BGH,
Beschl. v. 16.5.2002 - 3 StR 448/01
3 StR 448/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
16. Mai 2002
in der Strafsache gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 16. Mai 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten T. wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 21. März 2001, soweit es ihn betrifft,
im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen schweren Bandendiebstahls
in vier Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in vier
Fällen, Wohnungseinbruchdiebstahls in dreizehn
Fällen, versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls und Diebstahls
in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich
der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge
gestützten Revision. Soweit das Rechtsmittel sich gegen den
Schuldspruch und die Einzelstrafaussprüche richtet, ist es
offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
StPO. Die Gesamtstrafenbildung kann jedoch keinen Bestand haben. Hierzu
hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 5.
März 2002 ausgeführt:
"Die auf die Sachrüge vorzunehmende Prüfung der
schriftlichen Urteilsgründe ergibt genügend
Anhaltspunkte dafür (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz
1 Zäsurwirkung 8), dass das Landgericht sich zu Unrecht
gehindert gesehen hat, mit den Einzelstrafen des Landgerichts Bielefeld
vom 3. November 2000 eine Gesamtstrafe zu bilden, weil es gemeint hat,
dem stehe eine in jene Verurteilung einbezogene Strafe (aus dem) Urteil
des Amtsgerichtes Herford vom 31. Oktober 1997 entgegen (UA S. 58). Die
Urteilsgründe belegen (UA S. 7, 8), dass der Angeklagte am 31.
Oktober 1997 vom Amtsgericht Herford wegen einer am 29. August 1995
begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Am 3.
November 2000 verurteilte ihn das Landgericht Bielefeld wegen
zahlreicher Straftaten, letzte Tat begangen am 26. August 1998, unter
Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil vom 31. Oktober 1997 zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe. ...
Tatsächlich bildet die jeweils frühere Verurteilung
eine Zäsur mit der Folge, dass für die davor
begangenen Taten eine Gesamtstrafe zu bilden ist, während die
danach begangenen Taten zu einer weiteren Gesamtstrafe zusammenzufassen
sind. Entsprechend bildet die nächste Verurteilung eine
weitere Zäsur (BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1
Zäsurwirkung 4). ... Dementsprechend hätte die
Strafkammer aus den für die vor dem 31. Oktober 1997
begangenen Taten verhängten Einzelstrafen eine erste
Gesamtstrafe bilden müssen und aus den Einzelstrafen
für die Taten, die zwischen dem 31. Oktober 1997 und dem 3.
November 2000 begangen worden sind, eine zweite Gesamtstrafe."
Dem schließt sich der Senat auf der Grundlage der bisherigen
Feststellungen an. Für die neu vorzunehmende
Gesamtstrafenbildung weist er jedoch auf folgendes hin:
Zäsurwirkung entfaltet gemäß § 55
Abs. 1 Satz 2 StGB das Urteil in dem früheren Verfahren, in
dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen
letztmals geprüft werden konnten; das kann auch ein
Berufungsurteil sein (vgl. BGHSt 4, 366; Tröndle/Fischer, StGB
50. Aufl. § 55 Rdn. 7). Das Urteil des Amtsgerichtes Herford
vom 31. Oktober 1997 - 3 Ls 72 Js 103/96 (49/96) - ist nach den
Feststellungen (UA S. 7) erst am 25. Juni 1999 rechtskräftig
geworden, was auf die Einlegung eines Rechtsmittels hindeutet. Der neue
Tatrichter wird deshalb zu prüfen haben, ob in dem genannten
Verfahren nach dem 31. Oktober 1997 noch ein Berufungsurteil ergangen
ist, in dem zumindest über die Strafhöhe entschieden
worden ist.
Der neue Tatrichter wird außerdem Gelegenheit haben, die
mögliche Zäsurwirkung des Strafbefehls des
Amtsgerichtes Bad Oeynhausen vom 27. Dezember 1999 - 5 Cs 34 Js 1681/99
(1414/99) - zu prüfen, der erst am 6. Mai 2000 - also nach dem
Beginn der Tatserie, welche den Gegenstand des angefochtenen Urteils
bildet - rechtskräftig geworden ist. Bei einem Strafbefehl ist
für die Zäsurwirkung zwar
regelmäßig der Zeitpunkt des Erlasses
maßgeblich (BGHSt 33, 230), dies gilt jedoch nicht, wenn nach
Einspruchseinlegung durch Urteil entschieden wird (BGHR StPO §
358 Abs. 2 Nachteil 4; Stree in Schönke/Schröder,
StGB 26. Aufl. § 55 Rdn. 10). Den äußerst
knappen Urteilsfeststellungen läßt sich weder
entnehmen, ob das Strafbefehlsverfahren durch Urteil beendet worden
ist, noch, ob bei Erlaß des angefochtenen Urteil die
verhängte Geldstrafe von 40 Tagessätzen bereits durch
Vollstreckung erledigt war.
Tolksdorf Rissing-van Saan Miebach Pfister Richter am Bundesgerichtshof
Becker ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Tolksdorf
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