BGH,
Beschl. v. 16.8.2000 - 5 StR 286/00
5 StR 286/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 16. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2000
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Leipzig vom 7. März 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in
Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen,
versuchter räuberischer Erpressung in zwei Fällen,
versuchter Nötigung in vier Fällen, davon in einem
Fall in Tateinheit mit zweifacher Körperverletzung sowie wegen
versuchter räuberischer Erpressung und versuchten Totschlags
in Tateinheit mit versuchter schwerer Brandstiftung und mit
gefährlicher Körperverletzung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.
Die Revision des Angeklagten hat hinsichtlich des
Rechtsfolgenausspruches Erfolg; im übrigen ist das
Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
Das landgerichtliche Urteil hält im Hinblick auf die
Fälle B III. 4, 5, 7 und 8 hinsichtlich der Strafzumessung
rechtlicher Überprüfung nicht stand. In den genannten
Fällen fehlt die im Rahmen der Entscheidung über die
Versuchsmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB notwendige Gesamtschau
der wesentlichen versuchsbezogenen Umstände. Nach der
ständigen Rechtsprechung ist erforderlich, daß
insbesondere die Nähe der Vollendung, die
Gefährlichkeit des Versuches und die aufgewandte kriminelle
Energie in die Abwägung einbezogen werden (BGHR StGB
§ 23 Abs. 2 - Strafrahmenverschiebung 4, 6, 9, 12). Im
vorliegenden Fall beschränkt sich die Kammer bei der Ablehnung
der Versuchsmilderung auf die Nennung einzelner schärfender
Strafzumessungserwägungen. Soweit im Fall B III. 5 das
Landgericht auf das Unterbinden weiterer Handlungen des Angeklagten in
Folge des Einschreitens der Polizei abhebt, betrifft dies allein die
Fortsetzung der Nötigungshandlung. Die für die
Vollendung bei dem Tatvorwurf der schweren räuberischen
Erpressung erforderlichen Vermögensverfügung
(§ 255 StGB) lag hier ersichtlich noch fern. Im Fall B III. 7
hat das Landgericht die Versuchsmilderung deshalb versagt, weil der
Versuch beendet war. Der Begriff des beendeten Versuchs hat hingegen
seine eigentliche Bedeutung im Bereich des strafbefreienden
Rücktritts. Für die Strafrahmenverschiebung nach
§ 23 Abs. 2 StGB läßt sich hieraus jedoch
wenig herleiten (BGHR StGB § 23 Abs. 2 -
Strafrahmenverschiebung 8). Hinsichtlich des Falles B III. 8 der
Urteilsgründe (versuchter Totschlag) hätte
berücksichtigt werden müssen, daß das Opfer
keine erheblichen Verletzungen erlitten hat.
Die Aufhebung umfaßt den gesamten Strafausspruch, um dem
neuen Tatrichter Gelegenheit zu einer einheitlichen Strafzumessung zu
geben.
Der neue Tatrichter wird zugleich Gelegenheit haben, die
Schuldfähigkeit des Angeklagten nochmals zu
überprüfen und dabei die signifikante Steigerung der
kriminellen Intensität der Handlungen des Angeklagten zu
bedenken.
Harms Häger Basdorf
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