BGH,
Beschl. v. 16.9.2004 - 3 StR 316/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR
316/04
vom
16. September 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 3. Strafsenat des Bundesger ichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführer s am
16. September 2004
gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Hannover vom 24. März 2004 mit den Feststellungen auf-
gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Str afkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in zwei
Fällen
zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünfzehn Jahren verurteilt und
seine Unterbrin-
gung in einem psychiatr ischen Kr ankenhaus angeordnet. Hiergegen
richtet
sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des
Angeklagten. Das Rechtsmit-
tel hat in vollem Umfang Erfolg.
In seiner Antragsschrift vom 13. August 2004 führt der
Generalbundes-
anwalt folgendes aus:
"Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch wegen zwei
tatmehrheitlich begangener Tötungen nicht. Dies führt
auch zur
Aufhebung des Strafausspruchs und der Anor dnung der Unter-
bringung. Die (nicht unbegründet erscheinenden) Einwendungen
der Revision bedürfen insoweit keiner Erörterung.
Nach den Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen im engeren
Sinne tötete der Angeklagte seine Schwiegereltern, die er ver-
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folgt und in einer Lagerhalle gestellt hatte, durch eine Vielzahl
von Messerstichen. Dem in den Urteilsgr ünden mitgeteilten Ob-
duktionsbericht zufolge wiesen beide Opfer zahlreiche Stich-
und Schnittwunden, darunter auch Abwehrverletzungen auf. Er-
sichtlich wurden diese Verletzungen in ihrer ganz überwiegen-
den Mehrzahl von vorn zugefügt. Auch der Angeklagte wurde bei
der Tat verletzt und erlitt mehrere Kopfplatzwunden ( UA S.
10ff.).
Diese Feststellungen legen die Annahme eines einheitlichen Tö-
tungsgeschehens nahe, das sich zumindest zeitweise gegen
beide Opfer gleichzeitig richtete. Dass der Angeklagte
zunächst
ein Opfer tötete und sich sodann dem anderen zuwandte, er-
scheint demgegenüber wenig wahr scheinlich; dagegen sprechen
die vielfältigen Ver letzungen, die jeweils auf einen
längeren
Kampf hindeuten, sowie die Erwägung, dass die Opfer die
Tö-
tung ihr es jeweiligen Partner s schwerlich ohne Widerstand hin-
genommen haben. Nach der Lebenserfahrung ist vielmehr da-
von auszugehen, dass sich die Eheleute gemeinsam zur Wehr
setzten und dass sich die Tötungshandlungen sowohl zeitlich
als
auch in ihrer Zielrichtung überschnitten. Bei dieser Sachlage
liegt die Bewertung des Tatgeschehens als eine einheitliche
Handlung im materiell-rechtlichen Sinne nahe. Nach der Recht-
sprechung kann eine natürliche Handlungseinheit auch dann
vorliegen, wenn es um die Beeinträchtigung
höchstpersönlicher
Rechtsgüter verschiedener Personen geht. Die Annahme einer
natürlichen Handlungseinheit ist in derartigen Fällen
dann ge-
rechtfertigt, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen des
engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich er-
schiene (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2000 - 5 StR
323/00 m.w.N.). Das Schwurgericht hätte sich mit dieser
Mög-
lichkeit auseinandersetzen müssen."
Dem schließt sich der Senat an.
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des
Schuldspruchs. Auch die
zugr unde liegenden Feststellungen können, obwohl die
Beweiswürdigung des
Landgerichts bezüglich der Täterschaft des
Angeklagten als solche nicht zu
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beanstanden gewesen wäre, nicht bestehen bleiben; es erscheint
nicht von
vornherein ausgeschlossen, daß sich in der neuen
Hauptverhandlung Feststel-
lungen zum Tatablauf treffen lassen.
Tolksdorf
Miebach
Wink-
ler
von
Lienen
Hubert
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