BGH,
Beschl. v. 17.4.2008 - 4 StR 118/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 118/08
vom
17.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17.4.2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dessau-Roßlau vom 27. November 2007
a) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II 9 und
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung,
vorsätzlicher Körperverletzung in vier
Fällen, Sachbeschädigung in zwei Fällen,
Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Beleidigung unter Einbeziehung
zweier Einzelfreiheitsstrafen aus einer früheren
rechtskräftigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von vier Jahren verurteilt. Wegen Körperverletzung, Bedrohung
in zwei Fällen, Missbrauchs von Notrufen und
Vortäuschens einer Straftat hat es eine weitere
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten festgesetzt.
Außerdem hat es im Adhäsionsverfahren zu Gunsten ei-
1
- 3 -
nes Geschädigten auf Zahlung eines Schmerzensgelds in
Höhe von 300 Euro erkannt. Der Angeklagte beanstandet mit
seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat
den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im
Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
Der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II 9 (Beleidigung)
und die Gesamtstrafenaussprüche halten rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
2
1. Das Landgericht hat der Bemessung der Strafe im Fall II 9
rechtsfehlerhaft den erhöhten Strafrahmen des § 185
(2. Halbs.) StGB zu Grunde gelegt. Dieser gilt jedoch nur für
eine tätliche, nicht jedoch für eine verbale
Beleidigung, wie sie hier festgestellt ist. Das
Höchstmaß des nach §§ 21, 49 Abs.
1 Nr. 2 StGB gemilderten Strafrahmens beträgt danach nicht,
wie das Landgericht angenommen hat, 18 Monate, sondern lediglich neun
Monate Freiheitsstrafe. In Anbetracht der für diese Tat
festgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten kann der Senat nicht
ausschließen, dass das Landgericht bei Zugrundelegung des
zutreffenden Strafrahmens auf eine niedrigere Strafe erkannt
hätte.
3
2. Die Gesamtstrafenaussprüche haben keinen Bestand, weil zu
besorgen ist, dass das Landgericht die Möglichkeit eines zu
hohen Gesamtstrafenübels nicht bedacht hat.
4
Nötigt - wie hier - die Zäsurwirkung einer
einzubeziehenden Verurteilung zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen, muss
das Gericht einen sich daraus möglicherweise für den
Angeklagten ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen
Gesamtstrafübels ausgleichen. Es muss also darlegen, dass es
sich dieser Sachlage bewusst gewesen ist und erkennen lassen, dass es
das Gesamtmaß der Strafen für schuldangemessen
gehalten hat (vgl. BGHSt 41, 310, 313).
5
- 4 -
Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat zur
Bemessung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen lediglich
ausgeführt, diese seien unter Berücksichtigung der
bei Zumessung der Einzelstrafen angeführten Umstände,
der Unterschiedlichkeit der verletzten Rechtsgüter, der Dauer
des Tatzeitraums und der Wirkungen der Strafe für den
Angeklagten angemessen. Damit hat es aber weder die Gesamthöhe
des ausgesprochenen Freiheitsentzugs von immerhin fünf Jahren
und sechs Monaten erkennbar auf ihre Schuldangemessenheit
überprüft noch das Ergebnis einer solchen
Überprüfung für das Revisionsgericht
nachvollziehbar dargelegt. Einer entsprechenden Erörterung
hätte es hier aber schon deshalb bedurft, weil das Landgericht
als höchste Einzelstrafe zwei Jahre sechs Monate
Freiheitsstrafe für die schwere Brandstiftung im Fall II 10
festgesetzt und für die übrigen Taten lediglich auf
Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und (nur in zwei
Fällen) zehn Monaten erkannt hat. Die Schuldangemessenheit des
Gesamtstrafübels, welches mehr als das Doppelte der
höchsten verhängten Einzelstrafe beträgt,
versteht sich unter diesen Umständen nicht von selbst.
3. Da über die Gesamtstrafen erneut verhandelt und entschieden
werden muss, hebt der Senat auch die Einzelstrafe im Fall II 9 auf und
sieht davon ab, entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts selbst
die Strafe festzusetzen. Da lediglich Wertungsfehler vorliegen,
können die der Zumessung der Einzelstrafe im Fall II 9 und der
Gesamtstrafen zu Grunde liegenden Feststellungen bestehen bleiben.
Ergänzende Feststellungen sind zulässig, sofern sie
den bisher getroffenen nicht widersprechen.
6
Soweit der Angeklagte in der in die erste Gesamtstrafe einzubeziehenden
Sache (Verurteilung durch das Amtsgericht Dessau vom 12. Mai 2005) die
ihm als Bewährungsauflage erteilten Arbeitsstunden teilweise
abgeleistet hat,
7
- 5 -
wird der neue Tatrichter gemäß §§
58 Abs. 2 Satz 2, 56 f Abs. 3 Satz 2, 56 b StGB über die
Anrechnung der erbrachten Leistungen zu entscheiden haben. Dies ist
nach ständiger Rechtsprechung durch eine die
Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die
Gesamtfreiheitsstrafe zu bewirken (vgl. BGHSt 36, 378).
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible |