Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Rechtsmittels, zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Die Revisionen der Angeklagten D. Y. , J. Y. und N. G. werden als
unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils
auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum
Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
3. Die Angeklagten D. Y. und N. G. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel
und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Es wird davon abgesehen, den Angeklagten J. Y. mit den Kosten seines
Rechtsmittels zu belasten.
- 3 -
Gründe:
1. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat hinsichtlich des
Angeklagten H. Y. keinen Bestand. Nach den Feststellungen des
Landgerichts wurde der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Kassel
vom 29. November 2004 wegen unerlaubten Besitzes von
Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer
halbautomatischen Kurzwaffe und Munition zu einer Freiheitsstrafe von
neun Monaten verurteilt. Nähere Angaben zu dieser Vorstrafe
enthält das Urteil nicht, insbesondere ist der
Vollstreckungsstand der Strafe nicht mitgeteilt. Der Senat kann daher
nicht prüfen, ob die nachträgliche Bildung einer
Gesamtstrafe zu Recht unterblieben ist oder ob ggf. ein
Härteausgleich zu gewähren war.
1
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar im Urteil vom 17.
Februar 2004 (BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Anwendungspflicht
4) entschieden, das Schweigen eines Urteils zum Vollstreckungsstand
einer gesamtstrafenfähigen Entscheidung stelle keinen
Erörterungsmangel dar, weil in diesem Fall
grundsätzlich davon auszugehen sei, dass dem Tatrichter
insoweit Feststellungen nicht möglich waren. Gegen diese
Rechtsansicht hat der Senat Bedenken. Hierauf kommt es vorliegend
jedoch nicht an. Aus den Urteilsgründen ergeben sich hier
nämlich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der
Tatrichter die Möglichkeit einer nachträglichen
Gesamtstrafenbildung übersehen hat.
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2. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Annahme des
Landgerichts, die Tatopfer S. und K. hätten sich zu Beginn der
Auseinandersetzung mit den Angeklagten in einer Notwehrsituation
befunden, rechtlichen Bedenken begegnet. Nach den Feststellungen waren
beide Seiten gewillt, eine körperliche Auseinandersetzung
unter Einsatz gefährlicher Werkzeuge zu suchen. Im Rahmen
einer solchen einverständlichen Schlägerei sind beide
Sei-
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ten gleichermaßen Angreifer und Verteidiger; ein Notwehrrecht
steht den Beteiligten schon deshalb nicht zu (BGH NJW 1990, 2263, 2264;
OLG Stuttgart NJW 1992, 850, 851), weil es ihnen am Verteidigungswillen
fehlt.
Auf die fehlerhafte Wertung des Landgerichts kommt es jedoch hier nicht
an, denn eine Rechtfertigung konnte sich hier auch nicht aus einer
Einwilligung ergeben. Eine Rechtfertigung der von den Angeklagten
vorgenommenen Tathandlungen kam hier aufgrund der Unwirksamkeit des
anfänglichen Einverständnisses
gemäß § 228 StGB nicht in Betracht.
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Rissing-van Saan RiBGH Dr. Otten ist Fischer
wegen Urlaubs an der
Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan
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