BGH,
Beschl. v. 16.9.2009 - 5 StR 334/09
5 StR 334/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 16. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2009
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Braunschweig vom 26. März 2009
a) im Schuldspruch dahingehend klargestellt, dass der Angeklagte der
besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen
(§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Zu neuer Verhandlung und Entscheidung über den
Rechtsfolgenausspruch wird die Sache an eine allgemeine Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen, die auch über die
Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden hat.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten der „gemeinschaftlichen
schweren räuberischen Erpressung in zwei Fällen,
davon in einem Fall im Versuch, jeweils in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung“ schuldig
gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren drei Monaten
verurteilt. Der An-
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geklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und
materiellen Rechts.
1. Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet.
Jedoch hat der Senat die Urteilsformel klargestellt. Nach den
Feststellungen des Landgerichts hat sich der Angeklagte der besonders
schweren räuberischen Erpressung (in zwei tateinheitlich
zusammentreffenden Fällen, einmal nur als Versuch) in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig
gemacht. Diese rechtliche Beurteilung von Tateinheit liegt auch den
Urteilsgründen zum Schuldspruch (UA S. 14) und zur
Strafzumessung (UA S. 15 f.) zugrunde. Die Bezeichnung als
gemeinschaftlich begangen gehört nicht in die Urteilsformel;
entbehrlich ist auch die Kennzeichnung gleichartiger Idealkonkurrenz.
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2. Dagegen kann der Rechtsfolgenausspruch nicht bestehen bleiben:
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a) Das Landgericht hat ohne ausreichende Begründung davon
abgesehen, die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen. Nach den
Urteilsfeststellungen beruht die Tat (auch) auf dem Hang des
Angeklagten, Kokain im Übermaß zu sich zu nehmen,
zumal „es sich um eine typische Beschaffungstat“
(UA S. 20) handele. Gleichwohl hat die Strafkammer die Gefahr verneint,
dass der Angeklagte auch künftig in Folge seines Hanges
erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde und dies mit der
Erwägung begründet, die Tat erscheine als einmalige,
auch auf dem ungewohnten Konsum von Alkohol beruhende Entgleisung.
Diese Wertung überzeugt deshalb nicht, weil auch
künftig möglich ist, dass die finanziellen
Möglichkeiten des Angeklagten, der keine feste Arbeitsstelle
hat, nicht ausreichen, seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Auch ist die
vom Angeklagten geäußerte Absicht, selbst eine
Drogentherapie aufnehmen zu wollen, nicht geeignet, ein Absehen von der
Maßregelanordnung zu begründen (vgl. Fischer, StGB
56. Aufl. § 64 Rdn. 26 m.w.N.). Dass bei dem Angeklagten die
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hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges besteht, wird
vom Tatgericht selbst angenommen. Der neu entscheidende Tatrichter wird
zu bedenken haben, dass die von § 64 Abs. 1 StGB geforderte
Gefahr allein durch die Anlasstat begründet werden kann (vgl.
BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 2; BGH,
Beschluss vom 18. Juli 2000 - 5 StR 289/00; vgl. auch Fischer aaO Rdn.
13 f. m.w.N.).
Sowohl bei der Feststellung eines Hanges als auch bei der
erforderlichen Gefährlichkeitsprognose ist das Gericht
gehalten, sich sachverständiger Hilfe zu bedienen. Dieses
Verfahrenserfordernis kann nicht etwa durch die in anderen Verfahren
erworbene und andere Angeklagte betreffende „eigene
Sachkunde“ des Gerichts ersetzt werden (BGH, Beschluss vom
15. Juni 1999 - 4 StR 231/99; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO
52. Aufl. § 246a Rdn. 1).
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b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Tatrichter im
Falle einer Anordnung der Maßregel (§ 64 StGB) die
Strafe milder bemessen hätte. Deshalb hebt er - entsprechend
dem Antrag des Generalbundesanwalts, wenngleich mit abweichender
Begründung - auch den Strafausspruch auf.
3. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer
zurück, da sich das weitere Verfahren nur noch gegen einen
Erwachsenen richtet.
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