BGH,
Beschl. v. 16.9.2009 - 2 StR 259/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 259/09
vom
16. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 16. September 2009
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 19. Januar 2009, soweit es ihn betrifft, mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als
Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Koblenz
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlicher schwerer
räuberischer Erpressung mit Todesfolge" zu einer
Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die hiergegen
gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten hat mit der
Sachrüge Erfolg.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen der
Angeklagte K. und der - tateinheitlich auch wegen Mordes verurteilte -
Mitangeklagte E. , dessen Revision der Senat mit Beschluss vom heutigen
Tage gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat,
den später Getöteten F. in den
Räumlichkeiten der von diesem betriebenen Lkw-Vermietung. Sie
forderten von F. die Herausgabe von Bargeld; E. bedrohte das Opfer mit
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nem Messer, woraufhin dieses ihm Geldscheine, etwa 200 bis 400 Euro,
aushändigte. E. nahm F. sodann in den "Schwitzkasten", zog
seinen um den Hals gelegten Arm fest an und stach und schnitt mehrfach
in den Mundbodenbereich und Hals des Opfers. Dieses kam gleichwohl der
Aufforderung, den Tresor zu öffnen, nicht nach. Der den
Einsatz des Messers billigende Angeklagte K. folgte den beiden in das
Büro, um dort nach Bargeld zu suchen. Als er jedoch nichts
fand, entschlossen die Angeklagten sich zur Flucht. Der Mitangeklagte
E. "entschloss sich nun, F. zu töten". Er versetzte ihm mit
dem Messer einen gezielten Stich in die linke Brustseite, der bis in
das Herz drang. Das Opfer verstarb unmittelbar darauf an innerem
Verbluten. Um den Eintritt des Todes sicher zu stellen, schnitt E. dem
am Boden liegenden, sterbenden Opfer noch mehrmals durch die Kehle. Die
Angeklagten verließen das Büro und das
Betriebsgelände, ohne weiter nach Bargeld zu suchen.
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen
räuberischer Erpressung mit Todesfolge
gemäß § 255 i.V.m. § 251 StGB
nicht ohne weiteres.
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Hat einer von mehreren Tatbeteiligten den qualifizierenden Erfolg
verursacht, so sind die übrigen nach § 251 StGB
strafbar, wenn sich ihr zumindest bedingter Vorsatz auf die
Gewaltanwendungen oder die Drohungen erstreckt, durch welche der
qualifizierende Erfolg herbeigeführt worden ist, und wenn auch
ihnen in Bezug auf die Todesfolge wenigstens Leichtfertigkeit
vorzuwerfen ist. Ein Beteiligter haftet somit gemäß
§ 251 StGB als Mittäter nur für die Folgen
derjenigen Handlungen des den Tod des Opfers unmittelbar
herbeiführenden Täters, die er in seine Vorstellungen
von dem Tatgeschehen einbezogen hatte. Die dem Opfer mit
Tötungsvorsatz zugefügten Körperverletzungen
dürfen also nicht von wesentlich anderer Art und
Beschaffenheit sein, als der Mittäter es wollte und sich
vorstellte. Jedoch begründet nicht jede Abweichung des
tatsäch-
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lichen Geschehens von dem vereinbarten Tatplan bzw. den Vorstellungen
des Mittäters die Annahme eines Exzesses. Differenzen, mit
denen nach den Umständen des Falles gerechnet werden muss, und
solche, bei denen die verabredete Tatausführung durch eine in
ihrer Schwere und Gefährlichkeit gleichwertige ersetzt wird,
werden in der Regel vom Willen des Beteiligten umfasst, auch wenn er
sie sich nicht so vorgestellt hat. Ebenso ist der Beteiligte
für jede Ausführungsart einer von ihm gebilligten
Straftat verantwortlich, wenn ihm die Handlungsweise seiner Tatgenossen
gleichgültig ist und deswegen auf deren Billigung geschlossen
werden kann (vgl. BGH NStZ 1998, 511, 512 f. m.w.N.).
Nach den bisher getroffenen Feststellungen war der Todeserfolg nicht
Folge der vom Angeklagten K. gebilligten oberflächlichen
Schnitte und Stiche in den Mundboden und Hals des Opfers. Vielmehr trat
eine Zäsur im Geschehen ein, als sich die Angeklagten, nachdem
sie im Büro kein Bargeld gefunden hatten, zur Flucht
entschlossen hatten. Erst daraufhin entschloss sich der Mitangeklagte
E. , F. zu töten. E. brachte dem Opfer somit den
tödlichen Messerstich ins Herz nicht mehr im Rahmen
verabredeter Gewaltausübung bei (vgl. BGH aaO). Der Angeklagte
K. nutzte die Tötung des Opfers auch nicht dazu aus, sich in
den Besitz von Vermögenswerten zu bringen oder jedenfalls
danach weiter zu suchen (vgl. zu dieser Konstellation BGH NStZ 2008,
280, 281). Ob K. das sich an den gemeinsamen Entschluss zur Flucht
anschließende Geschehen überhaupt mitverfolgen
konnte, kann den Feststellungen des Landgerichts nicht entnommen werden.
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Zwar hat das Landgericht die Feststellung, dass die Angeklagten das
Büro verließen, der Beschreibung des
Tötungsaktes angeschlossen. Allein hieraus kann aber - anders
als in dem dem zitierten Urteil des 1. Strafsenats des
Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2007 zugrunde liegenden Fall (NStZ
2008, 280) - nicht geschlossen werden, dass der Angeklagte K. die
weitere Ge-
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waltausübung durch den Mitangeklagten E. gebilligt oder
jedenfalls leichtfertig gefahrerhöhend hierzu beigetragen hat.
3. Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen räuberischer
Erpressung mit Todesfolge war daher aufzuheben. Da nicht ausgeschlossen
werden kann, dass zur Tatsituation während der Tötung
F s. noch genauere Feststellungen getroffen werden können, war
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
zurückzuverweisen.
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Rissing-van Saan Maatz Rothfuß
Appl Cierniak |